Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Interview: Impfung in Augsburger Kanzlei: Ist die Priorisierung von Juristen gerechtfertigt?

Interview

Impfung in Augsburger Kanzlei: Ist die Priorisierung von Juristen gerechtfertigt?

    • |
    Bei Gericht - hier ein Bild vom Prozess um das mutmaßliche Buskartell - gelten in Corona-Zeiten die üblichen Abstands- und Hygieneregeln.
    Bei Gericht - hier ein Bild vom Prozess um das mutmaßliche Buskartell - gelten in Corona-Zeiten die üblichen Abstands- und Hygieneregeln. Foto: Wyszengrad

    In Augsburg wurden knapp 50 Mitarbeiter einer Steuerkanzlei gegen Corona geimpft. Einige andere Juristen waren darüber verwundert. Wie stehen Rechtsanwaltskammer und der Augsburger Anwaltverein zu diesem Fall?

    Dr. Thomas Weckbach: Wir als Rechtsanwaltskammer München, und damit spreche ich für unsere über 22.000 Mitglieder, erachten die von der Bundesregierung in Form der Impfverordnung auferlegte Impfreihenfolge als sinnvoll und maßgebend. Eine Aufweichung oder eine Priorisierung von Bürgerinnen und Bürgern, die außerhalb der Reihenfolge Zugang zu einer Impfung erhalten, lehnen wir ab. Unsere Kolleginnen und Kollegen halten sich grundsätzlich an die Impfreihenfolge und befürworten, daran festzuhalten.

    Hans-Peter Bernhard: Eine Beurteilung des Einzelfalles in der Augsburger Steuerkanzlei vornehmen zu können, steht uns nicht zu. Hierzu liegen uns nur Informationen aus der Berichterstattung vor. Wir können nur so viel sagen, dass der Impfstoff, der vorrätig ist, auch so bald als möglich verimpft werden sollte. Für die Entscheidung hierüber ist das Gesundheitsamt zuständig.

    Wie stehen Sie grundsätzlich zur erhöhten Priorisierung von Juristen im Rahmen der Impfverordnung?

    Bernhard: Die Impfverordnung der Bundesregierung regelt klar die Reihenfolge und schützt damit diejenigen, die in der jetzigen Situation besonders gefährdet sind und geschützt werden müssen. Dass dies neben älteren Menschen, Personen mit Vorerkrankungen sind, liegt auf der Hand. Durch die Ergänzung des Paragrafen 4 um „Justiz“ und „Rechtspflege“ haben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nun auch einen Anspruch auf Schutzimpfung mit erhöhter Priorität. Nachdem die Anwaltschaft lange um ihre Anerkennung der Systemrelevanz kämpfen musste, begrüßen wir diese Entscheidung, ist doch der Rechtsbeistand der Kolleginnen und Kolleginnen gerade in der jetzigen Situation besonders gefragt, was bereits die Anerkennung der Systemrelevanz bestätigt hat.

    Wie sieht die Arbeit in Kanzleien derzeit grundsätzlich aus, sprich: Wie viel direkten Kontakt gibt es zu Klienten, wie viel wird vom Homeoffice ausgearbeitet?

    Weckbach: Wir haben unseren Kollegen in den Kanzleien bereits zu Beginn der Corona-Pandemie umfassende Informationen und Hinweise für ein Hygienekonzept an die Hand gegeben, verbunden mit dem Hinweis, die Kontakte und den Austausch auf das Notwendige zu beschränken. Bei allen Kontakten gelten die Hygiene- und Abstands-Empfehlungen, die wir auch hier in der Kammer umsetzen, um uns und unsere Mitglieder zu schützen. Diese Empfehlungen geben wir nach wie vor nach außen und arbeiten, soweit als möglich, aus dem Homeoffice. Der Arbeitsablauf in den Kanzleien dürfte, je nach personeller Besetzung und Terminplan, in Präsenz und dann mit den geltenden Regeln erfolgen oder nach Möglichkeit aus dem Homeoffice abgewickelt werden.

    Wie sieht es bei Gericht mit dem Ablauf von Gerichtsverhandlungen aus?

    Bernhard: Gerichtsverhandlungen finden grundsätzlich unter Einhaltung der geltenden Hygienevorgaben statt. Einzelne Gerichte verlangen eine Selbstauskunft, dass keine Covid-19- oder sonstige Erkrankung vorliegt. Im Übrigen wird auf ausreichend Abstand, regelmäßiges Lüften und natürlich das Tragen einer FFP2-Maske geachtet. Ob eine Gerichtsverhandlung in Präsenz oder womöglich per Video stattfindet, obliegt jedoch immer der Entscheidung des jeweiligen Richters.

    Zu den Personen: Dr. Thomas Weckbach ist Rechtsanwalt und Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München. Hans-Peter Bernhard ist Vorsitzender des Augsburger Anwaltvereins.

    Lesen Sie dazu auch: 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden