Das Aus für die Hermann-Schmid-Akademie (HSA) wird zum Politikum. Schüler und Eltern wollen sich mit der geplanten Schließung der Privatschule zum Ende des Schuljahres nicht einfach abfinden. Sauer stößt den Betroffenen auf, dass es bereits Pläne für die künftige Nutzung des Schulgebäudes gibt. Geht es nach der städtischen Finanzreferentin Eva Weber und Schulreferent Hermann Köhler (beide CSU), dann soll die Stadt das erst 2015 eingeweihte Gebäude kaufen. Das Peutinger-Gymnasium könnte dann zum Start des Schuljahres 2021/22 dort einziehen. Eltern wie Melanie Harle sind über diese Pläne erbost.
Ihre Tochter besucht die fünfte Klasse der Rudolf-Diesel-Realschule – das ist eine von fünf privaten Schulen, die derzeit noch unter dem Dach der Akademie betrieben werden. Ihre Tochter habe sich in der Ganztagsklasse gut eingelebt, erzählt sie. „Es ist fast wie eine Familie.“ Dass die Schüler aus dieser Umgebung nun einfach herausgerissen und auf andere Realschulen verteilt werden sollen, findet die Mutter schlimm. Sie berichtet davon, dass Kinder geweint hätten, als sie von der Schließung der Schule erfahren haben. Melanie Harle fragt sich: „Wieso macht man sich bei der Stadt schon Gedanken darüber, wie man das Gebäude nutzt? Vielleicht sollte man sich erst mal um Schüler, Eltern und Lehrer kümmern.“ Die Eltern haben den Eindruck, dass Stadt und Freistaat nicht genug unternommen haben, um die Akademie zu retten. Mutter Sandra Buchwieser sagt, die Schüler und die engagierten Lehrer seien jetzt wohl „Bauernopfer“. Am Montagmorgen haben Schüler gegen das Aus protestiert.
Hermann-Schmid-Akademie: Aus für Augsburger Privatschule sorgt für Ärger
Der Ärger der Eltern richtet sich auch gegen die Augsburger CSU. Als die Nachricht von der Schließung der Schule am Freitag um 10 Uhr bekannt gegeben wurde, verschickte die CSU-Stadtratsfraktion nur eine knappe Stunde danach bereits eine Pressemitteilung mit dem Vorschlag, das Schulgebäude zu kaufen. Eva Weber und Hermann Köhler seien in dieser Sache bereits „im Hintergrund tätig“. Auch am Peutinger-Gymnasium war man bereits im Bilde. Das Gymnasium leidet seit längerer Zeit unter akuter Raumnot und ist sanierungsbedürftig. Schulleiter Stephan Lippold verschickte am Samstag umgehend ein Schreiben, in dem er die Eltern über eine „überaus erfreuliche Entwicklung“ informiert. Das Gymnasium könne, wenn der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung am 19. März zustimmt, schon in eineinhalb Jahren in ein Gebäude „mit großzügigen, modernen und neuwertigen Räumen“ umziehen, heißt es darin unter anderem. Er habe das Gebäude der Hermann-Schmid-Akademie bereits besichtigen können und halte es für geeignet.
Womöglich hat man sich am Peutinger-Gymnasium aber zu früh gefreut. Denn zumindest momentan zeichnet sich in der Politik noch keine Mehrheit für einen Kauf des Gebäudes ab. Im Regierungsbündnis aus CSU, SPD und Grünen gibt es eine Woche vor der Kommunalwahl deswegen Missstimmung. Der SPD-OB-Kandidat Dirk Wurm sagt, er könne das Vorpreschen der CSU in dieser Frage „überhaupt nicht nachvollziehen“. Zuerst müsse alles dafür getan werden, sich um Lösungen für die von dem Schul-Aus betroffenen Schüler und Lehrer zu kümmern. Die Frage, was mit dem Gebäude passieren soll, sei momentan zweitrangig.
Wurm sagt, man müssen intensiv prüfen, ob nicht zumindest die Real- und die Wirtschaftsschule weitergeführt werden können. Er könne sich zum Beispiel vorstellen, dass die Rudolf-Diesel-Realschule zur Außenstelle einer staatlichen Realschule wird. Zumindest so lange, bis alle Schüler regulär ihren Abschluss gemacht haben. Er geht davon aus, dass es schwierig wird, für die rund 180 Schüler, die betroffen sind, einen Platz an einer anderen Realschule zu finden. Es gebe hier ja ohnehin schon einen Mangel in der Region. Auch die Grünen wollen keine vorschnellen Entscheidungen. „Man sollte jetzt erst einmal in Ruhe mit allen Beteiligten sprechen“, sagt deren OB-Kandidatin und Stadtratsfraktionschefin Martina Wild.
Hermann-Schmid-Akademie: Eva Weber sieht ihre Partei zu Unrecht in der Kritik
Eva Weber, die für die CSU derzeit auch mitten im Wahlkampf um das OB-Amt steckt, sieht ihre Partei zu Unrecht in der Kritik. „Uns sind die betroffenen Eltern, Schüler und Lehrer sicherlich nicht egal“, sagt sie. Sie sehe aber momentan keine Möglichkeit, die Schule in ihrer bisherigen Form zu retten. Auch der Freistaat könne die Schule und deren Lehrer nicht einfach übernehmen und weiterführen. Weber sagt dazu: „So ehrlich muss man einfach auch sein.“ Das Aus sei die Entscheidung des privaten Schulträgers gewesen, er stehe dafür zunächst in der Verantwortung. Auch über die Zukunft des Schulgebäudes werde jetzt nicht überstürzt entschieden. Der Stadtrat solle am 19. März der Verwaltung lediglich einen „Prüfauftrag“ geben. Ein möglicher Kauf sei damit noch längst nicht beschlossene Sache. Es soll nun auch noch einmal einen runden Tisch mit Vertretern von Eltern, Stadt und Freistaat geben.
Die Förderverein der HSA hatte das Gebäude für rund 21 Millionen Euro gebaut, vor fünf Jahren wurde es bezogen. An der Schule werden derzeit rund 560 Schüler unterrichtet. 200 sollen zum Ende des Schuljahres noch ihren Abschluss machen können. 360 Schüler, davon etwa die Hälfte Realschüler, müssen sich indes eine neue Schule suchen. Bernd Buchhorn, der Ministerialbeauftragte für die Realschulen in Schwaben, versicherte bei einer Pressekonferenz am Freitag aber: „Wir werden sicherstellen, dass mit Beginn des neuen Schuljahres auch jeder Schüler einen neuen Platz hat.“
Die Verantwortlichen der Hermann-Schmid-Akademie sind derzeit im Fokus der Justiz. Im November haben Ermittler Büro- und Privaträume durchsucht, es geht um den Verdacht des Subventionsbetrugs. Prokuristin Nicole Schmid hat das Aus der Schule auch damit begründet, dass wegen der öffentlich bekannt gewordenen Vorwürfe nicht mehr genug Lehrkräfte gefunden werden konnten. Die Schule sei zu Unrecht in ein schlechtes Licht gerückt worden. Sollte sich der Verdacht des Subventionsbetrugs allerdings bestätigen, hätte die Schule wohl ohnehin ihre Betriebserlaubnis verloren. \u0009
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