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Gastronomie: Tisch reserviert, niemand kommt: So gehen Wirte in der Region damit um

Gastronomie

Tisch reserviert, niemand kommt: So gehen Wirte in der Region damit um

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    Wer eine Tisch-Reservierung ohne Absage platzen lässt, muss unter Umständen eine Kompensation an das Restaurant zahlen.
    Wer eine Tisch-Reservierung ohne Absage platzen lässt, muss unter Umständen eine Kompensation an das Restaurant zahlen. Foto: Christin Klose, dpa-tmn

    Als in seinem Gasthaus wieder einmal ein Tisch leer blieb, der eigentlich reserviert war, platzte Helmut Hengelmann der Kragen. 20 Gäste hatten sich für diesen Abend im "Kappeneck" angekündigt - neun erschienen. Hengelmann kochte. Zumindest innerlich. Wie er sich gefühlt haben muss, wird in dem Facebook-Post deutlich, den der Gastwirt kurz darauf veröffentlichte. Da ließ er Dampf ab. Das Resultat: 100 Likes und viele Kommentare.

    "No Show" bedeutet für Gastwirte oftmals Umsatzausfälle

    Erst reservieren und dann nicht erscheinen - in der Gastronomie heißt dieses Phänomen "No Show". "Das passiert leider immer öfter. Und das macht es so problematisch", sagt Hengelmann. "Meinen Kollegen geht es allen genauso, aber kaum einer äußert sich. Sie haben Angst, Gäste zu vergraulen."

    Das Kappeneck liegt in der Augsburger Jakobervorstadt, es bietet schwäbische Küche. Seit 13 Jahren ist Hengelmann an diesem Gasthaus beteiligt, seit 2017 Geschäftsführer. Eigentlich nehme er gerne Reservierungen entgegen, auch für große Gruppen. Aber er rechne immer mit einem Minus. Seine Schätzung: Etwa 30 Prozent der Gäste, die reservieren, erscheinen nicht.

    Wenn er Pech hat, bleiben deren Stühle den ganzen Abend über unbesetzt. "Das ist für die Gastronomie tödlich", sagt der Kappeneck-Chef. Doch warum platzen so viele Reservierungen? "Es ist den Leuten egal. Viele denken sich: Was will denn der Gastwirt? Der kriegt seinen Hals nicht voll. Aber es ist wichtig für mich, dass ich meinen Umsatz kalkulieren kann."

    Die Dehoga bittet: Pünktlich erscheinen oder früh absagen

    Pünktlich erscheinen - oder so früh wie möglich absagen. Das wünscht sich der Hotellerie- und Gaststättenverband Dehoga von seinen Kunden. Sonst entstehe für den Gastwirt oft ein "nicht unerheblicher Schaden", erklärt Dehoga-Sprecherin Stefanie Heckel. Sie bestätigt: "No-Shows, also Nichterscheinen oder sehr kurzfristige Absagen, haben in letzter Zeit zugenommen."

    Den Gästen sei oft nicht bewusst, mit welchem Aufwand die Auslastungsplanung eines Restaurants verbunden ist, sowohl finanziell wie organisatorisch. Für den Augsburger Gastronomen Hengelmann bedeutet der Betrieb der Gastwirtschaft viel "Papierkram", Rechnungen, Einkäufe, das Gehalt der Angestellten und sein eigenes.

    Kappeneck-Betreiber: "Sind pingeliger geworden mit Reservierungen"

    "Ich habe schon gar kein Interesse mehr an Weihnachtsfeiern", sagt der Chef des Kappenecks. Im Advent beginnt wieder die Saison der großen Tisch-Reservierungen, der Betriebs- und Vereinsfeiern kurz vor Weihnachten. Aber Hengelmann zieht Konsequenzen. "Ich bin nicht mehr gewillt, alles mitzumachen. Ich nehme zum Beispiel keine Eltern-Stammtische mehr an. Und wir sind pingeliger geworden mit Reservierungen."

