Für viele Menschen ist die Fuggerei ein hübsches Ausflugsziel, für gut 150 Menschen ist sie die einzige Chance auf ein würdiges Leben. Sie wohnen in der Sozialsiedlung, weil sie sich die Miete auf dem freien Wohnungsmarkt nicht leisten könnten. Leider sind solche Schicksale keine Seltenheit in einem so reichen Land wie Deutschland.
Die Fugger’schen Stiftungen wandeln beim Betrieb auf einem schwierigen Grat: Sie müssen über Neuaufnahmen entscheiden und dabei die Regeln beachten, die Jakob Fugger vor rund 500 Jahren aufstellte. Immer mehr sind sie auch zu einer Einrichtung geworden, die Menschen nicht nur Wohnraum, sondern auch soziale Anbindung an die Gesellschaft bietet. Die größte Herausforderung ist es jedoch, die Einnahmen zu generieren, die für den Unterhalt der Siedlung nötig sind. 500000 bis 800000 Euro werden im Schnitt jedes Jahr in Sanierungen und Modernisierungen gesteckt. Eine wesentliche Einnahmequelle ist der Tourismus.
Die Besucherzahlen der Fuggerei sind zuletzt kontinuierlich gestiegen. Ein Besuch in der Sozialsiedlung ist für fast alle Touristen Pflicht, selbst wenn sie nur kurz in Augsburg bleiben. Im Jubiläumsjahr 2021 wird mit einem weiteren Boom zu rechnen sein. Für die Fuggerei ist dies Chance und Herausforderung zugleich, denn sie ist kein Westerndorf, durch das tagsüber Touristen geschleust werden, um es abends zu schließen. Sie ist Heimat für Menschen, die ein Recht auf Privatsphäre haben.
Schön wäre es, wenn anlässlich des Jubiläums nicht nur Touristen, sondern auch Wissenschaftler auf die Fuggerei aufmerksam würden. Im Fuggerarchiv Dillingen liegen zahlreiche Dokumente, die bislang noch nicht erforscht sind. Durch die Neuaufstellung der Museen sind einige neue Details ans Licht gekommen. Es würde sich lohnen, hier noch genauer hinzusehen.
Lesen Sie dazu auch den Artikel: Die Fuggerei verrät neue Geheimnisse