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Debatte: Wohnen: Die Stadt Augsburg muss stärker mitmischen

Debatte

Wohnen: Die Stadt Augsburg muss stärker mitmischen

Stefan Krog
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    Wohnen: Die Stadt Augsburg muss stärker mitmischen
    Wohnen: Die Stadt Augsburg muss stärker mitmischen

    Wenn es um die Linderung des Wohnungsmangels und das Ermöglichen von bezahlbaren Mieten geht, dann liegen momentan viele Vorschläge auf dem Tisch. Hinter den Diskussionen über Mietpreisbremse, Erhaltungssatzung, Sozialwohnungsquoten oder Gewinnabschöpfung geht es um eine einfache Frage: Können der freie Markt und ein Weniger an Vorschriften der Wohnungsknappheit und explodierender Preise Herr werden? Oder müsste ganz im Gegenteil die öffentliche Hand nicht viel stärker in den Wohnungsbau einsteigen und mehr Regulierungen erlassen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, weil die Mechanismen des freien Marktes momentan für das Gegenteil sorgen?

    Wohnen in Augsburg: Zwölf Euro pro Quadratmeter - nicht für jeden finanzierbar

    In Augsburg ging es beim jahrelangen politischen Streit darum, wie viel Sozialwohnungen in Neubaugebieten entstehen sollen, um nichts anderes als diesen Grundkonflikt. Neubau-Mietwohnungen mit Quadratmeterpreisen von zwölf Euro aufwärts, die der freie Markt produziert, sind für einen Teil der Augsburger Bevölkerung nicht finanzierbar. Schlimmer: Die zwölf Euro strahlen auch auf den Bestand günstigerer Altbauwohnungen aus. Das ist die eine Seite. Die andere ist: Wie viele Reglementierungen durch die Stadt nehmen Investoren hin, bevor sie ein Projekt lieber fallen lassen? Dann entstünde gar keine Wohnung.

    Mit der Devise, dass der freie Markt bezahlbaren Wohnraum für alle bereitstellt, ist man in Augsburg in den vergangenen Jahrzehnten gut gefahren. Über lange Zeiten stieg die Einwohnerzahl nicht groß, gleichzeitig war der Wohnungsmarkt durch den Abzug der US-Streitkräfte Mitte der 90er Jahre überversorgt. Es gab genug Wohnungen für alle zu einem relativ günstigen Preis, was auch daran lag, dass es in der Vergangenheit mehr Sozialwohnungen gab. Das alles hat sich geändert.

    Die Politik in Augsburg hat sich als Reaktion bisher darauf konzentriert, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Ständig werden neue Baugebiete ausgewiesen und geplant. Es dauert, bis aus Vorüberlegungen ein fertiges Viertel wird, aber es ist absehbar, dass es in den kommenden Jahren einen Zuwachs an Wohnungen geben wird. Das bekämpft den Mangel an Wohnungen. Werden sie aber auch bezahlbar sein?

    Wohnungen: Mehr zu bauen, das sorgt nicht zwingend für sinkende Preise

    Der größte Preistreiber bei Immobilien war in den vergangenen Jahren der Anstieg der Bodenpreise. Boden ist nicht vermehrbar, sodass schon allein die steigende Nachfrage für eine Preisexplosion sorgte – mehr zu bauen, sorgt also nicht zwingend für sinkende Preise. Das muss in Augsburg zum Nachdenken zwingen. Wurden die richtigen Instrumente gewählt?

    Wenn Kommunen nicht nur für mehr, sondern auch für günstigere Wohnungen sorgen wollen, ist die Verfügbarmachung von Baugrund der zentrale Hebel. Kommunen bestimmen, wo Neubaugebiete entstehen können, weil sie die Planungshoheit haben. Indem sie durch ihre Planungen Boden zu Bauland machen, steigt sein Wert.

    Es ist nicht unanständig, wenn Kommunen von Eigentümern etwas im Gegenzug verlangen – sei es ein bestimmter Anteil an Sozialwohnungen (in Augsburg aktuell 30 Prozent in Neubaugebieten) oder die Beteiligung am Bau von Infrastruktur. In Augsburg laufen aktuell Überlegungen, ein solches Modell der sozialgerechten Bodennutzung einzuführen. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Ein solches Modell könnte auch miteinschließen, Anteile in Baugebieten nicht an höchstbietende Bauträger zu vergeben (denen ja auch nichts anderes übrig bleibt, als die Bodenpreise auf die Wohnungspreise umzulegen), sondern an den Bewerber mit dem besten Nutzungskonzept. Das kann ein Wohnprojekt mit sozialem Anspruch sein oder ein Projekt, das günstiges Wohnen verspricht, etwa eine Genossenschaft.

    Auch um Mieter zu schützen, sind neue Maßnahmen denkbar. Andere Städte haben Erhaltungssatzungen beschlossen, um Mieter in bestimmten Vierteln vor „Luxussanierungen“ und deren Folgen zu schützen. Inzwischen hat die Preisentwicklung auch in Augsburg dazu geführt, dass über Dinge diskutiert wird, die man früher nur aus München kannte. Beim 2017 in Kraft getretenen Mietspiegel war es ja nicht anders.

    Ein Allheilmittel ist es nicht, wenn Kommunen mit Interventionen in den Wohnungsmarkt eingreifen. Es sind auch unerwünschte Nebenwirkungen denkbar. Aber ein Blick in die Geschichte zeigt, dass sich die öffentliche Hand in der Vergangenheit stärker einmischte, etwa beim Bau von Sozialwohnungen. Es ist in jedem Fall wert, solche Ideen zu diskutieren. Der Wahlkampf ist ein guter Zeitpunkt dafür. Die Parteien müssen Konzepte liefern, die über das bisherige hinausgehen.

    Lesen Sie dazu auch: "Offensive Wohnraum": Pro Jahr werden 1000 neue Wohnungen fertig

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