Das Wort Nein kommt ihr nicht über die Lippen, auch wenn es aus ihrer Sicht jetzt wohl mal angebracht wäre. Es ist fünf Wochen vor der Wahl, Eva Weber steht in ihrem Wahlkampflokal am Moritzplatz vorne auf der Bühne und diskutiert mit Klimaschützern und Radaktivisten. Immer einer kommt auf die Bühne, um sein Statement vorzubringen – ein Dialog auf Augenhöhe, so die Botschaft des Formats, auch wenn manchem Diskutanten vor Aufregung die Hände zittern.
Nein sagen fällt schwer, wenn man als Motto "Ja" gewählt hat
Angesprochen werden die Forderungen des Fahrradbürgerbegehrens nach mehr Radwegen, und dass das Auto zurückgedrängt gehört. Weber sagt, dass sie den Unmut der Radler nachvollziehen könne, dass etwas passieren müsse, aber auch, dass manche nicht aufs Auto verzichten wollten oder könnten – es ist eigentlich ein Nein auf die unausgesprochene Frage, ob die CSU das Radbegehren unterstützt, aber es wird nicht so formuliert. Eva Weber hat als Leitmotiv ihrer Kampagne schließlich das Wort „Ja“ gewählt.
Es müsste eigentlich „Ja, aber“ heißen. Wird Weber mit Widerspruch konfrontiert, äußert sie oft Verständnis und wirbt dann für ihre Position. Sie ist für die CSU , die sich unter Markus Söder ein Stück weit neu erfunden hat und wie alle Volksparteien mit immer mehr Anforderungen aus allen Richtungen konfrontiert wird, die ideale Kandidatin. Weiblicher, jünger, liberaler, lautet die grundsätzliche Marschlinie – Weber, als Bürgermeisterin ohnehin in einer guten Startposition, passte gut, als OB Kurt Gribl vor einem knappen Jahr ankündigte, nicht mehr zu kandidieren .
Wie konservativ, wie ökologisch, wie sozial ist die CSU bzw. will sie erscheinen – es sind Fragen, die auch auf Eva Weber passen. Sie ist von den OB-Kandidaten von CSU , SPD und Grünen die einzige ohne privates Auto . Als Innenstadtbewohnerin brauche sie keines mehr, sagt sie. Als der Inninger Ortsverband moserte, dass keiner seiner Kandidaten auf der Liste steht, sagte Weber, für Personen, die „eher am rechten Rand anzusiedeln“ sind, sei kein Platz. Gleichzeitig schlug Weber beim Friedensfest einen Pflock ein, als sie den Vorstoß mehrerer Organisationen, Augsburg zur „sicheren Hafenstadt“ für Flüchtlinge zu erklären, ablehnte.
Eva Weber: "Ich will keine Beliebigkeit"
Weber beschreibt sich als wertkonservativ. „Ich will keine Beliebigkeit“, sagt die Tochter des ehemaligen Staatssekretärs Alfons Zeller aus dem Oberallgäu – ein CSU-Mann der alten Schule. Als CSU-Dogmatikerin ist Weber gleichwohl nie in Erscheinung getreten. „Das ist das Besondere an der Kommunalpolitik – das Suchen nach pragmatischen Lösungen. Man muss Parteilinien nicht zu 100 Prozent folgen.“ Es könne schon sein, dass sich manche Stammwähler und Stadtratskandidaten umgewöhnen müssten angesichts des Wahlprogramms , das etwa die, wenn auch sehr begrenzte, Streichung von Parkplätzen in der Maxstraße vorsieht. „Aber wir sind eine Volkspartei und müssen vieles abdecken. Beim Kolpingfasching in Lechhausen wird über Greta Thunberg gelacht, und gleichzeitig gehen am Freitag Tausende für den Klimaschutz auf die Straße. Das ist der Spagat , den wir schaffen müssen.“
Nach dem Abi ging Weber in die Junge Union , aber Mitte der 2000er-Jahre trat sie aus, weil Jura-Studium und Beruf sie nach Franken führten. Verbunden gefühlt habe sie sich der CSU aber weiterhin. Der Weg führte Weber nach Schwaben zurück zur IHK , von wo aus sie vor elf Jahren als Wirtschaftskoordinatorin zur Stadt wechselte. Als sie 2011 wegen einer Erkrankung ihres Vorgängers zur Wirtschaftsreferentin gewählt wurde, trat sie in die CSU ein.
