Nach der Stichwahl von Eva Weber (CSU) zur Oberbürgermeisterin gehen die Sondierungen für das künftige Regierungsbündnis in Richtung Schwarz-Grün: "Wenn man sich das Wahlergebnis anschaut, kann man daraus ablesen, dass die Mehrheit der Augsburger eine CSU-geführte Stadtregierung mit grüner Handschrift wünscht", so Weber am Montag. Die "politische Kleiderordnung" gebiete es, dass die CSU als stärkste Fraktion mit 20 Sitzen im nächsten Stadtrat das Gespräch mit der zweitstärksten Kraft (die Grünen haben 14 Sitze) sucht. Gleichwohl stehen laut Weber auch Gespräche mit der SPD (9 Sitze) als bisherigem Koalitionspartner ("eine ehrbahre, alte Partei") und den Freien Wählern (3 Sitze) als Koalitionspartner auf Landesebene an.
Im Lauf der Woche wird es Sondierungsgespräche geben, nachdem schon in den vergangenen Wochen zumindest zwischen manchen Parteien informell gesprochen wurde. Gesprächsbereit sind alle: Grünen-Fraktionschefin Martina Wild erklärte bereits am Wahlabend vor zwei Wochen, dass die Grünen aus ihrem Ergebnis einen Auftrag ableiten, die Politik mitzugestalten. Voraussichtlich am Dienstag soll ein erstes Sondierungsgespräch stattfinden. Man werde versuchen, auf Basis des Grünen-Wahlprogramms Eckpunkte für ein "zukunftsfähiges Augsburg" festzulegen, so Wild.
Augsburg: Auch die SPD ist zu Gesprächen mit der CSU bereit
Dirk Wurm, SPD-OB-Kandidat in der Stichwahl, sagte am Sonntagabend nach seiner Niederlage, dass auch die SPD zu Gesprächen mit der CSU bereit sei. Corona mache jetzt erst einmal "gemeinschaftliches Handeln" nötig, irgendwann stünden auch wieder andere Themen an, die man gemeinsam gestalten wolle. SPD-Fraktionschef Florian Freund sagte am Montag, Wurm habe sich gegenüber dem ersten Wahlgang um 20 Prozentpunkte verbessert und "ein sehr solides Ergebnis" hingelegt. "Im Moment wäre es schwierig, die SPD auszugrenzen. Vor Augsburg liegen schwierige Jahre, und es wäre gut, die SPD und ihre Kompetenzen ins Boot zu holen." Allerdings bekämen CSU und SPD keine Mehrheit zusammen.
CSU-Parteichef Volker Ullrich hatte zuletzt verlauten lassen, dass er im Hinblick auf Corona und die Folgenbewältigung ein "breites Bündnis" für sinnvoll halte. Wie breit es sein soll und ob im Fall von Schwarz-Grün auch die SPD als kleinerer Partner dazustoßen kann, ist offen. "Es geht um Inhalte und um Schnittpunkte, wo man sich treffen kann", so Weber am Montag. Manche Wahlprogramme seien recht aussagekräftig, andere seien aus ihrer Sicht eher unbestimmt. Da müssten die Sondierungen mehr Klarheit bringen, ob eine Zusammenarbeit sinnvoll sein könnte.
Interessant wird die Frage sein, wie viel Überzeugungsarbeit für ein schwarz-grünes Bündnis in den jeweils eigenen Reihen geleistet werden müsste. Denn schon in der auslaufenden Periode waren manchmal zusammengezogene Augenbrauen im Stadtrat zu beobachten, wenn der andere Partner seine Positionen darstellte. Das ging noch unproblematischer, weil die Grünen nur der locker angebundene Kooperationspartner der CSU-SPD-Koalition war. Nun würde aus dem schwarz-grünen Flirt eine richtige Ehe. Weber und Wild sagen, dass es letztlich auf Inhalte ankomme. Dass Kompromisse nötig werden, deutete Weber bereits an – schließlich habe ja keine Partei 100 Prozent Zustimmung erhalten. Die Leute wünschten sich auch nicht einfach ein "weiter so", sondern ein Stück weit "neuen Schwung", so Weber.
Koalition in Augsburg: Knackpunkt Verkehrspolitik
Knackpunkte wären wohl vor allem Fragen zur Verkehrspolitik, angefangen bei der Position zur neuen Osttangente bis hin zum Standpunkt zu den Forderungen des Radler-Bürgerbegehrens oder der Frage, wie weit die Innenstadt verkehrsberuhigt werden kann. Die Grünen fordern eine Reduzierung des Verkehrs in der Altstadt mit drastischer Erhöhung der Parkgebühren. Weber hat signalisiert, dass sie die jetzigen Parkgebührensätze nicht für in Stein gemeißelt hält, mit einer massiven Aussperrung des Autoverkehrs für Anwohner, Besucher und Kunden tue sie sich aber schwer. Es gebe aber Städte, die Verkehrsberuhigung und Erreichbarkeit unter einen Hut bekommen. Womöglich lohne sich ein näherer Blick darauf.
In den kommenden Wochen ist mit mehreren Gesprächsrunden zu rechnen. Die Parteien präsentieren sich gegenseitig ihre Forderungen und die Dinge, bei denen sie keinesfalls mitziehen können. Am Ende steht ein Koalitionsvertrag. Wenn die Inhalte feststehen, wird auch über Referatszuschnitte und Referenten gesprochen. Denkbar wäre zuvorderst ein schwarz-grünes Bündnis, womöglich unter Hinzunahme der SPD oder der Freien Wähler, um eine sichere Mehrheit zu bekommen, sollte es Abweichler geben. Sollte Schwarz-Grün nicht klappen, wäre als Alternative eine schwarz-rote Koalition mit Freien Wählern denkbar.
Lesen Sie dazu den Kommentar von Stefan Krog: Schwarz-Grüne Koalition: Experiment mit Risiken
Alle Ergebnisse der Kommunalwahlen 2020 finden Sie hier im Überblick
In einer Sonderfolge unseres Podcasts "Augsburg, meine Stadt" analysieren wir Eva Webers Wahlsieg – und sagen, welche Themen die CSU-Politikerin jetzt anpacken will:
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