Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Debatte in Augsburg: Diese bösen E-Scooter! Haben wir keine anderen Probleme?

Debatte in Augsburg

Diese bösen E-Scooter! Haben wir keine anderen Probleme?

Marcus Bürzle
    • |
    Zugegeben, nicht immer stehen die E-Scooter in Augsburg so schön in Reih und Glied. Doch andere Verkehrsprobleme sind größer.
    Zugegeben, nicht immer stehen die E-Scooter in Augsburg so schön in Reih und Glied. Doch andere Verkehrsprobleme sind größer. Foto: Bernd Hohlen

    Die Panik ist nicht neu. Als die ersten Eisenbahnen fuhren, sprachen Pfarrer vom „Teufelsding“. Aus Augsburg gibt es eine alte Postkarte, auf der die neue Straßenbahn die Menschen auf der Straße in den Wahnsinn zu treiben scheint. Und heute reichen gut 100 elektrische Roller, um in Diskussionen eine Lawine an Verkehrsproblemen auszulösen: besoffene Fahrer, Schreckmomente. Und dann auch noch E-Scooter, die in Kanälen landen. Sind daran die Fahrzeuge schuld? Dann wäre der Hauseigentümer schuld am Graffiti, weil er die Wand weiß gestrichen hat. Das würde wohl niemand so sehen. Die E-Scooter haben es jedoch nahezu in Lichtgeschwindigkeit geschafft, zum Hassobjekt zu werden. Völlig zu Unrecht.

    Warum? Es geht nicht um die Frage, ob es die Gefährte in einer Stadt wie Augsburg braucht oder nicht. Ich selbst lebe bislang gut, ohne jemals einen Scooter ausgeliehen zu haben. Vielleicht gehören sie eher an den Stadtrand, um den Weg von daheim zur Bushaltestelle zu überbrücken, als ins gut erschlossene Zentrum. Oder sie verschwinden bald wieder. Kann auch sein. Was aber bleiben wird, sind die wirklichen Probleme.

    100 Roller gegen 158.000 Autos

    Erstaunlicherweise lassen die gut 100 Roller in Augsburg nämlich ziemlich schnell den Kummer mit Radfahrer in der Stadt verblassen. Und die paar Gefährte sorgen für mehr Aufregung, als die 158.000 Kraftfahrzeuge vom Motorrad bis zum Lastwagen. Kritiker werden einwenden: Die Roller stehen aber auch blöd auf dem Fußweg herum. Sie fahren zu nah an Fußgängern vorbei. Und mit den Akkus sind sie auch nicht wirklich ökologisch. Ja. Aber ein paar Gegenthesen.

    Stehen nicht auch Autos manchmal blöd in der Gegend herum? Es scheint selbstverständlich zu sein, dass jede Wohnstraße inzwischen ein großer Parkplatz ist. Kinder können dort kaum noch herumfahren. Für Feuerwehren wird es eng. Und Anwohner finden keinen Stellplatz mehr. Kein Wunder. Auf 1000 Einwohner kommen 530 Kraftfahrzeuge. 1974 waren es noch etwa halb so viele – 1000 Augsburger hatten 268 Fahrzeuge. Und 1911 gab es hier ungefähr so viele Kraftfahrzeuge wie heute E-Roller – 123 sagt das Statistikbuch der Stadt.

    Roller in Augsburg

    Nächste Frage: Stören nicht auch Autos? Sie machen Lärm, sie stoßen Abgase aus und prägen das Bild der Stadt. Wir haben uns offenbar daran gewöhnt, dass tausende Fahrzeuge gemeinsam mit der vierspurigen Karlstraße dafür sorgen, dass das Zentrum brutal zerschnitten wird. Oder stört es niemanden mehr, dass zu Fuß gehende Menschen dort auf Grün warten und dann schnell loslaufen müssen, um rechtzeitig auf der anderen Seite zu sein. Das Auto – natürlich ein Symbol des Fortschritts – hat viele Vorrechte, die längst nicht mehr als solche wahrgenommen werden. Lärm und Dreck, ist halt so. Unfälle, Verkehrstote – auch daran haben wir uns leider gewöhnt. Zur Wahrheit gehört auch, dass das Gefahrenpotenzial eines Lastwagens oder Autos von Natur aus einfach um Vielfaches höher ist als das eines Fahrrads oder E-Scooters. Das bedeutet nicht, dass Radler und Rollerpiloten vogelwild durch die Stadt düsen sollen. Man darf auch gerne überlegen, mit welchen Regeln die E-Scooter ordentlich ihren Platz im Verkehr finden.

    Viel wichtiger ist aber die grundsätzliche Frage. Wie soll der Verkehr in einer Stadt in Zukunft aussehen? Ja, es stimmt, dass es dort mit dem Auto mühsamer wird. Die Antwort können aber nicht noch mehr Straßen sein. In der Stadt ist kein Platz mehr und außerdem leben dort Menschen. Die Antwort können – bei allem Verständnis für den Zoo – auch nicht noch mehr Parkplätze direkt am Stadtwald sein, die noch mehr Autos anziehen. Die Zeit ist gekommen für gute Alternativen. Dazu gehören Fahrrad, öffentlicher Nahverkehr, Elektro-Bähnchen und vielleicht auch E-Scooter. Wenn sie nichts taugen, werden sie eh wieder verschwinden. Sie sind aber sicherlich keine Teufelsdinger.

    Lesen Sie auch: Die Stadt Augsburg prüft Parkverbote für E-Scooter 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden