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Kommentar: Erster Prozess nach Pflege-Razzia: Gegensätzliche Welten in der Branche

Kommentar

Erster Prozess nach Pflege-Razzia: Gegensätzliche Welten in der Branche

Jan Kandzora
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    Beim Geschäftsführer eines Augsburger Pflegedienstes fanden die Ermittler rund sieben Millionen Euro in bar. Er hatte das Geld bei sich zuhause und in Schließfächern gebunkert.
    Beim Geschäftsführer eines Augsburger Pflegedienstes fanden die Ermittler rund sieben Millionen Euro in bar. Er hatte das Geld bei sich zuhause und in Schließfächern gebunkert. Foto: Polizei

    Die Ermittler haben enormen Aufwand betrieben, um mutmaßlichen Betrug in der Pflege-Branche aufzudecken. Eine größere Razzia in der Stadt als jene im Herbst 2019 bei acht der 60 Pflegediensten in der Stadt gab es in den vergangenen Jahren sicher nicht, bis zu 40 Kripo-Beamte kümmerten sich monatelang um nichts anderes als um die Ermittlungsverfahren in dem Komplex. Nun startet ein erster Prozess vor dem Landgericht, weitere werden folgen. Bis zu einem möglichen Urteil gilt für alle Verdächtigen die Unschuldsvermutung; die Staatsanwaltschaft muss erst einmal vor Gericht nachweisen, dass das Vorgehen der Angeklagten so schwerwiegend und kriminell ist, wie sie es ihnen vorwirft. Die bisherigen Ermittlungserkenntnisse sprechen aber schon jetzt für eine sehr gegensätzliche und für Außenstehende nur schwer zu durchdringende Welt.

    Prozess in Augsburg nach Razzia in der Pflegebranche offenbart Gegensätze

    Auf der einen Seite gibt es seriöse, ehrlich arbeitende Anbieter in der ambulanten Pflege – und sie stellen auch in Augsburg bei Weitem die Mehrheit, darauf muss man hinweisen. Es gibt einen Pflegenotstand und die Problematik für Betroffene, erst einmal einen Pflegedienst zu finden. Es gibt Angehörige und Patienten, die im Streit um die Einstufung in einen Pflegegrad mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung MDK verzweifeln. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die offenbar einen Weg gefunden haben, viel Geld aus diesem System zu ziehen, auf Kosten der Allgemeinheit. Als die Ermittler die Pflegedienste durchleuchteten, stellten sie auch Koffer voller Bargeld, teure Uhren und Goldbarren sicher. Das Wohl der Patienten scheint bei einigen Anbietern ungeachtet der Ergebnisse der verschiedenen Gerichtsverhandlungen zumindest nicht an erster Stelle gestanden zu haben.

    Eine besondere Augsburger Problematik in der Branche existiert indes nicht. Man kann davon ausgehen, dass die Zustände, die hier in Teilen geherrscht haben, überall sonst auch gelten. Nur wurde die Branche in anderen Teilen Deutschlands noch nie so genau durchleuchtet.

    Lesen Sie dazu den Artikel: Eineinhalb Jahre nach der Pflege-Razzia: Nun starten die Mammut-Prozesse

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