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Kommentar: Politik hinter verschlossenen Türen wird in Augsburg zum Risiko

Kommentar

Politik hinter verschlossenen Türen wird in Augsburg zum Risiko

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    Mit Hilfe von SPD und Grünen haben der Oberbürgermeister und die CSU im Rathaus eine komfortable Mehrheit. Fürs Regieren ist das gut, nicht aber für die Debatte.
    Mit Hilfe von SPD und Grünen haben der Oberbürgermeister und die CSU im Rathaus eine komfortable Mehrheit. Fürs Regieren ist das gut, nicht aber für die Debatte. Foto: Ulrich Wagner

    Es ist ein Gremium, das es so offiziell gar nicht gibt, und das sich meist am Anfang der Woche zusammensetzt. Die Spitzen der Fraktionen von CSU, SPD und Grünen stecken dann hinter verschlossenen Türen den politischen Kurs der kommenden Woche ab. Wer schlägt was vor, wer kann was mittragen, welche Gegenforderungen werden erhoben?

    Solche sogenannten Koalitionsausschüsse gab es in jeder Stadtratsperiode zwischen den Koalitionären, doch selten wurden in den jüngeren Perioden die Weichen dort so endgültig gestellt. Denn die Mehrheit der Stimmen, die sich Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) mit dem Schmieden des ganz großen Regierungsbündnisses gesichert hat, ist mehr als komfortabel. Man kann ihm das nicht vorwerfen, weil es machtpolitisch ein kluger Schachzug war. In der vorherigen Regierungsperiode musste Gribl lernen, wie schwierig das Regieren mit knappen Mehrheiten ist. Am Ende war er auf wechselnde Mehrheiten angewiesen, auch weil das eigene Lager ein gewisses Eigenleben entwickelte.

    Diskutiert wird hinter verschlossenen Türen

    Nun sind die früheren Oppositionskräfte SPD und Grüne mit im Regierungsschiff. Nach außen wirken sie zwar wie die Leichtmatrosen, was zum Teil täuschen mag. Diskutiert wird hinter verschlossenen Türen, bevor politische Vorstöße überhaupt nach außen gehen. Die kleinen Partner versuchen, ihre Vorstellungen hier durchzusetzen. Was am Ende rauskommt, ist ein Kompromiss (der aufgrund der Mehrheitsverhältnisse meist aber die Handschrift der CSU trägt). Die Profile von SPD und speziell der Grünen, die sich in der vergangenen Periode als scharfsinnige Oppositionspartei profiliert hatten, verschwimmen.

    Nur bei einzelnen Themen wie Mietspiegel oder Sozialticket haut die SPD auf die Pauke. Gewisse Freiheitsgrade gesteht man sich zu (sie werden von den kleineren Koalitionspartnern auch zunehmend in Anspruch genommen), aber im Großen und Ganzen funktioniert die Koalitionsdisziplin. Beispiel: Die Dämpfung der Grundsteuererhöhung – von der SPD mit breiter Brust gefordert – fiel am Ende sehr moderat aus.

    Das ist der neue Politikstil in Augsburg. Die manchmal ermüdenden Diskussionen zwischen Regierungsbank und (Fundamental-)Opposition aus der vergangenen Periode gibt es nicht mehr. Das macht das Regieren einfacher, doch es macht gleichzeitig vielleicht zu selbstsicher. Was nach den internen Besprechungen in der Koalitionsrunde herauskommt, wird als alternativlos hingestellt. Alternativlos ist es in dem Sinne, dass sich die Herrschenden halt darauf geeinigt haben.

    Bei der geplanten Stadtwerke-Fusion ging das bekanntermaßen in die Hose. Nur weil man sich in der Koalition auf diesen Kurs geeinigt hatte, herrschte irrtümlicherweise die Meinung, dass die Sache damit erledigt sei. Gribl trat mit anfangs diffusen Argumenten für die Fusion auf, die erst nach und nach griffiger wurden. Diese Klarheit war dem Widerspruch zu verdanken, der durch das Bürgerbegehren aufkam. Argumente und Gegenargumente schärfen sich erst im Diskurs. Doch echte Diskussionen, in denen Alternativen nebeneinandergelegt werden, gibt es immer weniger.

    Opposition ist in Augsburg schwach

    Das liegt zuvorderst an der schwachen Opposition. Es sind wenige Stadträte, und die sind sich nicht einig. Vielleicht wird einmal im Stadtrat diskutiert, aber letztlich ist klar: Chancen haben Anträge aus diesen Reihen nicht. Die entscheidenden Diskussionen finden in der Black Box der Koalitionsrunden statt. Das ist ein Transparenzproblem. Es war natürlich nie so, dass alle Gründe zu Positionierungen und Entscheidungsfindungen im politischen Prozess öffentlich waren. Schon immer wurde viel im Hinterzimmer diskutiert, weil Positionen speziell in großen Fraktionen ja erst wachsen und abgestimmt sein müssen. Doch inzwischen ist eine neue Qualität erreicht. Das könnte am Ende aber auch für die Regierenden schwierig werden.

    An die Stelle der Opposition treten möglicherweise die Bürger. Beim Theater liegt das zweite Bürgerbegehren dieser Regierungsperiode in der Luft. Sollte ein solches kommen, wäre es für die Regierung eine existenzielle Herausforderung: Zwei Bürgerbegehren innerhalb einer Periode zu verlieren, wäre eine massive Schwächung (auch wenn der Bürgerentscheid angesichts sinkender Beteiligung sich in dieser Form vielleicht auch einmal die Frage der Legitimität stellen lassen muss).

    Dass es in Augsburg ein Bürgerbegehren zum Theater geben könnte, ist nicht so unwahrscheinlich. In den gut 20 Jahren, die dieses Instrument existiert, gab es in Augsburg 27 Begehren und fünf Bürgerentscheide. Das ist bundesweit Platz zwei.

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