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Erklärung: Kurt Gribl tritt nicht mehr als OB an - seine Erklärung im Wortlaut

Erklärung

Kurt Gribl tritt nicht mehr als OB an - seine Erklärung im Wortlaut

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    Oberbürgermeister Kurt Gribl tritt nicht mehr zur Wahl im März 2020 an. Warum, begründet er in einem Brief.
    Oberbürgermeister Kurt Gribl tritt nicht mehr zur Wahl im März 2020 an. Warum, begründet er in einem Brief. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Sehr geehrte Damen und Herren, 

    ein Jahr vor der nächsten Kommunalwahl im März 2020 gebe ich bekannt, dass ich mich kein weiteres mal um das Amt des Oberbürgermeisters bewerben werde.

                                   Meine Entscheidung steht fest. 

    Viele Überlegungen und Erwartungen deuteten auf eine nochmalige Kandidatur für eine weitere Amtszeit hin. Nach gründlicher Abwägung und Selbstprüfung sprechen jedoch die gewichtigeren Gründe für die getroffene Entscheidung. Sie entspricht meinem ganz persönlichen Politikverständnis, denn sie hat einen langfristigen Ansatz, der über den Tag hinausgeht. Diese Entscheidung ist emotional nicht einfach, aber sie ist richtig. Sie bedeutet auf lange Sicht Gutes für Augsburg. Sie ist außerdem gut für die CSU und ihr modernes Profil. Und sie ist schließlich auch gut für mich persönlich. 

    Bis zum Ende meiner Amtszeit im Mai 2020 will und werde ich Oberbürgermeister der Stadt Augsburg sein und bleiben. Ich werde mein Amt mit voller Kraft, Energie und Freude ausüben. Das Begonnene wird, soweit möglich, zu Ende geführt. Das Fortzuführende und neu zu Beginnende so bearbeitet, dass ein guter Übergang zur kommenden Stadtregierung gelingt. 

    Von vielen Gründen möchte ich fünf wesentliche anführen:  

    Erstens: persönliches Politikverständnis

    Bei meiner ersten Rede im September 2006, damals als “Mister X”, habe ich gesagt, dass Politik durchlässiger und offener sein muss:  “Es muss für Berufsträger möglich sein, eigene Kompetenzen in politische Verantwortung einzubringen, um anstehende gesellschaftliche Aufgaben bestmöglich zu bewältigen. Und: Es muss genauso möglich sein, politische Verantwortung selbstbestimmt wieder aus der Hand zu geben, um bei geänderten Aufgaben anderen Kompetenzen Raum zu geben.” 

    Dieses persönliche Politikverständnis habe ich nicht vergessen. An diesem hat sich nichts geändert. Politik muss durchlässiger und offener werden. Für junge Leute. Für Frauen. Für neue Ideen und andere Kompetenzen.  Durchlässigkeit bedeutet, dass man genauso aus der Politik wieder ausscheiden kann, wie man sich dort einbringen kann. Davon mache ich persönlich Gebrauch, ohne dass das ein Fingerzeig für andere sein soll. Um neuer Entwicklung Raum zu geben. Ich will ein Politiker sein, der gehen kann. Der loslassen kann, auch und gerade wenn gute Erfolge erzielt wurden. Der selbstbestimmt ist und selbstbestimmt agiert. 

    Zweitens: Neue Aufgaben – andere Kompetenzen 

    Damals, bei meiner Vorstellung als politischer Quereinsteiger im Herbst 2006 habe ich mich für die Frage, wofür ich inhaltlich stehe, klar danach ausgerichtet, was die Stadt nach meiner festen Überzeugung brauchte: Neue Rahmenbedingungen. 

    Neues Selbstbewusstsein. Mehr Liebe der Bürgerinnen und Bürger zu ihrer eigenen Stadt und die es auch laut und deutlich sagen. Stolz darauf, Augsburger zu sein. Ein neues Selbstwertgefühl, Anerkennung und Wahrnehmung unserer Stadt – auch von außen, in Schwaben, Bayern und Deutschland. Strukturelle und dynamische Entwicklung in allen damals festgefahrenen Bereichen, v.a.: Eine funktionierende und moderne Infrastruktur für Mobilität, Gesundheitsversorgung auf medizinischem Spitzenniveau, Bildung und Kultur. Erneuerung der Innenstadt und Impulse für die Stadtteile. Eine moderne, den Bürgern zugewandte, effiziente Verwaltung. Schlagkräftige und krisenbeständige städtische Unternehmen. Die Ausrichtung auf neue Technologien und damit verbundene hochwertige Arbeitsplätze. Arbeitsplätze, die die Bürgerinnen und Bürger schützen vor Krisen, Arbeitsplätze die sicher sind, weil sie Zukunft haben. In diesem Sinne habe ich während meiner Amtszeit Politik gestaltet und versucht in diesem Sinne das Haus zu bestellen.

