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Kommentar: Nächtliche Randale: Verbote allein werden nicht ausreichen

Kommentar

Nächtliche Randale: Verbote allein werden nicht ausreichen

Nicole Prestle
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    Die Überbleibsel einer Partynacht, die aus dem Ruder lief: Müll und Dreck bleiben nach jedem Wochenende zuhauf auf der Augsburger Maximilianstaße liegen.
    Die Überbleibsel einer Partynacht, die aus dem Ruder lief: Müll und Dreck bleiben nach jedem Wochenende zuhauf auf der Augsburger Maximilianstaße liegen. Foto: Annette Zoepf

    Eine Anwohnerin der Augsburger Maximilianstraße erinnert sich mit Schaudern an jenen Samstag vor einer Woche. Irgendwann nach Mitternacht eskalierte die Situation unter hunderten feiernden jungen Menschen. Videoaufnahmen zeigten später straßenschlachtähnliche Bilder, auf denen Personen mit Flaschen nach Polizisten warfen und auf Feiernde losgingen. Es war eine Situation, wie es sie in Augsburg bislang nicht gegeben hatte, wie sie sich ähnlich zuletzt aber auch in München, Regensburg oder Stuttgart abspielte.

    Was ist nur los mit unseren Jugendlichen? Seit die Corona-Beschränkungen gelockert wurden, nehmen solche Krawallnächte zu, Erklärungen dafür gibt es allenfalls dürftige: Junge Menschen hätten im Lockdown auf vieles verzichten müssen. Die angestaute Wut auf Polizei und Ordnungskräfte breche sich – angeheizt durch übermäßigen Alkoholkonsum und geschützt durch die Anonymität der feiernden Masse – nun Bahn.

    Das hat Folgen für die gesamte Stadtgesellschaft, denn wer kann, weicht Samstagabend zumindest in Augsburg nun lieber in die Stadtteile aus. Selbst junge Menschen, die in der Maxstraße einfach friedlich feiern möchten, bleiben inzwischen fern – vertrieben durch eine Minderheit gewaltbereiter junger Leute.

    Das ist eine Entwicklung, die den Kommunen nicht gefallen kann. „Wir lassen uns unsere Innenstädte nicht nehmen“, hatte Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) deshalb gleich am Montag nach dem Krawallwochenende verkündet und Verbote in Aussicht gestellt. Vergangenes Wochenende wurden sie erstmals umgesetzt.

    Nächtliche Randale: Augsburg verbot Alkohol, Stuttgart sperrte Plätze

    Während in Augsburg teils Alkoholverbot und eine Beschränkung der Besucherzahl in bestimmten Bereichen der Innenstadt galten, wurden zwei beliebte Partyplätze in Stuttgart gleich ganz gesperrt. Die Maßnahmen zeigten Wirkung, die Abende verliefen in beiden Städten ruhig. Doch dauerhaft werden die Kommunen nicht mit solchem Einsatz gegen Störenfriede vorgehen können. Sie haben weder die personellen Kapazitäten noch kann es im Sinn der Gesellschaft sein, dass durch Verbote auch die aus den Zentren vergrault werden, die dort nur einen schönen Abend verbringen möchten.

    Über die Rädelsführer der Krawalle sagt die Polizei wenig, Fakt ist aber: Das Problem existiert nicht erst seit Corona. Schon vor der Pandemie eskalierten in Augsburg nächtliche Feiern, wenngleich die Jugendlichen dabei nicht so massiv auf Polizeibeamte losgingen. Weil sich diese Szenen vor allem in den Stadtteilen abspielten, fielen diese Exzesse der breiten Bevölkerung kaum auf. Das ist anders geworden, seit sich die Krawalle in die Zentren verlagern. Relativ neu ist auch die hohe Gewaltbereitschaft der jungen Leute, meist Männer, die teils sehr bewusst kommen, um zu pöbeln und zuzuschlagen.

    Für die Kommune werden solche Krawalle zum Imageproblem

    Für viele Kommunen wird diese Situation zum Imageproblem: Während Corona gingen den Innenstädten Besucher verloren, weil die lieber online einkauften. Sie zurückzugewinnen und die Städte wieder zu beleben, erachten viele als zentrale Aufgabe, doch Berichte von eskalierenden Feiern erschweren die Bemühungen.

    Die Städte sind in Zugzwang. Doch um das Problem der Jugendbanden zu lösen, reicht es nicht, nachts in Partybezirken präsent zu sein. Die Prävention muss früher ansetzen, denn so ungern die Polizei es sagt, um den Frieden nicht zu stören: Viele der frustrierten Männer sind Verlierer der Bildungs- und Integrationspolitik. Es muss gelingen, sie in die Gesellschaft zu holen, bevor sie sich kriminalisieren und es als Minderheit schaffen, eine alkoholisierte Masse in einen aggressiven Mob zu verwandeln – und unsere Innenstädte in Sperrbezirke.

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