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Produktion: „Made in Augsburg“: Was von der Textilindustrie noch übrig ist

Produktion

„Made in Augsburg“: Was von der Textilindustrie noch übrig ist

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    Die Firma Freudenberg fertigt im Martini-Park Schwämme und Putztücher, die unter der Marke Vileda verkauft werden.
    Die Firma Freudenberg fertigt im Martini-Park Schwämme und Putztücher, die unter der Marke Vileda verkauft werden.

    Made in China, hergestellt in Bang-ladesh – die Herstellernachweise in unseren Pullis und Hosen machen deutlich: Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist fest in der Hand von Billiglohnländern, meist in Asien. Dabei war noch vor 60 Jahren Augsburg eines der großen Zentren dieses Wirtschaftszweigs. Zu Hochzeiten Mitte der 50er Jahre fanden 20000 Menschen in den

    Die meisten sind längst verschwunden. „Die großen Akteure auf dem Markt gibt es nicht mehr“, sagt Robert Allmann vom Textil- und Industriemuseum (tim). Mitte der 80er Jahre hatte der Niedergang begonnen. Die weltweite Konkurrenz machte den heimischen Produktionen zu schaffen.

    Doch ganz verschwunden sind die Betriebe nicht. „In Spezialbereichen ist Augsburg noch immer vorne dabei“, sagt Allmann. Neue Unternehmen entstanden im Laufe der Zeit, etablierte spezialisierten sich – vor allem in der Vorstufe, der Herstellung von Fasern und Geweben. Inzwischen sorgt auch Konfektionsmode „made in Augsburg“ für Aufsehen auf dem Markt.

    Eine Spurensuche in der heutigen Augsburger Textilindustrie:

    Albani

    Die Marke „Albani“ ist fast unsichtbar. Dabei liegen die Gardinen und Tischdecken, die das Unternehmen in Augsburg entwickelt und produziert, in den Regalen vieler Läden. Das Unternehmen, das in der dritten Generation in Familienbesitz ist, fertigt für Baumärkte, Möbelhäuser und Discounter. Die Waren werden in den Verpackungen der jeweiligen Eigenmarken verkauft. Darüber hinaus produziert Albani technische Textilien, zum Beispiel für Schläuche, Sonnenschutzrollos, Hutablagen im Auto oder Sitzbezüge.

    Das Unternehmen war 1952 vom Großvater des heutigen Geschäftsführers Alexander Albani gegründet worden, Mitte der 50er Jahre zog man aus dem Landkreis nach Augsburg. Der Firmensitz ist heute in der Steinernen Furt. Etwa 100 Mitarbeiter sind hier tätig, davon rund 40 in der Produktion. Hier werden die zugekauften Fasern und Gewebe gewirkt. Für Alexander Albani ist es wichtig, nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Produktion in Deutschland zu haben. „Wenn man die Kreativität nicht vor der Tür ausprobieren kann, geht vieles verloren“, sagt er. Schwierig sei jedoch inzwischen das Umfeld für die Branche hier vor Ort: Immer mehr Zulieferer verschwinden und die Berufsschulen und Ausbildungsstätten wandern ab. Ohne Standorte in Ländern mit niedrigeren Lohnkosten kommt aber auch Albani nicht aus. Der Großteil der weltweit 900 Mitarbeiter ist im Ausland tätig, Produktionen gibt es in Tschechien und Vietnam.

    Dierig

    Ein großer Name der Textilindustrie: Die Firma Christian Dierig, die nach Kriegsende vom schlesischen Langenbielau nach Augsburg verlagert wurde, war einst das größte Unternehmen seiner Branche in Europa. Heute sind es noch rund 150 Mitarbeiter in Augsburg. Sie kümmern sich um Entwicklung und Design der Produkte sowie um Vertrieb und Logistik. Die Stoffe und Gewebe, die Dierig verarbeitet, stammen aber aus dem Ausland, unter anderem aus Italien, Rumänien oder Asien. Färben und Weben – „das gibt es in Augsburg nicht mehr“, sagt Christian Dierig, Vorstand der Dierig AG.

