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Kriminalität: Wie die Enkeltrick-Mafia in Augsburg vorgeht

Kriminalität

Wie die Enkeltrick-Mafia in Augsburg vorgeht

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    Betrüger waren zuletzt mit dem Enkeltrick in Augsburg erfolgreich.
    Betrüger waren zuletzt mit dem Enkeltrick in Augsburg erfolgreich. Foto: Matthias Becker (Symbol)

    Ilse Huber* bekam vor kurzem einen Anruf, angeblich war ihre Enkeltochter Barbara* dran. Ob die Oma, eine 89-jährige Frau aus Hochzoll, nicht etwas Geld habe? Denn die Enkelin brauchte dringend viele tausende Euro in bar, für einen Wohnungskauf. Ilse Huber hatte in ihrem Leben etwas angespart. 20.000 Euro konnte sie abheben. Sie ging zur Bank, besorgte sich das Geld, und übergab es einer Freundin ihrer Enkeltochter. Und sie wählte, als sie wieder zuhause war, die Nummer der Barbara. Zuvor hatte an dem Tag immer die Enkelin selbst angerufen. Beziehungsweise eine Frau, die sich als Barbara ausgab.

    Kriminalität: So geht die Betrüger-Mafia in Augsburg vor

    Denn die echte Enkelin wusste nichts von einem Wohnungskauf, sie brauchte auch nicht dringend Geld. Ilse Huber war Opfer von Betrügern geworden. Zuletzt gab es wieder eine Reihe solcher Delikte in Augsburg, die unter dem Begriff „Enkeltrick“ bekannt sind; erst eine Woche zuvor war eine 81-Jährige in Lechhausen um 10.000 Euro gebracht worden. Die Täter, sagt der Ermittler Andreas Bischoff, suchten im Telefonbuch nach älter klingenden Namen. Gerlinde, Elfriede, Ilse. Die Anrufer seien wortgewandt und setzten ihre Opfer teils massiv unter Druck – etwa, in dem sie angeben, in Not zu sein, und im Zwei-Minuten-Takt anrufen.

    Bischoff ist bei der Kriminalpolizei Augsburg im Kommissariat Wirtschafts- und Vermögenskriminalität zuständig für Betrugsdelikte. Er sagt, dass Enkeltrick-Anrufe in der Region immer wieder in regelrechten Wellen vorkommen. Alleine zwischen Januar und Oktober vergangenen Jahres notierte die Augsburger Polizei 130 Fälle. Aktuell gibt es wieder eine Welle. Die kriminelle Masche der „falschen Polizisten“, die zuletzt oft im Fokus standen, habe das Phänomen nicht ersetzt, sagt Andreas Bischoff. Er spricht davon, dass Opfer vieler Betrugsmaschen emotional missbraucht würden. Beim Enkeltrick werde ihre Hilfsbereitschaft angesprochen, die emotionale Verbundenheit zu Verwandten.

    Bei einer anderen Masche geht es um Liebe. Bischoff und Markus Herrmann, stellvertretender Leiter des Kommissariates, sprechen von „Love-Scamming“. Oft geben sich die Täter etwa als US-Soldaten aus, kontaktieren ihre Opfer mit gestohlenen Fotos über Online-Partnerbörsen, bauen über elektronische Nachrichten Vertrauen auf, gaukeln Zuneigung vor. Irgendwann, oft nach Wochen, erzählen sie dann eine dramatische Geschichte, zum Beispiel müssen sie geschäftlich oder dienstlich dringend nach Westafrika, brauchen aber dringend Geld, da man sie gerade erst überfallen habe.

    Love-Scammer gaukeln Opfer Liebe vor

    Mit einer weiteren Masche wird eine andere menschliche Emotion ausgenutzt: Gier. Es geht um so genannte „Gewinn-Versprechen“, das bedeutet, dass Opfer einen Anruf bekommen mit der Nachricht, sie hätten bei einem Gewinnspiel gewonnen. Wie bei einem 66-jährigen Mann aus Hochzoll, der, so der Anrufer, stolze 49.000 Euro gewonnen habe. Der Haken: Für die Auszahlung würden 900 Euro Notarkosten fällig, wozu er Guthabenkarten des Online-Dienstes „Steam“ erwerben müsse, was er auch tat. Wenige Tage später wurde der Mann erneut angerufen. Es habe einen Zahlendreher gegeben, eigentlich habe er die noch viel beachtlichere Summe 94.000 Euro gewonnen. Natürlich sollten sich dadurch auch die angeblichen Notarkosten erhöhen. Die nun geforderten 5500 Euro überwies der Mann nicht. Andere Opfer tun dies jedoch, manche von ihnen verlieren auf diesem Weg hohe fünfstellige Summen.

    Nach Erkenntnissen der Ermittler gehen die jeweiligen Banden meist auf ähnliche Art vor. Die Hintermänner sitzen im Ausland, vor Ort kümmern sich „Logistiker“ beispielsweise um die Anwerbung von Geldabholern, die das schwächste Glied in der Kette sind. Sie gehen der Polizei relativ oft ins Netz. An die Logistiker oder die Hintermänner, sagt Kripo-Mann Markus Herrmann, komme man dagegen ungleich schwererer heran. Spektakuläre Prozess wie jener gegen den polnischen Enkeltrick-Strippenzieher Marcin K. in Hamburg 2018 sind die Ausnahme. Der Mann erhielt eine Haftstrafe von zwölfeinhalb Jahren.

    Bei einer weiteren kriminellen Masche, die in Augsburg im vergangenen Jahr öfter angewendet wurde, bringen Täter die Mitarbeiter von Banken dazu, Überweisungen von Konten zu tätigen, an deren Daten die Kriminellen zuvor gelangt waren. Zum Beispiel, in dem sie sich zuvor als Bankmitarbeiter ausgaben und behaupteten, man müsse die „Kontodaten abgleichen“, weil sich eine EU-Datenschutzrichtlinie geändert habe. Zuletzt vermeldete die Polizei in dem Zusammenhang einen Schlag gegen einen internationale Bande; zwei junge Männer aus der Region sitzen als mutmaßliche Mitglieder einer kriminellen Gruppierung in Untersuchungshaft.

    In dem Fall sollen „Logistiker“ dafür zuständig gewesen sein, „Finanzagenten“ anzuwerben, die dafür notwendig waren, ihre eigenen Konten zur Verfügung zu stellen, damit darauf das Geld der Bankkunden zwischengelagert werden konnte, ehe es weiter überwiesen wurde – wohl in die Türkei. Bei jenen Finanzagenten, das schwächste Glied in der Kette, soll es sich nach Informationen unserer Redaktion oftmals um Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien handeln, die offenbar gezielt von den jeweiligen „Logistikern“ ausgesucht werden.

    Die Kriminalpolizei rät in allen Fällen, misstrauisch gegenüber Anrufern zu sein, die Geld-Forderungen stellen oder nach privaten Daten fragen – und im Zweifel lieber den Notruf der Polizei zu wählen. *Namen geändert

    Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.polizei-beratung.de oder auch telefonisch unter der Nummer 0821/323-3737.

    Lesen Sie auch: Prozess in Augsburg: Betrügerische Anrufe und die Spur in die Türkei

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