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Kino-Kritik & Trailer: "Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes": Das Film-Porträt

Kino-Kritik & Trailer

"Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes": Das Film-Porträt

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    Papst Franziskus stand insgesamt acht Stunden für Interviews zur Verfügung. Wim Wenders baute zusammen mit Archivmaterial ein facettenreiches Porträt des Pontifex.
    Papst Franziskus stand insgesamt acht Stunden für Interviews zur Verfügung. Wim Wenders baute zusammen mit Archivmaterial ein facettenreiches Porträt des Pontifex. Foto: Universal Pictures

    Wim Wenders hat sich zunehmend im Dokumentarfilm profiliert. Sein „Buena Vista Social Club“ (1999) entwickelte sich zum Kultfilm und brachte der kubanischen Altherren-Band ihren späten Ruhm. Mit „Pina“ (2011) setzte Wenders der Wuppertaler Tanztheater-Pionierin

    Regisseur Wim Wenders ist seiner Herangehensweise treu geblieben

    Jeder dieser Filme wurden mit einer Oscar-Nominierung beehrt, sie lebten von der seelenverwandtschaftlichen Nähe zwischen Regisseur und Sujet, vom cineastischen Blick auf Künstler, die – genau wie Wenders – nach eigenen Wegen in ihrem Metier gesucht haben.

    Nun hat Wenders mit „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“ einen Film über das Oberhaupt der katholischen Kirche gedreht und ist seiner Herangehensweise treu geblieben. Mit der gleichen Neugier, Intensität und Sympathie, mit der er einer kubanischen Renterband, dem Werk einer Choreografin und eines engagierten Fotoreporters entgegentrat, geht er nun auch auf den Papst zu.

    Der Vatikan trat an Wim Wenders heran

    Die Idee kam nicht von ihm. Der Vatikan ist an Wenders herangetreten und sicherte dem Filmemacher vollkommene inhaltliche und künstlerische Freiheit zu. Der Propaganda-Verdacht hat sich nach der ersten halben Kinostunde schnell zerstreut.

    Nicht weil Wenders das Wirken des Pontifex besonders kritisch ins Visier nimmt. Vielmehr sind die Fragen und Haltungen, die hier formuliert und demonstriert werden, von derart übergeordneter Dringlichkeit, dass potenzielle Profilierungsstrategien in den Hintergrund treten.

    Denn dieser Papst, der sich programmatisch nach Franz von Assisi benannt hat, legt den Finger in die Wunden unserer Zeit. Das obszöne weltweite Gefälle zwischen Arm und Reich steht ganz oben auf seiner Agenda. Und so reist er an die Ränder: in brasilianische Favelas, in ein zentralafrikanisches Kinderhospital, zu den Flüchtlingscamps auf der griechischen Insel Lesbos oder in ein Gefängnis in Philadelphia, wo er den Häftlingen die Füße wäscht.

    Mit symbolischen Gesten wie diesen oder dem gebrauchten Kleinwagen, mit dem er sich auf Staatsbesuchen zwischen all den Riesenlimousinen chauffieren lässt, demonstriert dieser Papst jenen Einklang zwischen Worten und Taten, welcher der katholischen Kirche stets wieder abhandenkommt.

    Wim Wenders interviewte den Papst acht Stunden lang

    Insgesamt acht Stunden lang hat Wenders den Oberhirten interviewt. Von dem Menschenrecht auf Arbeit, der Kritik an der Konsumgesellschaft, religiöser Toleranz, der Gefahr des Klimawandels bis zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche reichen die Themen. Und das, was Franziskus dazu zu sagen hat, ist nicht nur für einen Papst erstaunlich radikal.

    In einer Zeit, in der Populisten den Egoismus zur Staatsdoktrin erheben, vertritt dieser Mann Positionen, die eine gemeinsame und solidarische Lösung globaler Problemstellungen einfordern und von einem klaren moralischen Kompass geleitet sind. Das rührt sogar abgebrühte US-Kongressabgeordnete, die angesichts der mahnenden Worte des Papstes in Tränen ausbrechen.

    Auf diesen offensiven Anti-Zynismus legt Wenders den Fokus seiner Betrachtung und zeigt, welche verändernde Kraft darin stecken könnte. Dass es bis dahin in einer schwerfälligen Institution noch ein sehr langer Weg ist, zeigt der Film nicht. Aber die langen Gesichter der Kurienkardinäle, denen Franziskus den Kopf wäscht, lassen erahnen, auf welche Widerstände dieser Papst auch in den eigenen Reihen stößt.

    Wertung 4/5

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