Das Machtzentrum der Stadt wirkt mit seiner indirekt beleuchteten gewölbten Decke, den massiven Holztüren und dem steinernen Schreibtisch gediegen, ohne überkandidelt zu sein: Aus diesem 48 Quadratmeter großen Büro im zweiten Stock des Verwaltungsgebäudes am Rathausplatz werden seit Jahrzehnten die Geschicke der Stadt Augsburg gelenkt. Hier sitzt der Oberbürgermeister. Am 15. März entscheiden die Augsburger, wer die Stadt regieren soll. Doch was genau ist der Preis, um den jetzt 13 Kandidatinnen und Kandidaten kämpfen? Wir geben einen Überblick über den Job des Oberbürgermeisters, aber auch über den der Referenten und des Stadtrats.
Eigentlich hört sich der Job eines Ersten Bürgermeisters, so wie er in der Gemeindeordnung beschrieben ist, relativ überschaubar an: Er vertritt die Stadt nach außen und leitet die laufenden Geschäfte – für alles andere braucht er die Zustimmung des Stadtrats.
Doch das Amt hat es in sich. Wer künftig als OB in Raum 202 des Verwaltungsgebäudes einzieht, der lenkt zusammen mit einem kleinen Stab und den drei Stadtdirektoren ein Gebilde mit mehr als 6600 Beschäftigten namens Stadtverwaltung. Geht in irgendeiner Abteilung irgendeines Amtes etwas schief, dann landet der Vorgang, wenn er problematisch genug ist, hier (wie bei den verbummelten Kita-Zuschüssen). Das ist das, was nicht passieren sollte. Der eigentliche Job sollte ein anderer sein: Strategien entwickeln, zusammen mit den Referenten Projekte entwickeln und diese mit den Rathausfraktionen so abstimmen, dass man dafür eine Mehrheit im Stadtrat bekommt.
Der Oberbürgermeister der Stadt Augsburg ist in der Besoldungsstufe B9 eingruppiert. Die Bezahlung orientiert sich an der bayerischen Beamtenbesoldung. Aktuell gibt es 11.240,68 Euro monatlich. Hinzu kommen noch die Vergütungen für den Vorsitz in diversen Aufsichts- und Verwaltungsräten, etwa den Stadtwerke-Gesellschaften und der Stadtsparkasse. Wie viel das insgesamt ist, darüber schweigen sich der aktuelle und vergangene Amtsinhaber aus. Aber mal zur groben Orientierung: Der Verwaltungsrat der Stadtsparkasse zahlt an seine zehn Verwaltungsratsmitglieder (der Oberbürgermeister ist der Vorsitzende) jährlich um die 120.000 Euro aus, wobei das ein Spitzenwert ist. Die anderen kommunalen Gesellschaften wie die Stadtwerke zahlen deutlich weniger aus.
Oberbürgermeister in Augsburg: Er sitzt nicht im Rathaus
Der Oberbürgermeister sitzt, anders als viele glauben, nicht im Rathaus. Dort haben die Stadtratsfraktionen ihre Büros. In Augsburg haben es die Raumverhältnisse mit sich gebracht, dass der Oberbürgermeister zusammen mit der Verwaltung in einem Komplex am Rathausplatz sitzt. Den steinernen Schreibtisch, der Gribl persönlich gehört, hat er von seinem vorherigen Arbeitsplatz aus einer Anwaltskanzlei mitgebracht. Der schwarze Stuhl mit hoher Lehne stand hingegen bereits 2008 im Büro, als Gribl dort einzog. Schon sein Vorgänger Paul Wengert benutzte ihn.
Der zweite Arbeitsplatz des Augsburger OB ist der Dienstwagen
Der zweite Arbeitsplatz neben der Regierungsbank im Stadtrat ist der Dienstwagen. Die Stadt ist schon vor Jahren dazu übergegangen, die Fahrzeuge zu leasen. Als Gribl 2008 antrat, verabschiedete er sich von der bis dahin üblichen OB-Limousine und suchte sich einen Mercedes-Van aus. Anfangs wurde das Auto auf Bürgermeister-Treffen noch etwas belustigt betrachtet, inzwischen leuchteten die Vorteile eines rollenden Arbeitszimmers mit kleinem Tisch und genug Platz für Unterlagen und viele Kollegen ein, so Gribl. Einfach so beim Fenster rausschauen, wenn man als OB durch die Stadt gefahren wird, ist selten drin – meist führt man als Oberbürgermeister in der Zeit der Autofahrten Telefonate oder geht Unterlagen durch.
