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Ermittlungen: Augsburger Polizistenmord bei "Aktenzeichen XY"

Ermittlungen

Augsburger Polizistenmord bei "Aktenzeichen XY"

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    Immer wieder durchsuchte die Polizei nach dem Mord an Mathias Vieth das Gelände rund um den Tatort im Siebentischwald.
    Immer wieder durchsuchte die Polizei nach dem Mord an Mathias Vieth das Gelände rund um den Tatort im Siebentischwald. Foto: dpa

    Auch am gestrigen Freitag hat die Polizei bei ihren Ermittlungen zum Polizistenmord nochmals das Gelände im Bereich Hochablass durchkämmt. Sowohl am Kuhsee als auch am Bahndamm in Hochzoll waren Mannschaften unterwegs. „Es gibt aber weiter keine heiße Spur“, heißt es aus dem

    Was den aktuellen Ermittlungsstand betrifft, hält sich die Polizei weiter bedeckt. Hinter vorgehaltener Hand ist aber zu hören, dass die Ermittlungen ins Stocken geraten sind. Zur Frage, ob es sich bei einer am Tatort gefundenen Pistole um die Tatwaffe handelte und ob DNA-Spuren und Fingerabdrücke gesichert wurden, herrscht weiter Unklarheit. Bisher hatte die Polizei immer gesagt, man warte noch auf entsprechende Gutachten. Gestern gab es auch dazu keine Angaben mehr, was darauf hindeuten könnte, dass entsprechende Gutachten vorliegen. Inhalt: streng geheim.

    Der Fall im Fernsehen

    Am kommenden Mittwoch soll der Fall in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ vorgestellt werden. Offenbar ist geplant, den Mord an erster Stelle der Sendung mit einem Augsburger Kripo-Beamten als Studiogast zu bringen.

    Nicht bestätigt werden Spekulationen, nach denen es sich bei den Tätern um organisierte Kriminelle mit osteuropäischem Hintergrund gehandelt haben könnte. Offenbar ist das aber ein Ermittlungsansatz. Am Tatort aufgefundene Munition scheint zu einer osteuropäischen Waffe zu passen. Sollten die Täter aus dem Milieu der Russenmafia stammen, dürfte es für die Polizei schwierig werden, dort Tipps zu erhalten. „Verräter“ werden mitunter grausam bestraft.

    Unterdessen wurden gestern nochmals weitere Details aus der Tatnacht bekannt. Wie berichtet funkten Polizist Mathias Vieth und seine 30-jährige Kollegin um 2.49 Uhr, dass sie das Motorrad verfolgen. Drei Minuten später informierten die Beamten die Einsatzzentrale, dass die Verfolgungsjagd über den Hochablass geht. Um 2.53 Uhr meldeten sie die Schießerei im Siebentischwald.

    Der Schusswechsel scheint mehrere Minuten gedauert zu haben. Mathias Vieth wurde wohl von etlichen Schüssen getroffen, darunter auch im Kopfbereich. Bestätigt ist das nicht. Gesichert ist aber, dass die Kollegin um 2.58 Uhr die Einsatzzentrale darüber informierte, dass ihr Kollege verletzt ist. Kurz darauf traf Verstärkung und ein Rettungswagen ein. Um 3.19 Uhr berichtete ein Beamter der Einsatzzentrale, dass Mathias Vieth gestorben sei.

    Trauerbeflaggung an allen staatlichen Gebäuden

    Der Mord am Augsburger Polizisten Mathias Vieth

    Der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth wird am frühen Morgen des 28. Oktober 2011 im Augsburger Siebentischwald von unbekannten Tätern erschossen.

    Der Streifenbeamte und seine Kollegin wollen an diesem Freitagmorgen gegen drei Uhr auf einem Parkplatz am Augsburger Kuhsee ein Motorrad mit zwei Männern kontrollieren.

    Die beiden Verdächtigen flüchten sofort in den nahen Siebentischwald, die Beamten nehmen mit ihrem Streifenwagen die Verfolgung auf.

    Im Wald stürzen die Motorradfahrer. Dann kommt es zu einem Schusswechsel zwischen Beamten und Tätern. Der 41-jährige Polizeibeamte wird trotz Schutzweste tödlich am Hals getroffen, seine Kollegin durch einen Schuss an der Hüfte verletzt.

    Die Täter flüchten. Eine anschließende Großfahndung, an der sich mehrere hundert Polizeibeamte beteiligen, bleibt ohne Erfolg.

    Die Augsburger Polizei richtet noch am gleichen Tag eine Sonderkommission ein. Der Soko "Spickel", benannt nach dem Augsburger Stadtteil, in dem die Tat geschah, gehören zunächst 40 Beamte an.

    Zwei Tage nach dem Polizistenmord geben die Ermittler bekannt, dass das Motorrad der beiden Täter in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2011 im Stadtgebiet von Ingolstadt gestohlen worden war. Dabei wurde die rund 15 Jahre alte Honda kurzgeschlossen.

    Drei Tage nach dem tödlichen Schusswechsel rückt die Polizei erneut mit einem Großaufgebot im Augsburger Spickel an. Taucher von Polizei und Feuerwehr suchen in den Kanustrecken des Eiskanals nach Gegenständen.