    1997 war die letzte Produktion des Unternehmens geschlossen worden. Fünf Näherinnen hat Dierig in Augsburg noch im Einsatz, sie fertigen und reparieren Bettwäsche, die unter dem Namen Fleuresse oder Kaeppel vertrieben werden. Was die Produktion anbelangt, war’s das in Augsburg. Der Textilsektor hat innerhalb der Dierig-Holding, die sich auch um Immobilien kümmert, aber nach wie vor einen hohen Stellenwert. „Wir haben immer noch unsere eigenen Produkte“, sagt Dierig, „sie werden nur nicht mehr in Augsburg hergestellt.“

    Freudenberg

    Freudenberg im Martini-Park dürfte die derzeit größte Textilproduktion in Augsburg haben. Der weltweit agierende Konzern mit Sitz in Weinheim beschäftigt in Augsburg etwa 250 Mitarbeiter – Tendenz allerdings fallend: Vor zehn Jahren waren es noch 350 gewesen. Trotzdem scheinen die Perspektiven für den Standort gut zu sein. Freudenberg hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren einen zweistelligen Millionenbetrag in die Modernisierung der Fertigung gesteckt.

    Das Unternehmen fertigt in Augsburg Vliesstoffe, die zu Wisch-mops, Reinigungstüchern oder Schwämmen verarbeitet werden. Von Augsburg aus gehen sowohl Vliesstoffe als auch fertige Produkte, zum Teil beschichtet, bedruckt und verpackt, in den weltweiten Vertrieb. Die in Augsburg gefertigten Haushaltsprodukte werden unter der Marke Vileda verkauft.

    Das Werk im Martini-Park existiert bereits seit 1949. Gegründet wurde es unter dem Namen Frema als gemeinsames Projekt von Freudenberg und Martini. 1991 hat Martini alle Anteile verkauft. Seitdem ist Freudenberg Haushaltsprodukte eine 100-prozentige Freudenberg-Tochter. Die Gebäude im Martinipark sind weiter im Besitz von Martini. Die Unternehmensgruppe Freudenberg hat derzeit weltweit etwa 37000 Mitarbeiter.

      Amann

    Ein internationaler Konzern hat auch in Göggingen ein Traditionsunternehmen geschluckt: Die Produktion der früheren Ackermann-

    Das Rohmaterial für die Fertigung kommt nach Auskunft von Werksleiter Wolfgang Haertl aus China oder europäischen Standorten, in Augsburg werden die Garne gefärbt und gespult. Amann produziert an seinem Standort in der Fabrikstraße ausschließlich für die Industrie. So finden sich die Garne zum Beispiel in Bezügen für Autositze. Rund zwei Millionen Kilo Garne werden pro Jahr gefertigt.

    2010 war gemunkelt worden, die Produktion in Augsburg könnte 2016 eingestellt werden, sollte sich kein neuer Investor finden. Werksleiter Haertl widerspricht diesen Gerüchten:Es sei geplant, auch nach 2016 in Augsburg zu produzieren.

    Manomama

    Die großen Textilunternehmen bauten in den vergangenen Jahrzehnten Tausende Arbeitsplätze in Augsburg ab, bei Sina Trinkwalder entstehen seit zwei Jahren neue. Trinkwalder hat das Label „Manomama“ gegründet, das unter streng ökologischen und sozialen Kriterien Textilien fertigt.

    Für die Unternehmerin ist die Argumentation, Deutschland sei als Hochlohnland kein geeigneter Produktionsstandort für die Textilindustrie, „ein völliger Blödsinn“. Knapp 100 Menschen arbeiten für sie in Augsburg. Sie fertigen auf historischem Grund – in den ehemaligen Rohwarenlagern der NAK – nahe der City-Galerie monatlich zwischen 400000 und 500000 Artikel: Mode und Accessoires, Jeans und Taschen für die Drogeriekette DM. „Es trägt sich“, sagt Trinkwalder. Auch wenn der Gewinn im Vergleich zu Billig-Lohn-Standorten „minimal geschmälert“ sei. Ihre Waren vertreibt Sina Trinkwalder unter anderem über das Internet. Wie berichtet, will sie bald eine neue Produktionsstätte in Aichach eröffnen.

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