Die Tage eines Oberbürgermeisters sind durchgängig mit Terminen durchgeplant, sei es für Besprechungen, Sitzungen oder repräsentative Anlässe. An fünf Abenden die Woche ist Gribl in der Regel unterwegs. „Ein ganz freies Wochenende ist selten. Zumindest den Sonntagabend versuche ich mir freizuhalten. Und es gab einen einzigen Urlaub, in dem das Handy aus war – und das war deswegen, weil es vor Ort kein Netz gab“, erinnert sich Gribl an die vergangenen zwölf Jahre. Er will das alles ausdrücklich nicht als Grund zum Klagen verstanden wissen. Wer Oberbürgermeister einer Großstadt sein wolle, müsse sich dieser Aufgabe ganz und gar verschreiben, wobei jeder sein Amt anders ausfüllen könne, ohne es schlechter auszufüllen.
Und auch bei allen möglichen Anlässen von Bürgern angesprochen zu werden, gehöre dazu. „Die meisten Kontakte und Begegnungen sind auch nett, zumindest in der analogen Welt“, so Gribl. Eine Person des öffentlichen Lebens zu sein, bedeutet für Gribl aber auch am Wochenende, wenn er mal Zeit zum Garteln hat, einen mehrfachen Garderobenwechsel. Geht die Pflanzerde aus, zieht Gribl sich, bevor es ins Gartencenter geht, erst einmal eine Hose ohne Dreck an den Knien an. „Wenn man als Oberbürgermeister ernst genommen werden will, kann man schlecht mit schmutziger Hose herumlaufen.“
Dem Oberbürgermeister stehen sieben Referenten unterstützend zur Seite (zwei davon haben noch den Rang eines Bürgermeisters). Der OB wird direkt von den Bürgern gewählt, den Rest der Regierung wählt der Stadtrat nach Vorschlag des Oberbürgermeisters. Im Falle einer Koalition sieht das so aus, dass alle beteiligten Parteien anteilig bedacht werden. Die Referenten verantworten Fachbereiche, etwa Kultur oder Ordnung. Der Zweite und Dritte Bürgermeister bekommt 10.406 bzw. 9895 Euro Gehalt monatlich. Referenten sind mit 8813 bzw. 9369 Euro (je nach Amtszeit) eingruppiert.
Die eigentlich wichtigen Entscheidungen trifft der Stadtrat, der von den Bürgern gewählt wird – ohne eine Mehrheit dort kann eine Stadtregierung nicht vernünftig arbeiten. Einmal im Monat treffen sich die 60 Stadträte zur Plenarsitzung im großen Saal des Rathauses. In der ersten Sitzung der neuen Amtszeit am 4. Mai wird sich der Stadtrat konstituieren.
Dann geht es ans Tagesgeschäft. Bis zu 30 Tagesordnungspunkte stehen pro Stadtratssitzung, die im Oberen Fletz (der Raum unter dem Goldenen Saal) stattfindet, auf dem Programm. Dann wird je nach Thema ernsthaft diskutiert, öffentlichkeitswirksam gestritten oder still abgenickt. Was in die Sitzungen kommt, ist zumindest zwischen Bündnispartnern vorab besprochen – formal entscheidet der Stadtrat, manche weichenstellende Diskussion wurde vorab unter den Koalitionären im Hinterzimmer geführt.
Augsburg: Die Ausschüsse entlasten den Stadtrat
Weil der Stadtrat mit allen anstehenden Entscheidungen zahlenmäßig überfordert wäre, gibt es noch die Fachausschüsse, etwa für Bauen, Bildung, Finanzen oder Umwelt. Hier werden Entscheidungen von den Stadträten im kleineren Kreis vorberaten oder können – bei weniger großen Auswirkungen – dort gleich ganz beschlossen werden. Stadtrats- und Ausschusssitzungen sind grundsätzlich öffentlich. Sie beginnen immer um 14.30 Uhr und können sich je nach Themenlage und Diskussionsbedarf bis in den Abend ziehen.
Um die Stadt am Laufen zu halten und neue Entwicklungen voranzutreiben, haben der Stadtrat und die Ausschüsse in der laufenden Periode (Stichtag für diese Auswertung des städtischen Hauptamtes war der 31. Dezember 2019) rund 6190 Vorlagen, also Papiere aus der Verwaltung, behandelt. 67-mal tagte der Stadtrat, 647-mal traten Fachausschüsse zusammen. 40 Bebauungspläne wurden verabschiedet.
Mal kostet eine Entscheidung gar nichts, bei der Theatersanierung wurde ein dreistelliges Millionenprojekt beschlossen, und bei der Zustimmung zum Haushalt entscheiden die Stadträte mit dem Heben ihrer Hand über eine Satzung, die mehr als zwei Milliarden Euro bewegt. Für ihren Zeitaufwand bekommen die Stadträte eine monatliche Aufwandsentschädigung von 1641 Euro zuzüglich Sitzungsgeldern.
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