Gastspiel

Kirchenmusik – neu erfunden

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    Eingebaut in das Mozartfest ist das Reformations-Jubiläum – eine auflichtende Erweiterung des Programmangebots, die aber die Bezüge der spezifisch augsburgischen Themen „Mozart/Reformation“ durchaus herstellt. Mozart in die abendländische Musiktradition zu stellen hebt ein Festival heraus aus der Präsentationen der Stars nach Glamour-Gesichtspunkten. Dies spricht nicht gegen solche Konzerte, doch wenn in einem engagierten, mit „Bildungsauftrag“ versehenen Projekt ebenfalls die Besten kommen, dann wird die Sache rund. Dass das Publikum damit erreicht werden kann, zeigte auch das zweite Konzert zum Thema „Reformation“. Bestens gefüllt war die Ulrichsbasilika beim Gastspiel des Windsbacher Knabenchors, das unter dem Titel „Wohl dem, der den Herren fürchtet“ Schätze lutherischer Musik darbot. Für Festivalleiter Simon Pickel war es „ein bewegendes Ereignis“ – er selbst sang elf Jahre in dem Chor.

    Das Repertoire der renommierten fränkischen Vokalisten ist prädestiniert für die protestantische Kirchenmusik, die sich mit der Reformation quasi neu erfinden musste. Von Nürnberg gingen die Impulse zahlreicher Komponisten aus, die sich ihrerseits von Einflüssen anderer europäischer Musikkulturen inspirieren ließen.

    Begleitet vom seidigen Klang des Instrumentalensembles Wunderkammer (zwei Violinen, Viola da Gamba, Posaune, Theorbe, Orgelpositiv) erklang unter der Leitung von Martin Lehmann ein Kompendium wichtiger Werke, die das neue Musikleben lebhaft darstellten. Es reichte von den berühmten Luther-Chorälen „Ein feste Burg ist unser Gott“ oder „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ in Sätzen von Hans Leo Haßler (der ja dann die Augsburger Musik prägte), Caspar Othmayr, Melchior Franck, Leonhard Lechner, über Motetten von Johann Erasmus Kindermann, Othmayr, Jakob Meiland bis zum heute noch bestens bekannten Johann Pachelbel, dessen aufwendig konstruierte Motette „Gott ist unser Zuversicht“ trostreich am Ende stand. Ein besonders bildstark schaffender Komponist war Johann Staden, der auch mit raffiniert hingetuschten Instrumentalstücken zu hören war. Und – auch Mozart schien auf, mit dem Kyrie KV 90, der Motette des Knaben „God is our Refuge“ KV 20 (!), die beide dem Renaissance-Klang nahestehen, bis zum Kyrie des „Zauberflötenchorals“, der als KV 620 schon ganz andere Zukunftstöne hören ließ.

    Der kompakt wie auch mit lichter Feinheit modellierte Chor musste sich einige Male mit der hallenden Akustik auseinandersetzen, doch zusehends wurde gerade diese in die besondere Aura des Abends eingebunden. Großer Applaus.

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