    Am 3. November wird Mathias Vieth bestattet. Am gleichen Tag stockt die Polizei die Soko "Spickel" auf 50 Beamte auf. Zugleich wird die Belohnung, die zur Aufklärung des Polizistenmordes ausgesetzt ist, auf 10.000 Euro erhöht.

    Ein Abgleich von DNA-Spuren, die am Tatort gesichert werden konnten, mit der bundesweiten DNA-Datenbank ergibt laut Polizei keinen Treffer.

    Am 7. November findet im Augsburger Dom die offizielle Trauerfeier für Mathias Vieth statt. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nimmt an ihr teilt.

    Zehn Tage nach dem Augsburger Polizistenmord greift die Sendung "Aktenzeichen XY" den Fall auf. Zwar gehen daraufhin mehrere Hinweise ein, eine heiße Spur ist aber nicht darunter.

    Dezember 2011: Die Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, wird auf insgesamt 100.000 Euro erhöht.

    Am 29. Dezember 2011 nimmt die Polizei in Augsburg und Friedberg zwei Verdächtige fest. Es handelt sich um die Brüder Rudi R. (56) und Raimund M. (58). Schnell wird bekannt: Der Jüngere hat bereits 1975 einen Augsburger Polizisten erschossen.

    Nach der Festnahme entdecken die Fahnder etliche Waffen und auch Sprengstoff. Belastet wird einer der Verdächtigen durch DNA-Spuren, die am Tatort gefunden wurden.

    Auf die Spur der beiden Männer kamen die Ermittler über ein Fahrzeug. Der Wagen war in Tatortnähe beobachtet worden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die beiden Brüder des Öfteren mit diesem Wagen unterwegs waren.

    Mitte Januar ergeht auch Haftbefehl gegen die Tochter von Raimund M.. Bei ihr wurden Anfang Januar drei Schnellfeuergewehre und acht Handgranaten gefunden, die ihr Vater und dessen Bruder Rudi R. versteckt haben sollen.

    Im Juli 2012 wird die Tochter von Raimund M. verurteilt. Das Gericht spricht sie wegen Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffengesetz, wegen Geldwäsche, Hehlerei und Diebstahl schuldig.

    August 2012 Die Augsburger Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen die Brüder Raimund M., 60, und Rudi R., 58, wegen Mordes am Polizisten Mathias Vieth. Außerdem listet die Anklage fünf Raubüberfälle auf.

    Es zeichnet sich ein Mammutprozess ab. Das Landgericht Augsburg setzt mehr als 49 Verhandlungstage an.

    21. Februar 2013: Der Mordprozess gegen die Brüder beginnt unter großen Sicherheitsvorkehrungen - und mit einem Eklat. Rudi R. beschimpft den Staatsanwalt als "Drecksack".

    August 2013: Das Gericht hat den Mordkomplex abgearbeitet und beginnt mit der Beweisaufnahme zu den Raubüberfällen. Viele Beobachter rechnen mit einem Mordurteil.

    September 2013: Ein Gutachter stellt fest, dass sich M.s Gesundheitszustand nach 15-monatiger Isolationshaft so verschlechtert hat, dass er verhandlungsunfähig ist.

    November 2013: Das Gericht setzt den Prozess gegen M. aus. Er bleibt vorerst in Haft. Gegen seinen Bruder Rudi R. wird normal weiterverhandelt.

    Februar 2014: Rudi R. wird zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht sieht bei ihm eine besondere Schwere der Schuld und ordnet die anschließende Sicherungsverwahrung an.

    September 2014: Der neue Prozess gegen Raimund M. beginnt.

    Februar 2015: Der Bundesgerichtshof bestätigt das Augsburger Urteil gegen Rudolf R.

    Auf der Beerdigung am Donnerstag ließ seine Witwe allen anwesenden Beamten ausrichten, dass diese alles richtig gemacht hätten. Am Montag um 15 Uhr wird es im Dom einen öffentlichen Trauergottesdienst geben, den Bischof Konrad Zdarsa zelebriert. Alle Bürger, die kommen möchten, sind eingeladen. Neben Innenminister Joachim Herrmann wird Polizeipräsident Gerhard Schlögl im Anschluss an die Trauerfeier eine Rede halten.

    Alle bayerischen Polizeiverbände werden Vertreter zum Gottesdienst schicken. Es wird mit mehr als 1500 Besuchern gerechnet. Vor und nach dem Gottesdienst sind um den Dom herum Verkehrsbehinderungen zu erwarten. Alle Busse und Straßenbahnen der Stadtwerke werden kurz vor 15 Uhr eine Haltestelle anfahren und dort für eine Gedenkminute stehen bleiben. Ministerpräsident Horst Seehofer hat für Montag Trauerbeflaggung an allen staatlichen Gebäuden angeordnet. Auch in anderen Bundesländern – etwa Schleswig-Holstein – wehen die Flaggen auf halbmast. Vor dem Bayern-Spiel am Sonntag wird es in der SGL-Arena eine Schweigeminute geben. FCA und FC Bayern haben gemeinsam eine Solidaritätsaktion geplant.

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