    Das heißt: Er hakt nach, holt Bestätigungen ein, telefoniert den Reservierungen hinterher. Doch Hengelmann erklärt auch, dass er für viele Absagen Verständnis habe. "Gerade jetzt in der Grippe-Saison, das ist doch klar." Und am Ende müssen sich immer diejenigen vor dem Wirt rechtfertigen, die erschienen sind.

    Dehoga-Sprecherin Stefanie Heckel erklärt, wen "No Show" am härtesten trifft: "Insbesondere für kleinere Restaurants mit einem besonders hochwertigen Speisenangebot, mit langen Reservierungszeiten und fehlender Laufkundschaft sind leere Tische besonders ärgerlich."

    Oft sei es nicht möglich, frei gewordene Tische spontan an andere Gäste zu vergeben. Wie stark sich der Umsatzausfall tatsächlich auf Bilanzen auswirkt, kann Heckel nicht benennen: "Konkrete Zahlen dazu liegen uns dazu nicht vor."

    Manche verlangen Storno-Gebühren für geplatzte Reservierungen

    Heckel sagt: "Wie ein Gastronom mit No Shows oder kurzfristigen Absagen umgeht, liegt in seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit." Da aber der Kostendruck in der Branche weiter steigt, sähen sich viele Betriebe gezwungen, zu reagieren. "Einige Gastronomen bitten um eine Anzahlung oder haben Stornogebühren eingeführt." Entscheidend ist dabei, wie früh der Tisch abgesagt wurde. Der Unternehmer muss den Gast auch schon bei der Reservierung darüber aufklären, welche Konsequenzen drohen. "Auf jeden Fall ist beim Umgang mit Stornogebühren in Restaurants gutes Fingerspitzengefühl hilfreich. Denn Stammgäste will kein Unternehmer verlieren."

    Das Hotel und Restaurant „Untere Mühle“ liegt im ländlichen Raum, in Schwabmühlhausen bei Schwabmünchen. Auch hier passiert es gelegentlich, dass eine große Reservierung kurzfristig platzt. „Für uns ist das Problem nicht so gravierend. Aber es kommt immer wieder vor, dass Gäste sich nicht einmal telefonisch abmelden“, sagt Heike Biechele, die Wirtin des Familienbetriebs. „Das ist ärgerlich, weil wir mit jedem Gast rechnen - gerade auf dem Land.“

    Auch Storno-Gebühren scheinen nicht zu helfen

    "Wir nehmen keine Reservierungen ohne Telefonnummer an", sagt Heike Biechele. Auf der Homepage ihres Restaurants steht ein Hinweis: Entsteht durch "No-Show" ein Schaden für das Restaurant, erhebt die Untere Mühle eine Gebühr von 15 Euro pro Person.

    Meldet sich eine Gruppe am Tag der Reservierung ab oder erscheint nicht, wird ein Betrag "in Höhe von 100 Prozent des zu erwartenden Umsatzes" fällig. Berechnungsgrundlage: das günstigste Hauptgericht auf der Speisekarte. Auf der Homepage steht als Hinweis ein Paragraf aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) notiert: § 280, Schadensersatz.

    Der Schaden ist dann am größten, wenn Kunden ein Menü vorbestellen, wenn der Einkauf schon gemacht ist - und die Gäste dann nicht erscheinen. Heike Biechele erinnert sich an einen Fall: Eine Gruppe hatte bei der Reservierung Tomahawk-Steaks bestellt. Riesensteaks, pro Stück fast ein Kilogramm. Doch die Gäste tauchten nicht auf.

    Familie Biechele stellte ihnen zwar die Kosten in Rechnung, aber das Geld habe sie nie erhalten, sagt die Wirtin - nicht einmal eine Entschuldigung. „Nach der zweiten Mahnstufe haben wir es von uns aus eingestellt. Es ist eh hoffnungslos. So eine Stornierungsrechnung zahlt am Ende meistens der Wirt. Wenn Gäste nicht kommen, kommen sie einfach nicht.“

    Sie interessieren sich für die Augsburger Gastro-Szene? Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast an.

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