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Interview: Gegröhle zu "L'Amour toujours": Das rät die Augsburger Staatsanwaltschaft

Interview

Gegröhle zu "L'Amour toujours": Das rät die Augsburger Staatsanwaltschaft

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    Werden rechte Parolen gesungen, sollte man sich persönlich davon distanzieren und Verantwortliche aufsuchen, rät die Staatsanwaltschaft Augsburg.
    Werden rechte Parolen gesungen, sollte man sich persönlich davon distanzieren und Verantwortliche aufsuchen, rät die Staatsanwaltschaft Augsburg. Foto: Sophia Kembowski, dpa (Symbolbild)

    Herr Dobler und Herr Klatt, immer wieder wurden und werden zu dem Lied "L'Amour toujours" ausländerfeindliche Parolen gesungen. Zuletzt gab es im Reesepark wohl eine ähnliche Situation. Gibt es mehrere solcher Vorfälle im Raum Augsburg
    MARKUS KLATT: Zum Reesepark kann ich noch nichts sagen, nur so viel: Eine verängstigte Passantin hatte der Polizei mitgeteilt, eine Gruppe würde ausländerfeindliche Parolen rufen. Hierzu wird ermittelt. Im Februar sollen bei einer Faschingsfeier in einem Dorf im Landkreis Aichach-Friedberg zu dem Lied "L'Amour toujours" besagte Zeilen gesungen worden sein. Das wurde angezeigt. Doch die Begleitumstände und die Personengruppe konnten nicht ermittelt werden.

    Staatsanwalt Markus Klatt.
    Staatsanwalt Markus Klatt. Foto: Klatt

    Anders bei dem Vorfall in Landsberg, als beim Faschingsumzug von einer Landjugendgruppe "Ausländer raus" zu dem Partyhit gesungen wurde. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat hierzu aber unlängst die Ermittlungen eingestellt. Warum?
    KLATT: In Fällen wie diesen wird wegen Volksverhetzung nach Paragraf 130 im Strafgesetzbuch ermittelt. Darin geht es um das Aufstacheln zum Hass und darum, den öffentlichen Frieden zu stören. Hier handelte es sich um einen Faschingsumzug mit einer fröhlich feiernden Gesellschaft. Dann wurde dieses Lied gespielt und ein paar Menschen sangen diese Zeilen. Für uns ging es darum, in welchem Kontext diese Parolen und auf welchen Boden sie fielen und ob sie geeignet waren, zu Hass gegen Ausländer anzustacheln. Derartige Umstände konnten aber nicht festgestellt werden.


    ANDREAS DOBLER: Die rechtliche Bewertung von Straftaten, die durch Verbaläußerungen getätigt werden, ist oftmals problematisch. Das zeigt sich auch bei Kommentaren oder Provokationen in den sozialen Netzwerken. Auch hier überprüfen wir bei jedem Einzelfall, ob eine verbale Entgleisung mit strafrechtlicher Relevanz belegt werden kann. Es gibt aber Bereiche, wo man strafrechtlich letztendlich nicht hinkommt.

    Offenbar wie bei dem Vorfall in Landsberg. Was können Sie zu den Ermittlungen verraten?
    KLATT: Wir haben unter anderem geprüft, ob in dem Zusammenhang der Hitler-Gruß gefallen ist und Verherrlichendes gerufen wurde. Auch gab es staatsschutzrechtliche Überprüfungen. 

    Was bedeutet das genau?
    DOBLER: Dabei handelt es sich um eine Überprüfung durch die Polizei. Die Kollegen schauen sich die betreffende Person genauer an, recherchieren nach möglichen politischen Hintergründen und Motivationen.

    Lässt sich nun generell schlussfolgern, dass diese unschönen Parolen zu dem Lied künftig ohne Konsequenzen bleiben?
    KLATT: Nein, man kann nicht pauschal sagen, dass es nicht strafbar ist, dies mitzugrölen. Wie gesagt, jeder Einzelfall wird genau untersucht.

    Hinterlassen Einstellungen von Ermittlungen, wie diese, bei Ihnen einen faden Nachgeschmack?
    KLATT: Meiner Meinung nach singt man so etwas einfach nicht - auch wenn es in einer fröhlichen Stimmung passiert oder Alkohol getrunken wurde. Um ehrlich zu sein, ich persönlich fand es etwas frustrierend.


    DOBLER: Verständlicherweise bewegt es Menschen, wenn solche Vorfälle nicht weiter strafrechtlich verfolgt werden können. Die Staatsanwaltschaft hat den gesetzlichen Auftrag, Straftaten auf der Grundlage des geltenden Rechts zu verfolgen. Dabei ist es in einem Rechtsstaat jedoch auch hinzunehmen, wenn nach Abschluss der Ermittlungen verwerfliche Verhaltensweisen im Einzelfall die Grenze zur Strafbarkeit noch nicht überschritten haben.

    Oberstaatsanwalt Andreas Dobler.
    Oberstaatsanwalt Andreas Dobler. Foto: Dobler

    Manche Eltern sorgen sich, dass ihre Kinder beim Feiern in der Disco etwa, auch in diese Situation geraten könnten. Nämlich, dass zu dem Lied diese ausländerfeindlichen Parolen gegrölt werden. Was raten Sie? 
    DOBLER: Es ist sicherlich ein guter Ratschlag, sich von derartigen Entgleisungen persönlich zu distanzieren, um auch nicht selbst in den Fokus strafrechtlicher Ermittlungen zu geraten. Auch die Kontaktaufnahme zu einem Verantwortlichen der Feierlichkeit kann die Sachaufklärung erleichtern.

    Zur Person

    Oberstaatsanwalt Andreas Dobler (49) ist Leiter der Abteilung Jugendstrafsachen und Gewalt im sozialen Nahbereich und Kapitaldelikt sowie Pressesprecher der Behörde. Markus Klatt (40) ist Staatsanwalt als Gruppenleiter und u.a. zuständig für organisierte Kriminalität, politische Straftaten und NS-Straftaten.

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