1973 war die Augsburg-Gersthofer Mülldeponie am Lech nördlich der Autobahn zu einer breitflächigen Hügellandschaft gewachsen. Damals durfte jedermann beim Hausbau anfallende Zementsäcke und Palettenverschweißungen, Gipsplatten- und Isoliermaterialreste, leere Farbeimer und getrocknete Mörtelreste, beim Ausbrechen von Leitungsschlitzen anfallendes Material ebenso wie Baum- und Heckenschnitt selbst auf den Berg fahren.
Ein „Müllmeister“ begutachtete jede ankommende Fracht und wies mittels eines langen Zeigestabes allen Fahrzeugen den Abladeplatz zu. Hatten die städtischen Hausmüll-Transportfahrzeuge (Augsburgerisch: „Tonnenautos“) mit ihrer gemischten Fracht eine etwa einen Meter dicke Schicht gelegt, rückte mit Getöse eine schwere Raupe mit zusätzlichen mächtigen Stollenrädern an. Sie verdichtete das lockere Material.
Da darauf auch aus Haushaltsentsorgungen und Entrümplungsaktionen stammende Schränke, Küchenbüfetts, Holzbetten und Sofas abgeladen wurden, krachte es oftmals unter dem mächtigen Fahrzeug. War alles zertrümmert und platt gewalzt, verteilte eine Schubraupe Kies und humosen Abraum auf der Müllschicht. Der Müll wurde schichtweise gedeckelt. Es entstand eine kompakte Fläche, auf der wiederum Lkws und Müllfahrzeuge zu ihren neuen Abladeplätzen dirigiert wurden. Der Müllberg wuchs im „Sandwich-System“.
Verzierte Steinguttöpfe und ein Wäschekorb
Die privaten „Müllbergtouren“ 1973/74 waren stets interessant – nicht nur wegen der Abläufe auf dem Berg und der ungewöhnlichen Aussicht. Es waren die Mitbringsel: Wurden nebenan mit Geschirr gefüllte Küchenschränke vom Lkw geworfen und komplette Wohnungseinrichtungen abgeladen, lohnte das Hinsehen. Es gab keinen Einspruch, wenn man als Anlieferer rasch und kurz entschlossen einen Wäschekorb aus Weidengeflecht, einen Reisekorb samt Deckel oder mit Fingermalerei verzierte Steinguttöpfe vor der Raupe rettete und die „Beute“ ins Auto lud. Der Reisekorb dient dem Autor dieser Serie übrigens noch heute als durchlüftetes Schuhdepot.
An den Toren „lauerten“ meist einige Gebrauchtwarenhändler auf ankommende Altware. Sie erwarteten vornehmlich professionelle Entsorger, die Verkaufbares aussortiert hatten und preiswert abgaben. Auch in Privatautos warfen die „Tandler“ einen Blick oder fragten nach dem geladenen Wegwerfgut. Ein Händler unterhielt sogar etliche Jahre einen Altwaren-Freiluftmarkt bei der Firnhaberauer Zufahrt, auf dem Unmengen „Ware“ aller Art lagerten.
Müllautos donnern durch Firnhaberau
Die Firnhaberauer hatten zur Entsorgung ihrer Abfälle nicht weit zur Mülldeponie, mussten aber auch darunter leiden. Daran wird noch in der Festschrift „50 Jahre Siedlungsgenossenschaft Firnhaberau“ im Jahr 1970 erinnert: „Hunderte von Müllautos donnerten täglich über die mit Schlaglöchern übersäten Siedlerstraßen zum Schuttplatz jenseits der Autobahn, wirbelten Staubwolken auf und ließen die Häuser erzittern.
Erst Ende der 1950er Jahre fanden die wiederholten Vorstellungen und Klagen der Verwaltung bei der zuständigen Stelle Gehör. Staudenweg, Hubertusplatz und Jagdweg wurden befestigt. Diese Straßen führen als Verlängerung der Schillstraße, die die Firnhaberau mit Lechhausen verbindet, durch das Siedlungszentrum mit Kirche, Schule und Gaststätte zur Brücke über die Autobahn. Es war seit 1955 die viel befahrene „Müllroute“ für städtische Müllfahrzeuge und andere Entsorger auf der Hin- und Rückfahrt zur Deponie.
Im Februar 1973 wurde die Tragfähigkeit der Brücke über die Autobahn herabgestuft. Die Folge: Aus Augsburg kommende beladene Fahrzeuge mussten zur Anlieferung den Umweg über die Autobahnbrücke der Neuburger Straße durch die Siedlung „Sieben Häusle“ zur Deponiezufahrt nehmen. Leer durften Müllfahrzeuge und Lkw unter der zugelassenen Tonnage weiterhin die direkte Route in die Stadt nehmen und die Firnhaberauer Autobahnbrücke passieren – bis abermals deren Tragfähigkeit gesenkt wurde. Dies zog die Totalsperrung der Brücke für Transportfahrzeuge nach sich. Damit war die Firnhaberau die Verkehrsbelastung durch die Mülldeponie endgültig los.
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