Am Anfang des Wahlkampfs gab es ein persönliches Statement
Jetzt also das Ziel Oberbürgermeisterin. Am Anfang des Wahlkampfs gab die 42-Jährige ein sehr persönliches Statement ab, nämlich dass ihr und ihrem Mann Florian der Wunsch nach Kindern verwehrt bleibt. Es war ihr wichtig, das klarzustellen, um nicht in die „Karrierefrau“-Schublade gesteckt zu werden. Womöglich hing es auch damit zusammen, dass ihre aussichtsreichen Gegenkandidaten jeweils drei Kinder haben. „Wenn ich Kinder hätte, würde ich wohl nicht kandidieren, sondern die Schwerpunkte woanders sehen“, sagt Weber. Als ihr die Kandidatur von Gribl angeboten wurde, habe sie länger nachgedacht. „Ich habe das mit meinem Mann abgewogen, weil es Auswirkungen auf uns beide hat.“
Bei aller Verbindlichkeit, die Weber nach außen trägt, hört man von manchen, die im kleineren Kreis mit ihr zu tun haben, dass sie auch anders kann. Auch in Stadtratssitzungen kann es sein, dass Weber von freundlich auf genervt umschaltet, wenn ihr die Fragen reichen. Weber selbst sagt, sie wisse, dass sie aus Besprechungen nicht immer mit einem Beliebtheitspreis hinausgehe. „Ich lasse mich nicht schnell aufregen, aber man muss zeigen, wann Schluss ist. Bei Männern sagt man: Der zeigt klare Kante. Wenn Frauen so etwas machen, wird das anders wahrgenommen.“
Es gibt im Wahlprogramm der CSU wenig Versprechen. Bürgerbeteiligung und Zusammenleben, wirtschaftlicher Strukturwandel und Bildung stehen für Weber weit oben. Es gehe darum, eine Haltung zu Themen zu zeigen, statt sich im Klein-Klein zu verlieren. Vermutlich spielt auch eine Rolle, dass Weber weiß, dass sie im Falle ihres Wahlsiegs einen Koalitionspartner braucht. Wer sich konkret auf Dinge festlegt, tut sich beim Aushandeln eines Kompromisses womöglich schwerer.
Eva Weber darf als OB-Kandidatin nicht allzu brav wirken
Doch allzu brav, das ist womöglich auch den Wahlkampfmachern aufgefallen, darf Weber nicht wirken. Zuletzt wirkte sie angriffslustiger bei Facebook und auf Diskussionen. Die CSU scheint sich, auch wenn Weber und die Grünen-Kandidatin Martina Wild gut miteinander können, im Wahlkampf vor allem an den Grünen zu reiben. „ Die Grünen gehen davon aus, dass die Stadt erst neu zu bauen ist und der Mensch neu erfunden werden kann“, so Weber. Dabei werde in manchen Vierteln mit guten grünen Ergebnissen munter SUV gefahren. „Ich nenne so was modernen Ablasshandel“, sagt Weber. Sie betont, dass man „die Menschen in ihrer Wirklichkeit abholen“ müsse. „Die Leute aus dem Bärenkeller fahren Auto , weil der Stadtteil nicht so einfach zu erreichen ist, und wenn man das ändern will, muss die Busverbindung besser werden.“
In die erste Reihe der Berufspolitik, sagt Weber, habe sie eigentlich nie gewollt. „Bei meiner Abi-Feier kam mein Vater wegen Verpflichtungen zu spät. Ich dachte mir immer: Eine gute Arbeit ist wichtig, aber so ein Leben will ich nicht.“ Als sie vor neun Jahren das Wirtschaftsreferat und vor sechs Jahren das Amt der Bürgermeisterin angetragen bekam, sagte sie dennoch nicht Nein. Berührungsängste mit der großen Politik habe sie schon aufgrund ihrer Erfahrungen als Kind, als sie ihr Vater zu offiziellen Anlässen mitnahm, keine. „Das sind auch nur Menschen“, sagt sie. Künftig ist sie möglicherweise einer von ihnen.
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