Auf dem Papier mögen die Zahlen stimmen, bei den Fahrgästen aber sieht es anders aus: Die Tarifreform im AVV vor gut zwei Jahren war verkorkst. Sie wurde mit dem Slogan beworben, alles werde nun „einfacher und fairer“. Will man gnädig sein, so kann man sagen: Der Tarifdschungel blieb so unübersichtlich wie zuvor – und Ungerechtigkeiten, je nach Wohnort und Fahrstrecke, gibt es noch immer genug. Zwar haben Stadtwerke und AVV seither mehr Abos verkauft, was ein Ziel der Reform war. Die Kunden wurden mit der finanziellen Keule teils aber auch ziemlich unsanft in die Abos gedrängt.
So verwundert es nicht, dass viele Fahrgäste kritisch verfolgen, was sich im Nahverkehr und speziell bei den Preisen tut. Bei einem wegen Corona eingeschränkten Angebot die Preise zu erhöhen ist da ein ziemliches Unding. Man muss kein Marketingprofi sein, um zu erkennen, dass sich das nicht gut verkaufen lässt. Inzwischen haben die Stadtwerke ihr Angebot wieder deutlich hochgefahren. Beim Service aus Vor-Corona-Zeiten (Stichwort: Fünf-Minuten-Takt) ist man aber noch immer nicht.
AVV-Reform: Man hätte das alles schon früher anstoßen können
Was erforderlich ist, ist mehr als ein Drehen an der Preisschraube - oder als der Versuch, mit einzelnen Angeboten wie der Kurzstrecke den größten Ärger der Fahrgäste zu lindern. Der Augsburger Verkehrsverbund muss reformiert werden. Er muss so aufgestellt werden, dass er die Herausforderungen der Zukunft bestehen kann. Das ist bisher nur bedingt der Fall. Stadt und Umland mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen blockieren sich dabei auch viel zu oft. Nun will es die schwarz-grüne Koalition im Augsburger Stadtrat angehen. Man hätte das alles aber schon früher anstoßen können. Diesen Schuh muss sich auch Oberbürgermeisterin Eva Weber anziehen: Sie war als Wirtschafts- und Finanzreferentin in der Stadtregierung in den vergangenen Jahren für den Nahverkehr verantwortlich.
Lesen Sie dazu auch den Bericht: Ärger um höhere Preise im Nahverkehr: Bekommt Augsburg ein 365-Euro-Ticket?