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Fliegerbombe: Vor der Entschärfung: Das sagte der Chef der Sprengmeister

Fliegerbombe

Vor der Entschärfung: Das sagte der Chef der Sprengmeister

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    Andreas Heil, Geschäftsführer der Kampfmittelräumfirma Tauber.
    Andreas Heil, Geschäftsführer der Kampfmittelräumfirma Tauber. Foto: Silvio Wyszengrad

    Ihnen drückt Augsburg jetzt ganz fest die Daumen: Zwei Sprengmeister werden am Nachmittag die 1,8-Tonnen-Bombe entschärfen, die vor 72 Jahren nahe dem Jakobertor abgeworfen worden ist.

    Wenn sie wie geplant gegen 14 Uhr mit ihrer Arbeit beginnen, soll die Stadt in einem Umkreis von 1,5 Kilometern möglichst menschenleer sein. Auf den beiden Mitarbeitern der Kampfmittelräumfirma Tauber lastet ein enormer Druck. Die Bombe hat eine große Sprengkraft. Explodiert der komplette Sprengstoff, dann würden im näheren Umkreis die Häuser zerstört, in einem Umkreis von vielen hundert Metern würden wohl Dächer abgedeckt werden und Fensterscheiben zerbersten.

    Haben die Zünder schon angeschlagen oder nicht?

    Als Sprengmeister brauche man ein „dickes Fell“, sagt Andreas Heil, der Geschäftsführer der Kampfmittelräumfirma. Die Mitarbeiter, die mit dieser Aufgabe betreut würden, seien „psychisch absolut stabil“. Das werde auch immer wieder getestet. Es ist kein Lehrberuf – man benötige aber eine langwierige Ausbildung, sehr viel Erfahrung und viele Fortbildungen.

    Die Sprengmeister werden, sobald die Evakuierung abgeschlossen ist, die Zünder zunächst mit höchster Vorsicht säubern. Die Bombe lag auf dem Grundstück in der Jakoberwallstraße relativ nahe an der Oberfläche. Die drei Zünder seien deshalb relativ stark verrostet, heißt es. Spezielle Schutzkleidung werden die Sprengmeister nicht tragen: Ab fünf Kilo Sprengstoff bringe das im Fall einer Explosion nichts mehr, sagt Heil.

    Unter anderem setzen die Sprengmeister Öl ein, um die Zünder säubern und besser lösen zu können. An jedem Zünder muss zunächst eine Mutter gelöst werden. „Man schaut sich den Zünder genau an und entscheidet dann, wie man ihn entfernt“, sagt Andreas Heil. Eine entscheidende Frage dabei ist: Haben die Zünder schon angeschlagen oder nicht? Woran es liegt, dass die Bombe nicht explodierte, sei unklar, solange man sie noch nicht untersucht hat: Möglicherweise habe die Entsicherung der Zünder nicht funktioniert, aber auch Fabrikationsfehler oder sogar Sabotage seien möglich, so Heil. Nach der Entschärfung der drei bis jetzt sichtbaren Zünder wird die Bombe sicherheitshalber noch angehoben, um eventuelle weitere zu finden. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass weitere Zünder an dem Sprengkörper lauern.

    Die Bombe ist mit rund 1,5 Tonnen Sprengstoff beladen

    Bei der Bombe handelt es sich um eine sogenannte Luftmine, die nach Angaben des Augsburger Luftkriegsforschers Hans Grimminger in der „Augsburger Bombennacht“ vom 25. auf den 26. Februar 1944 abgeworfen worden sein muss. Bei dem Angriff auf Augsburg starben seiner Zählung zufolge über 800 Menschen.

    Die Luftmine ist 1,8 Tonnen schwer und mit rund 1,5 Tonnen Sprengstoff beladen. Die auch als „Wohnblockknacker“ bezeichneten Bomben sollten kurz vor dem Boden explodieren. Auf die von der Druckwelle abgedeckten Dächer wurden dann Brandbomben geworfen. Britische Bomber vom Typ Lancaster warfen die Luftminen ab. In der Bombennacht wurden laut Hans Grimminger 336 dieser Bomben mit der offiziellen Bezeichnung „HC 4000 lb“ in Augsburg eingesetzt.

    Wäre die Bombe explodiert, wäre das eine Katastrophe gewesen

    Experte Andreas Heil sagt: Wäre die Bombe bei den Baggerarbeiten für eine Tiefgarage explodiert, wäre das eine „absolut große Katastrophe“ gewesen. Arbeiter hatten den Sprengkörper am Dienstagnachmittag entdeckt. Heil sagt, jeder, der sich über die Unannehmlichkeiten am ersten Weihnachtsfeiertag ärgere, solle sich vor Augen führen, dass man froh sein müsse, „dass es nicht geknallt hat“. Die Größe der Bombe sei "außergewöhnlich", die Aufgabe sei aber dennoch beherrschbar. Eine kontrollierte Sprengung sei wegen der großen Sprengkraft kein Thema.

    Sollte alles nach Plan ablaufen, kalkulieren die Entschärfer mit einer Zeit von mindestens einer Stunde, die sie benötigen. Dann könnte die Evakuierung von rund 54.000 Augsburgern bereits am späten Nachmittag wieder aufgehoben werden. Konkrete Angaben zur Zeitdauer machen die Entschärfer aber nicht. Alleine die beiden Sprengmeister bestimmen Zeitplan. Sie sollen keinesfalls unter Zeitdruck gesetzt werden. Eventuell müssen sie zwischendurch auch eine Pause einlegen. Sollte der Zeitplan eingehalten werden, dann ist aber noch kein Feierabend: Für einen der beiden Mitarbeiter steht heute eventuell noch eine zweite Entschärfung außerhalb Augsburgs an.

    Nach der Entfernung der Zünder wird die Bombe im Lauf der kommenden Woche mit einem Lkw abtransportiert. Die Zünder mit ihren Auslöse-Ladungen werden die Sprengmeister vor Ort kontrolliert zur Explosion bringen. Das bedeutet, dass es drei kleine Detonationen geben wird, die aber keine Gefahr darstellen.

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    Wir berichten im News-Blog über alle aktuellen Entwicklungen zur in Augsburg gefundenen Fliegerbombe.

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