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Interview: „Gastronomie wird in der Maxstraße zu wichtig“

Interview

„Gastronomie wird in der Maxstraße zu wichtig“

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    „Gastronomie wird in der Maxstraße zu wichtig“
    „Gastronomie wird in der Maxstraße zu wichtig“

    Stadtheimatpfleger: Das klingt harmlos und gemütlich. In Augsburg ist der Stadtheimatpfleger für Architektur aber oft auf vermintem Feld unterwegs. Architekt Hubert Schulz (72) traut sich das Ehrenamt trotzdem zu und hat es gerade neu übernommen. Wir sprachen mit ihm darüber, wie er die Aufgabe angehen will, wo er Probleme in der Stadt sieht und welche Lösungen er vorschlägt.

    Motivation Rein gesetzlich soll ein Heimatpfleger in Bayern Behörden in der Denkmalpflege beraten und unterstützen. Schulz dazu: „Der Denkmalschutz ist durch das Landesamt bestens abgedeckt, ich muss nicht auch noch ein

    Vorhaben Schulz verfolgt die Aktivitäten in der Stadtheimatpflege seit Jahrzehnten mit großem Interesse. Er geht davon aus, über wichtige Augsburger Themen schon jetzt gut informiert zu sein – auch über solche, die seiner Meinung nach bisher zu wenig thematisiert wurden. „In der Heimatpflege gibt es auch kulturpolitische Angelegenheiten, zu denen sich der Stadtpfleger äußern sollte“, findet er. Für diesen Bereich ist aber eigentlich Augsburgs Heimatpflegerin Martha Schad zuständig. „Ich kenne sie persönlich noch nicht, freue mich aber auf eine Zusammenarbeit“, sagt Schulz.

    Kunstmuseum Walter Ein aktueller Fall, der nicht einfach zu den Akten gelegt werden sollte, ist für Schulz das Museum

    Augsburger Probleme Als kritischen Punkt sieht Schulz die „zunehmende Kommerzialisierung“ der Stadt. Der Architekt war immer wieder in Venedig und hat dort die negativen Seiten dieser Entwicklung miterlebt. „In Augsburg stelle ich Vergleichbares fest.“

    Maxstraße Ein Beispiel nennt er in Zusammenhang mit den Umbauplänen für die Maximilianstraße. Sie gilt als eine der schönsten historischen Straßenzüge Europas. Schulz kritisiert, entlang der Straße seien sehr viele Flächen für Bewirtung vorgesehen. „Die Gastronomie zu einem so wichtigen Thema zu machen, finde ich schade.“ Er findet, dass Projekte, die sich Augsburg leisten will und kann, unbedingt Qualität haben müssen. Dazu zählen für ihn auch Events wie die Max-Feste.

    Max-Feste „Man muss die Finger nicht davon lassen, junge Leute wollen die Stadt auch erleben“, sagt Schulz. Er sieht aber Spielraum für Verbesserungen. Er plädiert dafür, das Umfeld der Feste aufzuwerten, etwa das Aussehen und die Aufstellung der Stände.

    Theater In diesem Fall sieht sich Schulz nicht in der Rolle eines Ratgebers, wie die Stadt aus dem Dilemma mit dem mehrfach verzögerten Containerbau herauskommen könnte. Eine grundsätzliche Meinung hat er aber: „Ich frage: Kann man in einer Bruchbude auch gutes Theater machen? Meine Antwort ist: ja“. Als Beispiel nennt er Projekte von Tänzerin und Choreografin Pina Bausch in Pariser Industriehallen. Besucher seien davon begeistert gewesen. Ein vorübergehender Wanderzirkus könne für ein Theater auch eine Chance sein.

    Komödie Auffällig findet der neue Stadtheimatpfleger die Tendenz in Städten, „Zentren“ zu bilden. Von diesem Trend sei offenbar auch das Theater Augsburg erfasst, das betriebswirtschaftliche Abläufe für ein Theaterzentrum mit Container anführe. Schulz findet dagegen: „Für eine Stadt und das städtische Leben können mehrere verteilte Attraktoren sinnvoll sein.“

    Fünffingerlesturm Für eine neue Treppe am historischen Turm hat schon der frühere Heimatpfleger Eberhard Hilbich Vorschläge gemacht. Sie wurden aber nicht realisiert. Stattdessen schwelt seit Jahren der Streit zwischen Stadt und Alt-augsburggesellschaft, ob die Treppe fertiggebaut werden darf oder nicht. Schulz glaubt derzeit nicht daran, dass er diesen Streitfall als Heimatpfleger endlich zu einem Ende bringen könnte. „Ich glaube, da ist so viel versucht worden, das geht über meine Möglichkeiten hinaus.“

    Bausünden Die Sünden der Augsburger Vergangenheit? Dazu schweigt sich der Architekt lieber diplomatisch aus. „Ich will nicht den Daumen heben oder senken, sondern zu Qualität beitragen“, sagt er.

    Moderne Architektur An moderner Architektur scheiden sich oft die Geister, besonders wenn moderne Bauten in eine historische, denkmalgeschützte Altstadt gesetzt werden sollen. Schulz erinnert, dass es diese Diskussionen nicht nur in Augsburg gibt, sondern in vielen Städten. Er sieht seine Aufgabe als Vermittler. Und er sieht sich als einen Spezialisten für schwierige Fälle. „Man muss die Leute da abholen, wo sie sind und Diskussionen anstoßen.“ Bei neuen Bauvorhaben hält er vor allem eine hohe Qualität für wichtig. Sein Credo: „Man muss hohen Respekt vor der Vergangenheit haben, aber in einer zeitgemäßen architektonischen Sprache antworten.“

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