    Heute bin ich fest davon überzeugt, dass in dem neu gesteckten Rahmen die gesellschaftlichen Bedürfnisse mehr in den Vordergrund treten. Eine lebenswerte Innenstadt, die pulsiert und lebt. Ein breites Bildungs-, Freizeit- und Kulturangebot. Neue und spannende Arbeitsplätze. Angebote für die Unternehmen von Morgen. Lebensgefühl in ausgewogener Balance zwischen “neuer Arbeit”, Freizeit, Einklang mit Umwelt und Natur, kulturellem Aufbruch. Menschen brauchen aber auch Gemeinschaft, ein neues Miteinander, Nähe, Nachbarschaft, soziales Miteinander. Neue Formate für Beteiligung und Teilhabe. Kurzum: Mehr stadtgesellschaftliche Zufriedenheit. 

    Jetzt, nachdem wir den Rahmen in den letzten 10 Jahren neu gesteckt haben, Augsburg dynamisch wurde, müssen wir weiterdenken. Von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu den gesellschaftlichen Lebensbedingungen. 

    Für diese Aufgabe empfehle ich nicht mehr mich selbst. Sie braucht eine andere Gestaltungsenergie, andere persönliche Befähigungen, einen anderen Zugang zur Stadtgesellschaft in ihren gewohnten herkömmlichen Strukturen, aber eben auch zu den veränderten, den modernen und vernetzten. Damit sich Gesellschaft zusammen und nicht auseinanderentwickelt. 

    Drittens: Dynamik statt Stillstand für Augsburg 

    Ich möchte klarstellen: es muss politischen Wettbewerb geben. Aber um der Sache willen und nicht allein aus Machtgründen. Eine „letzte Amtszeit mit Ansage“ wird es für mich nicht geben. Eine dritte und damit letzte Amtszeit als OB würde nämlich Machtspiele begünstigen. Es ist ja deutlich wahrnehmbar: parteipolitische Gruppierungen haben sich strategisch bereits darauf eingestellt, die politischen Verhältnisse bei der übernächsten Kommunalwahl, also in 2026, zu ihren Gunsten zu verändern. Für Augsburg würde das bedeuten: Sechs Jahre lang, bis 2026, würden kommunalpolitische Entscheidungen maßgeblich im Lichte einer Wechselchance beurteilt. Das bedeutet Streit aus politischen Motiven zulasten der Stadt. Verstärkt würde dies durch den erwartbaren Wettbewerb der “gehandelten Kronprinzen/Kronprinzessinen”. Ich bin fest davon überzeugt, dass dies der Entwicklung der Stadt nicht gut tun würde. Wir brauchen weitere Dynamik – keinen Stillstand. 

    Viertens: Inhaltliche Ausrichtung der CSU 

    Die CSU hat mir das Vertrauen geschenkt. Ich habe - auch als stellvertretender Parteivorsitzender - daran mitgearbeitet, dass diese große Partei sich erneuert. Sie wird breiter in der inhaltlichen Aufstellung, aufgeschlossen für moderne  Themen unserer Zeit und Gesellschaft. Sie wird jünger und sie wird weiblicher. Ich möchte gegenüber der CSU das in mich gesetzte Vertrauen rechtfertigen. Ich möchte ein Beispiel für die selbstbestimmte Erneuerungskraft geben und sein. 

    Fünftens: Eine neue Ausrichtung auch für mich 

    Ich selbst will Neues in meinem Leben zulassen, Neues lernen und kennenlernen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür. Wenn ich mein Amt als Oberbürgermeister beende, dann werde ich knapp 56 Jahre alt sein. Sechs Jahre später - dann mit 62 Jahren - wäre das Risiko groß, nicht mehr loslassen zu wollen, um neue Wege zu gehen. Ich würde dann meinen eigenen Überzeugungen zuwider handeln - und vermutlich auch den Interessen der Stadt. Es ist also ein richtiges Alter und ein guter Zeitpunkt, ein auf bestimmte Zeit eingegangenes und erfülltes öffentliches Amt zurückzugeben. Ich werde also Neues wagen. Um es gleich vorneweg zu sagen: was es sein wird, weiß ich noch nicht. Ich befinde mich nicht auf der Suche, ich werde mich auch nicht festlegen. Mein Amt habe ich bis zum Beginn der neuen Stadtratsperiode im Mai 2020 inne und ich werde es mit meiner ganzen Kraft und Konzentration erfüllen. (AZ)

    Lesen Sie hierzu auch: Das sagen Augsburger zu OB Gribls Entscheidung

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    Ein Rückblick in Bildern:

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