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Augsburg: Jede fünfte Firma befürchtet Pleite: Wo bleiben die Soforthilfen?

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Jede fünfte Firma befürchtet Pleite: Wo bleiben die Soforthilfen?

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    Die Corona-Soforthilfen kommen nicht bei jedem Unternehmen so an, wie sie es sollten. Das sorgt bei Augsburger Firmen für Unmut.
    Die Corona-Soforthilfen kommen nicht bei jedem Unternehmen so an, wie sie es sollten. Das sorgt bei Augsburger Firmen für Unmut. Foto: Fotostand (Symbolbild)

    Die Corona-Soforthilfen waren dafür gedacht, den Firmen schnell und unbürokratisch Geld vom Staat zur Verfügung zu stellen, um die finanziellen Probleme durch das Herunterfahren der Wirtschaft erst einmal abzufedern. Doch manche Geschäftsinhaber aus Augsburg klagen, es gehe weder schnell noch unbürokratisch.

    Corona-Soforthilfe: Versprechen der Politik werden nicht gehalten

    Einer von ihnen ist Marcus Doser vom Augsburger Textilunternehmen Trico. „Wir haben den Antrag Anfang März gestellt und bislang keine Rückmeldung erhalten, ob wir mit Unterstützung rechnen dürfen, und wenn ja, in welcher Höhe“, sagt er. Die Hängepartie zehre an den Nerven.

    Mittlerweile hat das Textilunternehmen, das normalerweise hochwertige Krawatten, Tücher, Schals und Hosenträger fertigt, die Produktion auf Mund-Nasen-Masken umgestellt und einen Privatkredit in Anspruch genommen. Man hat sich also selbst geholfen, weil die angebotene Hilfe vom Staat, zumindest bislang, ausgeblieben ist. Ähnliches hört man auch von anderen Unternehmern, die sich an unsere Redaktion wandten, aber aus Sorge um mögliche Nachteile anonym bleiben wollen. Auch sie beklagen, dass einige Versprechen der Politik so nicht gehalten werden.

    Unternehmen beklagen mangelnde Informationen zu Soforthilfe-Anträgen

    Schnell gehe in diesen Tage leider wenig, lautet die Klage, und Informationen fehlten. „Sie können niemanden anrufen und nachfragen, weil sie nirgendwo durchkommen oder von einem Unwissenden zum anderen verbunden werden“, beschreibt ein Unternehmer aus dem Landkreis Augsburg seine Erfahrungen. Er vertreibt medizinische und kosmetische Lichtgeräte. Mails kämen teils mit dem Verweis „unzustellbar“ zurück. Immerhin: Nachdem er dreimal einen Antrag gestellt und einen Widerspruch eingelegt hat, hat der 57-Jährige nun 4500 Euro bekommen. Wie sich die Summe zusammensetzt, sei ihm jedoch unklar. Er hatte, nach Auslegung der aktuell geltenden Vorgaben, mit mehr gerechnet.

    Überlastete Telefonleitungen, keine Rückmeldungen und vor allem ein intransparentes Vorgehen ärgert derzeit viele Selbstständige. Manche bekommen nach wenigen Tagen Geld, andere warten. Begründungen für Ablehnungen seien nicht nachvollziehbar. So muss eine Augsburger Gründerin auf Hilfe verzichten, weil der Umsatzeinbruch nicht ausreichend nachgewiesen sei. „Welches Argument wiegt in diesem Fall schwerer, als dass ich meinen Laden schließen musste?“, fragt die Start-up-Inhaberin. Mehr Umsatzeinbruch gehe doch nicht. Sie habe die Begründung in dem Formular, wie gefordert, kurz gehalten. „Von wegen unbürokratisch und schnell“, schimpft sie. Noch dazu, weil kleine Unternehmen keine eigene Rechtsabteilung haben, die Anträge mehrfach und in neuer Version stellen, um Erfolg zu haben.

    Behörde wirbt bei Unternehmen um Geduld

    Zuständig für die Antragsbewilligung ist die Regierung von Schwaben. Dort seien bislang um die 50.000 Anträge eingegangen, sagt deren Sprecher Karl-Heinz Meyer. Über 20.000 Anträge seien bereits entschieden. Wie, darüber wird keine Statistik geführt. Um der Antragsflut gerecht zu werden, habe man die Abteilungen soweit möglich mit Personal verstärkt, die Arbeitszeiten ausgeweitet und sei auch am Wochenende im Einsatz. Dazu käme es zu Verzögerungen, weil manche Anträge falsch gestellt worden sind und Nachfragen nötig werden. „Wir schöpfen aus, was geht, und können daher nur an die Geduld der Antragsteller appellieren. Auch wenn uns klar ist, dass sie alle berechtigte Sorgen haben und schnell Hilfe brauchen“, so Meyer.

    Unterschiedliche Bewertung von Soforthilfe-Anträgen?

    Dafür haben viele der Unternehmer sogar Verständnis: „Die Mitarbeiter bei der Regierung von Schwaben können auch nichts dafür“, bricht der Unternehmer aus dem Kreis Augsburg eine Lanze für die Beschäftigten dort. Er hat eine Vermutung, warum die Behörden dennoch überfordert sind – und diese wird von der Handwerkskammer für Schwaben bestätigt. „Die extrem hohe Anzahl der Anträge, fehlerhafte Anträge, das Fehlen eines Onlinesystems zu Beginn der Antragsperiode und Softwareprobleme haben dazu geführt, dass die Soforthilfe in vielen Fällen keine Soforthilfe mehr ist“, sagt Kammer-Sprecherin Monika Treutler-Walle. Dazu kämen wechselnde Regelungen von Bund und Ländern, ergänzen Unternehmer. Manche halten es nicht für ausgeschlossen, dass alte Anträge auf Basis neuerer Regelungen geprüft werden und es so zu falschen Beurteilungen kommt. Trifft das zu, könnte dies auch rechtliche Konsequenzen haben.

    Augsburg: Jedes fünfte Unternehmen sieht Insolvenzrisiko

    Die Wirtschaftskammern und der Handelsverband versuchen daher zu helfen. „Wir empfehlen, neben den Soforthilfen einen breiten Mix verschiedener Instrumente zu prüfen. Also auch Steuerstundungen, Förderkredite oder Kurzarbeitergeld“, so Thomas Schörg, Sprecher bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Augsburg. All diese Angebote könnten Firmen nur vorübergehend helfen. „Auf mittlere und lange Sicht kann die Existenz eines Unternehmens nur durch eigene Erträge gesichert werden.“

    Eine Umfrage der IHK hatte zuletzt ergeben, dass jedes fünfte Mitglied aufgrund der Corona-Krise ein Insolvenzrisiko für sich sieht – quer durch alle Branchen. Auch im Handwerk sinken die Umsätze insgesamt deutlich.

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