Am Anfang der Bilanz einer Finanzreferentin stehen Zahlen, und im Fall von Eva Weber sehen diese erst einmal furchteinflößend aus: Seit Weber das Finanzreferat 2014 übernahm, stieg die Verschuldung der Stadt um mehr als 112 Millionen Euro von 303,5 auf 416 Millionen Euro. Augsburg hat aktuell so hohe Schulden wie noch nie.
„Auch wenn es dafür teilweise gute Begründungen gibt, haben wir auch im Vergleich zu anderen Kommunen eine sehr hohe Verschuldung“, sagt Claudia Eberle von Pro Augsburg . Die Gruppierung drängte in den vergangenen Jahren immer wieder auf das Thema Haushaltsdisziplin. Gerade bei der Theatersanierung müsse man scharf auf die Kosten schauen, um mit den Krediten zurande zu kommen. Auch von der FDP wird die Schuldenpolitik kritisiert. „Im Stadtrat scheint sich niemand daran zu stören. Aber wir müssen sparen“, so deren OB-Kandidat Lars Vollmar .
Die Aufbruchstimmung ist auf Pump finanziert
Ein Teil der Infrastrukturmaßnahmen (Plärrerbad, Kongress am Park, Grottenau , Theater- und Schulsanierungen ), geschah auf Pump. Die Theaterschulden wird die Stadt bis 2039 abbezahlt haben. Auch der städtische Anteil am 300-Millionen-Euro-Sanierungspaket für die Schulen ist schuldenfinanziert, wenn auch mit kürzerer Laufzeit. Vieles, was aktuell investiert wird und was für die Aufbruchstimmung in der Stadt steht, wird die nachfolgende Generation abzahlen – und vermutlich mit geringeren Spielräumen zurechtkommen müssen.
Weber und Oberbürgermeister Kurt Gribl haben einen anderen Blick auf die Schulden. „Ein Konto, das gut aussieht, aber stille Belastungen im Hintergrund anwachsen lässt, ist eine Scheinbetrachtung und täuscht über die tatsächliche Situation hinweg“, sagt Gribl , in dessen erster Amtszeit die höhere Verschuldung durch Sonderkredite ihren Anfang nahm. Der höheren Verschuldung stehe ein Zuwachs an Gemeindevermögen, also etwa sanierte Immobilien, entgegen. Zwischen 2008 und 2018 waren das laut Stadt 336 Millionen Euro Zuwachs, die allgemeine Wertsteigerung nicht eingerechnet. Die Schulden stiegen um 154 Millionen Euro.
Eva Weber: "Es hat sich ein Sanierungsstau ergeben"
In den vergangenen Jahrzehnten, so Weber, sei die Investitionsrate in Augsburg teils sehr niedrig gewesen, weil die Stadt wenig Geld hatte. 2004 lag das Investitionsniveau bei etwa 39 Millionen Euro, im Jahr 2018 waren es 140 Millionen Euro. In jedem Fall, so Weber, habe sich in Augsburg in den vergangenen Jahrzehnten ein Sanierungsstau ergeben, der sich jährlich vergrößerte – in den Schulden realisierten sich diese im Hintergrund ohnehin immer vorhandenen Belastungen. Weber argumentiert auch, dass in Zeiten niedriger Zinsen und der erreichten staatlichen Förderung die Kredite der richtige Weg gewesen seien. So habe man das selbst eingesetzte Geld verdoppelt. Trotz Niedrigzinsen könne man aber nicht grenzenlos Kredite aufnehmen. Der Haushalt müsse leistungsfähig bleiben, zumal auch die Regierung von Schwaben einer unendlichen Schuldenaufnahme nie zustimmen würde.
Der Blick auf die Schulden ist ein Stück weit Interpretationssache, doch im Bereich der Wirtschaftsförderung ist die Lage diffuser. Die Standortschließungen von Ledvance und Fujitsu haben nichts mit der Augsburger Wirtschaftspolitik zu tun, es waren strategische Unternehmensentscheidungen, gefällt in Konzernzentralen in Übersee. Dass Augsburg die Gewerbesteuer unter Webers Ägide entgegen der Wahlversprechen von 2014 deutlich erhöht hat (wie auch die Grundsteuer, die jeden Hausbesitzer trifft), war dafür kaum ursächlich. Inwieweit die Erhöhung kleinere Betriebe getroffen hat, ist nicht klar zu sagen.
Die Konjunktur spielte Augsburg und Eva Weber in die Hände
Es gibt eine Reihe von Zahlen, die man so auslegen könnte, dass Weber einen guten Job gemacht hat, doch vermutlich sagen sie vor allem aus, dass die konjunkturelle Lage zuletzt sehr gut war: Die Arbeitlosenquote ging nach unten, die Zahl der Beschäftigten nach oben, das Pro-Kopf-Einkommen auch. Das ist aber bayernweit der Fall. Das Einkommen der Augsburger ist im Vergleich zum landesweiten Schnitt nach wie vor unterdurchschnittlich – eine Folge der starken Ausrichtung als Produktionsstandort.
Das zu ändern, war schon ein Ziel in der Ära von OB Paul Wengert ( SPD ; 2002 bis 2008). Damals entstanden erste Überlegungen zum Innovationspark, der in Webers Zeit realisiert wurde. Das Ziel: Mehr Jobs in Forschung und Entwicklung und hiesigen Firmen die Möglichkeit zu geben, neue Erfindungen zu entwickeln. Für Augsburg ist es noch ein weiter Weg vom Industrie- zum forschenden Standort. Vor allem die Zahl der Beschäftigten im Dienstleistungssektor wächst seit Jahren, wobei diese Zahl nichts über die Qualifikation aussagt – vom Paketfahrer bis zum Arzt sind alle dabei. Als weiteres Standbein versucht Augsburg , sich im Bereich der Kreativwirtschaft (z.B. Designer, Musik, Architekten) weiterzuentwickeln. 10,6 Prozent der Unternehmen sind diesem Bereich zuzuordnen, mit steigender Tendenz. Unter anderem das Gaswerk soll diese Entwicklung befördern.
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