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Interview: Nur nichts vormachen lassen

Interview

Nur nichts vormachen lassen

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    Ulrich Hub las gestern im Rahmen des White Ravens Festivals der Internationalen Jugendbibliothek vor Schülern.
    Ulrich Hub las gestern im Rahmen des White Ravens Festivals der Internationalen Jugendbibliothek vor Schülern. Foto: Wolfgang Diekamp

    Gerade haben Sie vor Schülern aus Ihrem Buch „Füchse lügen nicht“ gelesen. Es geht um eine Gruppe von Tieren, die auf einem Flughafen festsitzt und sich mit all Ihren Eigenarten zusammenraufen muss. Schreiben Sie lieber über Tiere als über Menschen?

    Mit Tieren ist es für Kinder oft lustiger und man hat man immer sofort ein Bild vor Augen. Für mich ist es dann interessant, dieses Bild umzudrehen. In diesem Buch sind die Schafe nicht lieb und dumm, sondern die gefährlichsten von allen, die auf dem Flughafen sitzen. Der Tiger dagegen, den man normalerweise für gefährlich hält, ist eitel und dumm. Auch die Rollen wechseln: Der Hund, der der Aufpasser ist, wird auf einmal verantwortungslos und der Verbrecher, der Fuchs, übernimmt Verantwortung für alle.

    In ihrem Buch geht es ums Lügen, um die Frage, ob man auch lügen darf, was man mit Lügen anrichten kann, warum man lügt. Wie gehen Sie mit diesem Thema um?

    Ich will auf keinen Fall moralisieren oder belehren. Deshalb sind meine Bücher für mich auch keine Fabeln, obwohl sie von Tieren handeln. Ich möchte ein weites Feld ausbreiten, wie man diese Geschichte lesen kann. Jeder darf sich das herausholen, was für ihn richtig ist. Es gibt so viele Formen von Lügen, die Notlüge, die Gefälligkeitslüge, die Lüge, die man sich selbst vormacht. Am Ende merken die Tiere, und darum geht es in allen meinen Büchern, dass sie sich nichts vormachen lassen dürfen und zusammenhalten müssen, dass Freundschaft das Wichtigste von allem ist.

    Die drei Kinderbücher, die bisher von Ihnen erschienen sind, waren zuerst Texte für das Theater. Wie wird aus einem Stück ein Buch?

    Viele Situationen kann man beibehalten, aber einiges muss man ändern, weil es gespielt sehr lustig aussieht, sich aber nicht so knackig liest. Dabei verschieben sich auch Schwerpunkte. In einem Theaterstück sind auch die Zeitabläufe ganz anders. Im Buch kann man zum Beispiel Zeiträume verengen oder dehnen, im Theater ist alles in der Zeit, in der es spielt. Das ist ein ganz großer Unterschied.

    „Füchse lügen nicht“ ist schon 2014 erschienen. Die meisten Autoren gehen mit ihrem neuesten Buch auf Lesereise. Warum haben Sie nicht aus „Ein Känguru wie du“ vorgelesen?

    Ich bin sehr erstaunt, welche Schwierigkeiten es mit diesem Buch gibt. Es geht um Homosexualität und ein schwules Känguru. Viele Schulen schrecken bei diesem Thema zurück. Ich verstehe das nicht. Wenn man das Buch schlecht findet, dann habe ich Verständnis, aber nicht, weil man das Thema ablehnt. Denn die Kinder, vor denen ich es schon gelesen habe, die hatten überhaupt kein Problem damit. Ich frage sie dann in der Lesung: „Stimmt es, was die Seehunde sagen, kann man Schwule erkennen?“, dann sagen die meistens nein. Das ist doch schon mal gut. Und wenn ich dann weiterfrage: „Kennt ihr welche?“, dann melden sich immer Kinder. Neulich in Leipzig hat ein Junge gesagt: „Ja, zwei, meine Papas.“ Ich habe mir das schon genau überlegt, wie man dieses Buch für Achtjährige erzählen kann.

    Auf was haben Sie geachtet?

    Dass es auf jeden Fall wieder lustig ist durch die Tiere. Und dann ist der Trick dabei, dass ich die Kinder da abhole, wo sie sind. Ich zeige, dass es Vorbehalte gegen Homosexuelle gibt und wie unbegründet die sind. Außerdem geht es ja um viel mehr in dem Buch, um Akzeptanz und Toleranz oder z. B. auch darum, dass alte Frauen manchmal viel cooler sein können als junge. Interview: Birgit Müller-Bardorff

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