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Justiz: Der Blumenmaler entgeht dem Gefängnis

Justiz

Der Blumenmaler entgeht dem Gefängnis

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    Der Maler der Augsburgblume muss doch nicht ins Gefängnis.
    Der Maler der Augsburgblume muss doch nicht ins Gefängnis. Foto: Michael Schreiner

    Nachts in der Augsburger Innenstadt. Passanten beobachten drei Jugendliche, die mit Farbspraydosen Hauswände und mindestens 17 geparkte Autos besprühen. Der Polizei gelingt es, die 16 und 17 Jahre alten Täter wenig später festzunehmen. Sie haben frische Farbspuren an ihren Händen.

    Ein Vorfall aus der vorigen Woche, der, wenn er vor Gericht verhandelt wird, normalerweise kein öffentliches Interesse findet. Nicht so am Freitag vor dem Landgericht. Das Lokalfernsehen, ein Vertreter der Nachrichtenagentur dpa und jede Menge junger Leute waren gekommen, um den Prozess gegen den sogenannten Blumenmaler zu verfolgen. Der heute 30-jährige Graffiti-Sprayer hat als Schöpfer der Augsburgblume überregional auf sich aufmerksam gemacht. Stilisiert und in schwarzer Farbe hatte er sie 2010 und 2011 hundertfach auf Stromkästen, Hausfassaden und Verkehrsschildern angebracht. 2012 wurde er deswegen zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

    Doch trotz seiner Beteuerung, damit aufzuhören, wurde der Verurteilte rückfällig. Im September 2014 wurde auf einen abgestellten Regionalzug großflächig der Schriftzug „DISCO“ gesprüht, ebenso an einer Lärmschutzwand entlang der B17 bei Leitershofen. Die Farbe war noch frisch, als der Blumenmaler und ein anderer junger Mann in der gleichen Nacht unter Tatverdacht festgenommen wurden. Obwohl beide Angeklagte zu den Vorwürfen keine Angaben machten, wurden sie aufgrund von Indizien verurteilt. Der Blumenmaler, der noch unter offener Bewährung stand, zu einer Haftstrafe von 15 Monaten.

    Am Freitag war nun also die Berufungsverhandlung vor der 6. Strafkammer. Sie nahm für den Graffiti-Sprayer ein glückliches Ende. Der 30-Jährige, der im September geheiratet hat, muss nicht ins Gefängnis. Das Landgericht verurteilte ihn erneut zu einer Bewährungsstrafe, jetzt von einem Jahr, zuzüglich 400 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

    Zu verdanken hat er das einer Absprache seiner Verteidiger mit dem Gericht und dem Staatsanwalt sowie seinem Geständnis. Beide Angeklagte profitierten zudem von der Aussage eines Zeugen des Staatlichen Hochbauamtes. Danach liegt der von ihnen angerichtete Schaden mit 10000 Euro nur halb so hoch wie angeklagt. Das Graffiti, auf einer Fläche von 100 Quadratmetern an der metallenen Lärmschutzwand gesprayt, ließ sich kostengünstiger entfernen als angenommen. Dank eines Sandstrahlverfahrens, das eine nordschwäbische Firma entwickelt hat.

    Bei dem Mitangeklagten, der ebenfalls geständig war, beließ es das Gericht bei einer Geldstrafe von 2250 Euro, 150 Tagessätze zu 15 Euro. Damit ist auch er vorbestraft. Das Gericht ging im Urteil auf das öffentliche Interesse am Ausgang des Verfahrens ein. Das Sprayen sei „kein Kavaliersdelikt“, betonte Richterin Sabine Igloffstein mehrmals. Wer mit offenen Augen durch die Stadt gehe, werde zunehmend mit Graffitis konfrontiert. Darunter leide auch das Erscheinungsbild, abgesehen von den Kosten, die ihre Beseitigung verursache.

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