Martin Pfaff – ein Solitär aus Schwaben
Wie der ehemalige „Gesundheits-Weise“ neueste Technik nutzt. Seehofer würdigt SPD-Politiker zum 80. Geburtstag
Was mag ein 80-Jähriger – einst als „Gesundheits-Weiser“ geadelt – heutzutage am linken Handgelenk tragen? Wenn er digitalaffin ist, gewiss keinen bloßen Zeitmesser. Sondern eine „Smart Watch“. Also eine „schlaue Uhr“. Die beispielsweise anzeigt, wie die eigene Befindlichkeit im Moment so ist, wie viele Stunden der Senior in der zurückliegenden Nacht im Tiefschlaf verbrachte, wie viele Schritte er heute schon zurückgelegt und wie viele Kalorien er verbraucht hat.
Für Professor Martin Pfaff, der am Sonntag in Leitershofen (bei Augsburg) 80 Jahre alt wird, ist ein solcher intelligenter Gesundheitsbegleiter alles andere als Schnickschnack. Sondern fürs Wohlergehen ein wichtiger Datenlieferant. Immerhin mussten dem früheren Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen („Gesundheits-Weise“) 1998 zwei Bypässe gelegt werden.
Pfaff war SPD-Chef in Schwaben
Außergewöhnlicher Fleiß zeichnete den gebürtigen Donauschwaben in all seinen Ämtern aus: als SPD-Chef in Schwaben (1991 bis 1997) und im Unterbezirk Augsburg und als Bundestagsabgeordneter von 1990 bis 2002. Als junger Mann war er als Entwicklungshelfer nach Indien gegangen und hatte dort aus dem Nichts zwei Blindenschulen gegründet. Es folgte ein Studium in den USA.
Mit 32 Jahren wurde Pfaff 1971 auf einen Ordentlichen Lehrstuhl für Makroökonomie an der Universität Augsburg berufen. 1990 ging er in die Politik. Im Plenum des Bundestags, das voll ist von Generalisten mit dem Spezialwissen, wie man den politischen Gegner bekämpft, erwies sich der quereingestiegene Ordinarius rasch als Solitär. Und als ministrabel.
Ausgleichendes Wesen verhalf zu Koalitionen
Sein ausgleichendes Wesen erleichterte es dem Sohn eines Landarbeiters, mit einem anderen Arbeiter-Sohn – dem damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer – Koalitionen in der Sache zu bilden. So ist etwa der Risikostrukturausgleich (RSA) unter den Krankenkassen – ein hochkomplexer finanzieller Solidarmechanismus – das Werk der beiden. Der milliardenschwere RSA hat die Legislaturen überdauert und bis zum heutigen Tag Bestand.
Anlässlich des 80. Geburtstages würdigte Seehofer den „hoch geschätzten politischen Konkurrenten: Professor Martin Pfaff war sehr kompetent und geradlinig. Wenn alle in der SPD so gewesen wären wie er, hätten wir als Union damals deutlich mehr Schwierigkeiten gehabt!“
Jubilar Pfaff liebte das Segeln
Zur Lebensleistung des einstigen passionierten Seglers auf Großer Fahrt gehört auch, dass er zusammen mit seiner Frau Anita – gleichfalls Ökonomie-Professorin – eine kleine Denkfabrik in Leitershofen gründete: das Internationale Institut für Empirische Sozialökonomie (INIFES). Es versorgte UNO, EU und Bundesregierungen mit Studien. Noch im Laufe des Jahres 2019 wollen die Pfaffs ihre INIFES- Gesellschafteranteile den Mitarbeitern übergeben – zum symbolischen Preis von einem Euro. Sieht ganz so aus, als nähme hier jemand Artikel 14 des Grundgesetzes für bare Münze: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
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