Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Kirche: Verdächtige Homosexuelle

Kirche

Verdächtige Homosexuelle

    • |
    Fiel in Ungnade: der schwule katholische Theologe David Berger.
    Fiel in Ungnade: der schwule katholische Theologe David Berger. Foto: Foto: Zoepf

    Er war das Hätschelkind der Konservativen. An David Berger, dem Schriftleiter der Zeitschrift Theologisches und Professor der päpstlichen Thomas-Akademie, hatten wackere Katholiken ihre Freude. Bis er sich im April 2010 als praktizierender Homosexueller outete. Im Augsburger Zeughaus schilderte er im brechend vollen Saal vor 80 Zuhörern, wie subtil die katholische Kirche schwule Theologen in ihren Reihen unter Druck setzt.

    „Der heilige Schein“, so der Titel seines Buchs (Ullstein Verlag), muss unbedingt gewahrt werden. Seit seinem Outing habe man ihm den Exorzismus angeboten und ließ heilige Messen für sein Seelenheil lesen. „Man hält mich mehr oder weniger für verrückt, weil ich sage: Es ist in Ordnung, so wie ich lebe.“

    Als schwuler Theologe mache es sich gut, sich möglichst abfällig über Homosexuelle zu äußern. Auch bei sich selber entdeckte Berger, der seit 22 Jahren mit einem Mann zusammenlebt, ein „Sühnebedürfnis“, als schwuler Katholik besonders kirchenloyal und papsttreu zu sein.

    Zu Tisch bei Prälaten und Professoren hörte David Berger wahre Lobeshymnen auf Staaten wie den Iran oder Saudi Arabien, die Schwule bestrafen und sogar hinrichten. Wenn Papst Benedikt XVI. in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag auf das Naturrecht pocht, könne dies gefährliche Folgen für Minderheiten haben. Was „wider die Natur“ ist, muss dann bei jedem Menschen geahndet werden...

    Die „Homophobie“ in der katholischen Kirche habe unter Papst Benedikt XVI. stark zugenommen, urteilte Berger. Fatal wirke sich aus, dass sexueller Missbrauch von Kindern und Homosexualität in Verbindung gebracht worden sind. „Man hat sehr schnell Sündenböcke gesucht und gefunden“, sagte Berger auf der Veranstaltung der Augsburger Grünen.

    Ein markanter Wendepunkt sei die Instruktion über Priesteramt und „Personen mit homosexuellen Tendenzen“ vom November 2005. Sie habe nicht nur den im katholischen Katechismus gebotenen Respekt vor Homosexuellen zurückgenommen, indem sie strikt die Priesterweihe solcher Männer verbot, auch wenn sie entschlossen sind, zölibatär zu leben. Sie bilde auch die Basis „einer einzigen Lügenkultur“. Schwule Seminaristen hätten seither ihren Spaß daran, auffällig lüstern den Mädchen nachzugucken.

    Den Anteil homosexueller Männer unter den Priestern bezifferte David Berger in Europa und Nordamerika auf 30 bis 50 Prozent. „Ich sehe das nicht negativ, sondern als eine große Chance der Kirche“, sagte er. Über Jahrhunderte sei die Kirche ein Schutzraum für Homosexuelle gewesen. Heute aber werde hinter der frommen Kulisse sehr unfromm agiert. Unter homosexuellen Klerikern sei gegenseitige Erpressung gang und gäbe. Die Netzwerke, die bis in den Vatikan hineinreichen, regeln Aufstieg und Abstieg.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden