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Prozess in Augsburg: Dreifacher Mordversuch mit Molotowcocktail? Augsburger steht vor Gericht

Prozess in Augsburg

Dreifacher Mordversuch mit Molotowcocktail? Augsburger steht vor Gericht

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    Einem 59-Jährigen wird vorgeworfen, eine Nachbarswohnung in Brand gesetzt zu haben.
    Einem 59-Jährigen wird vorgeworfen, eine Nachbarswohnung in Brand gesetzt zu haben. Foto: Peter Fastl

    Er kletterte über ein Fenster seiner Augsburger Wohnung auf ein Vordach, das bis zum benachbarten Mehrparteienhaus reicht. Bis hin zu einer Stelle, an der im ersten Stock drei Männer in einer Wohnküche saßen. Er hatte etwas dabei: eine Drei-Liter-Flasche Wodka, zur Hälfte gefüllt mit Benzin. Als er das Benzin durch das offene Fenster schüttete, die Flasche hinterher warf und mit Streichhölzern hantierte, stieß einer der Männer in der Wohnung den ungebetenen Gast zurück, schloss das Fenster und lief mit den beiden anderen aus der Wohnung. So schildert zumindest die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift die Ereignisse, die sich im Juli vergangenen Jahres in Lechhausen abgespielt haben sollen. Oleg G., 59 Jahre alt, soll an diesem Tag versucht haben, ein Feuer im Nachbarhaus zu legen, er soll versucht haben, die drei Männer in der Wohnung mit einem Molotowcocktail zu ermorden. War es so?

    Der Mann, der in Häftlingskluft in den Gerichtssaal des Landgerichtes Augsburg geführt wird, ist für die Justiz ein unbeschriebenes Blatt.
    Der Mann, der in Häftlingskluft in den Gerichtssaal des Landgerichtes Augsburg geführt wird, ist für die Justiz ein unbeschriebenes Blatt. Foto: Peter Fastl

    Die Staatsanwaltschaft wertet das Geschehen nach den Ermittlungen der Kriminalpolizei als versuchten Mord in drei Fällen; Oleg G. sitzt seit Monaten in Untersuchungshaft. Seit Donnerstag läuft der Prozess gegen ihn. Der Mann, der in Häftlingskluft in den Gerichtssaal des Landgerichtes Augsburg geführt wird, ist für die Justiz ein unbeschriebenes Blatt. Geboren in der früheren Sowjetunion, mal Schweißer gelernt, später als Straßenbahnfahrer gearbeitet, die letzten Jahre bis zu einer Verletzung in einer Gießerei gearbeitet, seit 2019 arbeitslos. So schildert er es. Zwei Mal verheiratet war er, zu zwei erwachsenen Kindern, die in Russland leben, habe er guten Kontakt. Zu den Vorwürfen gegen ihn selbst sagt Oleg G.: nichts. Sein Mandant, sagt Verteidiger Jörg Seubert, werde zunächst keine Angaben zur Sache machen.

    Prozess in Augsburg: Mann soll versucht haben, Nachbarn umzubringen

    Es ist ein zäher Prozessbeginn, außer der Anklageverlesung durch Staatsanwalt Thomas Junggeburth passiert zunächst nicht viel. Der Angeklagte habe die drei Männer „heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln“ töten wollen und auch in Kauf genommen, dass das Feuer vollständig auf das von weiteren Menschen bewohnte Haus übergreife. Oleg G. soll versucht haben, vier Streichhölzer zu entzünden, was aber der Anklage zufolge scheiterte.

    Die drei Männer, die der Angeklagte den Ermittlungen zufolge umbringen wollte, sind als Zeugen geladen, doch keiner erscheint am Donnerstag zum Termin. Einer von ihnen hat offenbar weder eine aktuelle deutsche Anschrift noch eine Telefonnummer, unter der er für Ermittler oder Justiz erreichbar wäre, wie Richter Roland Christiani im Prozess schildert, dessen Schwurgerichtskammer den Fall verhandelt. Ein weiterer Belastungszeuge verweilt wohl in Bulgarien und kommt aufgrund der aktuellen Pandemiesituation und fehlenden Jobmöglichkeiten nicht nach Deutschland. Immerhin: Ein Zeuge soll nun kommende Woche aussagen.

    Weil Zeugen fehlen, kommt der Augsburger Prozess erst nur zäh voran

    So kommt die Verhandlung zunächst wenig voran und damit die Aufklärung der Frage, ob Oleg G. tatsächlich drei Menschen umbringen oder möglicherweise nur „eine etwas zu laute Party beenden wollte“, wie es Richter Christiani formuliert, also möglicherweise keine Tötungsabsicht hatte.

    Stattdessen befasst sich die Kammer es erst einmal mit den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten: Seine Berufslaufbahn, seine Ehen, seine Erkrankungen, seinen Alkoholkonsum. Am Tattag, so schildert es Oleg G., habe er, weil die Medikamente nicht wirkten, die er gegen seine Osteoporose nehme, eine Flasche Wodka gekauft und bis zum Abend fast ausgetrunken. Der Angeklagte, dessen Aussagen von einer Dolmetscherin übersetzt werden, verfällt immer wieder in ein gebrochenes Deutsch, das von den Prozessbeteiligten nur schwer zu verstehen ist.

    Mehrere Polizisten sagen aus, darunter die Beamten, die zuerst am Tatort waren. Sie berichten unter anderem, der Benzin-Geruch sei schon im Treppenhaus wahrnehmbar gewesen. Auf dem Vordach habe er Streichhölzer gefunden, sagt ein Polizist – und Zigarettenstummel. Ob der Nachweis zu führen ist, dass Oleg G. tatsächlich vorhatte, die Flüssigkeit anzuzünden, könnte einer der entscheidenden Fragen der Verhandlung sein. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt, ein Urteil könnte es am 25. März geben.

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