Der Kreisvorsitzende der AfD, Thomas Lis sagt: „Wir sind selbst überrascht, dass es so gut gelaufen ist.“ Gerade in Bayern hätte seine Partei mit mehr Konkurrenz gerechnet. Doch in Augsburg hat zum Beispiel die CSU heftig an Stimmen verloren – sie erreichte nur 34,7 Prozent (2009: 46,8). Auch die FDP ist geschrumpft. Gewonnen hat die SPD, aber vor allem die AfD.
Die Protestwahl Erfolg und Misserfolg liegen womöglich nahe zusammen. Der Augsburger Politikwissenschaftler Rainer-Olaf Schultze glaubt, dass der „Ja, aber-“Wahlkampf der CSU dazu geführt hat, dass die Menschen das europakritische „Original“ gewählt haben – die AfD – und nicht die CSU. „Die Europawahl ist auch eine Protestwahl“, sagt er. Weil sie von vielen als weniger wichtig betrachtet werde, würden die Bürger eher einmal eine andere Partei wählen. Sie unterschätzen jedoch möglicherweise die Folgen, sagt Schultze.
Die Forderungen der "Alternative für Deutschland"
Die im April 2013 gegründete Partei "Alternative für Deutschland" richtet sich vor allem gegen den Euro als Gemeinschaftswährung.
Die AfD fordert "eine geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebietes."
Gefordert wird auch "die Wiedereinführung nationaler Währungen oder die Schaffung kleinerer und stabilerer Währungsverbünde."
Die Wiedereinführung der DM dürfe kein Tabu sein.
"Wir fordern eine Änderung der Europäischen Verträge, um jedem Staat ein Ausscheiden aus dem Euro zu ermöglichen", heißt es weiter.
Die Partei will außerdem, "dass Deutschland dieses Austrittsrecht aus dem Euro erzwingt, indem es weitere Hilfskredite des ESM mit seinem Veto blockiert."
Und weiter: "Wir fordern dass die Kosten der sogenannten Rettungspolitik nicht vom Steuerzahler getragen werden. Banken, Hedge-Fonds und private Großanleger sind die Nutznießer dieser Politik. Sie müssen zuerst dafür geradestehen".
Der Spiraleffekt Hat eine Partei einmal Erfolg, verschafft ihr das Auftrieb. Für Augsburg könnte das bedeuten: „Ohne den Erfolg bei der Kommunalwahl hätte die AfD sicher eine schlechtere Ausgangsbasis gehabt“, sagt Schultze. Die Partei hatte im März vier Sitze im Stadtrat geholt. Das ist eine erste mögliche Erklärung für den Erfolg.
Die Organisation Aus Sicht von AfD-Chef Lis hat die Partei in Augsburg „ihr Potenzial schon besser genutzt“ als anderswo. Das könnte daran liegen, dass der Kreisverband gut aufgestellt sei: „Wir haben fünf bis sechs Leute, die sich praktisch in Vollzeit um den Wahlkampf kümmern konnten.“ Lis ist selbstständig, sein Partei-Kollege Markus Bayerbach hatte zufällig ein Sabbat-Jahr. Der Einsatz hat sich offenbar gelohnt.
Die Stimmenzahl In Prozenten hat die AfD besonders deutlich zugelegt. Von 5,4 Prozent bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr kletterte ihr Anteil auf 10,4 Prozent bei der Europawahl. Blick man auf die Zahl der Stimmen, hat die AfD in Augsburg nur leicht zugelegt: 6233 Stimmen (Bundestag) stehen 7078 Stimmen bei der Europawahl gegenüber. Hier schlägt die um fast 30 Prozent niedrigere Wahlbeteiligung zu Buche, die zu einem höheren Prozent-Ergebnis führt. Während die AfD ihr Stimmenergebnis leicht ausgebaut hat, stürzte die CSU in der Stadt von 50572 (Bundestag) auf 23674 (Europa) ab.
Sorge um den eigenen Wohlstand
Die Wähler Politikwissenschaftler Schultze hat die Europawahl nicht auf Augsburger Ebene analysiert. Doch generell sieht er zwei AfD-Wählergruppen: Menschen, die sich als Verlierer der Globalisierung und des wirtschaftlichen Zusammenwachsens in Europa fühlen. Und bürgerliche Wählerschichten, die aufgrund der Krisenpolitik der Europäischen Union (Stichwort: Hilfen für Griechenland) um ihren Wohlstand fürchten.
„Die einfachen Parolen der AfD stoßen dort auf Resonanz“, sagt Schultze. Das könnte die Ergebnisse der europakritischen Partei in bürgerlichen Stadtteilen wie Göggingen, Haunstetten oder auch der Hammerschmiede erklären. Sie liegt dort bei 12 Prozent. Massiv eingebüßt hat in diesen Gebieten meist die CSU, auch die FDP verlor. Auch im Speckgürtel rund um Augsburg schnitt die AfD ebenfalls gut ab – in Königsbrunn und Gersthofen erreichte sie 13 Prozent. Die AfD-Hochburg in der Stadt ist der Bärenkeller (13,7 Prozent).
Die anderen Unter ganz anderen Vorzeichen betrachtet die Augsburger CSU das Wahlergebnis. Auch wenn es seine Partei anderswo noch schlimmer erwischte, will der stellvertretende Kreisvorsitzende Volker Ullrich das Ergebnis genau analysieren – nicht nur mit Blick auf die AfD, sondern auch mit Blick auf die Grünen.