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Handel: Ein Handwerk mit Tücken

Handel

Ein Handwerk mit Tücken

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    Bettina und Christian Geißlinger leiten ihre Bäckerei mit viel Herzblut.
    Bettina und Christian Geißlinger leiten ihre Bäckerei mit viel Herzblut.

    Bettina und Christian Geißlinger sprühen vor Energie und Leidenschaft, wenn sie von ihrem Betrieb erzählen. Seit 2009 führen sie zusammen mit Wolfgang Rager die Bäckerei Rager mit Sitz in Haunstetten und haben seitdem eine rasante Entwicklung hingelegt. Als das Paar das Geschäft von

    Was die Bäckerei Rager, die es seit 1877 gibt, vorlebt, ist in der Branche eher unüblich. Oft hört man von kleinen Bäckereien, die ihre Geschäfte mangels Nachfolger aufgeben oder Filialen aus wirtschaftlichen Gründen schließen. In den letzten zehn Jahren, so Georg Schneider von der Bäckerinnung Augsburg, sei die Anzahl der Bäckereien in der Stadt und im Landkreis um ein Drittel zurückgegangen. Heute sind in der Region noch rund 60 Backbetriebe bekannt – allerdings bei gleich bleibender oder leicht steigender Anzahl an Filialen.

    Eine andere Strategie gewählt

    Die Geißlingers können die Gründe für Filial- oder Geschäftsaufgaben nachvollziehen, haben für sich jedoch eine andere Strategie gewählt. Das zeigt sich deutlich daran, dass sie die Filiale der Bäckerei Laxgang in Lechhausen übernommen haben und mit einem Café als Nachfolger der Bäckerei Bauer in Inningen gestartet sind. Beide Läden waren von den Vorgängern aus unterschiedlichen Gründen aufgegeben worden.

    Rager versucht es nun mit einem anderen Ansatz. „Uns war beim Einstieg in die Geschäftsleitung von Rager klar, dass wir uns anders ausrichten müssen“, erzählt Bettina Geißlinger. „Das klassische Geschäft im Stadtteil, wo man nur reingeht, Brot kauft und wieder geht, funktioniert nicht mehr. Die Menschen wollen Frühstücken oder Kaffee trinken und das in ansprechendem Ambiente. Sie wollen auch am Mittag beim Bäcker um die Ecke das passende Angebot finden“, ergänzt ihr Mann. Dieses veränderte Kauf- und Konsumverhalten müsse man berücksichtigen, wenn man heute als kleiner, familiengeführter Betrieb konkurrenzfähig bleiben will.

    Deshalb entschieden sich die Geißlingers zum Umbruch – auf ganzer Linie. Christian Geißlingr schulte vom Polizist zum Bäckermeister um und stieg in den Betrieb ein. Weil er sich sicher war, dass er den Kunden vorwiegend über die Qualität an seine Bäckerei binden kann, verbannte er Fertigbackmischungen und industrielle Backmittel aus der Backstube und setzte auf frische, wenn möglich regionale Produkte. Unter seiner Führung arbeiten nur ausgebildete Fachkräfte in der Backstube, nur so gelinge es, handwerklich ordentlich zu arbeiten.

    Es wurde neu gebaut

    Weil Geißlingers in der alten und beengten Backstube von Rager kein Potenzial für die Zukunft sahen, wurde Auf dem Nol neu gebaut – samt großem Kaffeebereich. Ende 2013 wurde eröffnet. In diesem Zug wurde auch die Optik und die Arbeitskleidung des Verkaufspersonals modernisiert und für alle Filialen einheitlich. „Das sind Kleinigkeiten, die aber eine große Wirkung haben“, sagt Bettina Geißlinger.

    Mittlerweile hat das Unternehmen aus Sicht der Inhaber eine Betriebsgröße erreicht, die ein wirtschaftliches Arbeiten möglich macht, ohne ein Industriebetrieb zu sein. Das Konzept ist aufgegangen. Ein Selbstläufer war das aber nicht. „Das erste Jahr im neuen Laden in Haunstetten war hart. Da stand uns das Wasser oft bis zum Hals. Die Kundschaft ist sehr kritisch. Es hat gedauert, bis wir sie von den veränderten Produkten überzeugt und neue Kunden gewonnen hatten.“ Bettina Geißlinger stand teils selbst hinter der Theke und tut es heute noch. So bekam sie von Beginn an Kritik hautnah mit und sah auch, wie eigene Ideen im Praxistest scheiterten. „Das war oft sehr frustrierend. Aber am Ende der richtige Weg, das Konzept so anzupassen, bis es funktioniert“, erzählt die Chefin. Nicht aufzugeben sei harte Arbeit gewesen, zu der man sich immer wieder neu motivieren musste. „So eine Bäckerei ist eine Lebensaufgabe. Das hat mich immer wieder angetrieben“, erzählt ihr Mann. Und auch das Engagement der Mitarbeiter sei eine wichtige Säule auf dem Weg zum Erfolg gewesen. Dazu kam die Rückendeckung der Seniorchefs. „Ohne deren finanzielle und fachliche Unterstützung hätten wir das nie machen können“, ist Christian Geißlinger ehrlich.

    Wie es weitergeht bei Rager? Man wolle gesund wachsen, sagen die Inhaber und halten deshalb nach interessanten Standorten Ausschau. Allerdings nicht auf Biegen und Brechen. „Wir sind ein Handwerksbetrieb aus Leidenschaft und dabei soll es bleiben.“

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