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Debatte: Trotz voller Innenstadt ist die Krise für Augsburgs Handel nicht vorbei

Debatte

Trotz voller Innenstadt ist die Krise für Augsburgs Handel nicht vorbei

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    Passanten in der Augsburger Annastraße: Aktuell sind wieder viele Menschen in der Innenstadt unterwegs - doch bleibt das auch so?
    Passanten in der Augsburger Annastraße: Aktuell sind wieder viele Menschen in der Innenstadt unterwegs - doch bleibt das auch so? Foto: Ulrich Wagner

    Monatelang hat der Corona-Lockdown unser Leben lahm gelegt und besonders auch im Augsburger Einzelhandel für harte Einschnitte gesorgt. Vor allem Modehändler klagten wegen der Konkurrenz aus dem Internet über teils massive Einbrüche. Bis zu 95 Prozent weniger Umsatz, so hieß es, werde gemacht. Bei einer Umfrage des Handelsverbands gaben nach länger anhaltendem Lockdown rund 50 Prozent aller befragten Händler an, ihren Laden Ende 2021 schließen zu müssen, wenn sich nicht schnell etwas ändern würde. Schicksale von Geschäftsinhabern wurden bekannt, die all ihre Rücklagen in Ware und Miete investiert hatten und auch privat vor der Pleite standen. Experten waren sich daher schnell einig, dass Corona massive Folgen für die Innenstädte haben wird - auch für die Augsburger City.

    Die Prognose: Mehr Leerstände könnte es geben und der Weggang von namhaften Unternehmen eine Kettenreaktion auslösen. Denn wenn große Namen fehlten, kämen auch keine neuen. Und wehe, wenn große Häuser wie Karstadt den Lockdown nicht überleben würden. Wo es doch ohnehin schon schwer werde, die Innenstädte wieder mit Handel zu besetzen. Womöglich brauche es künftig dann mehr Büroflächen, mehr Gastronomie oder Dienstleistungsangebote um die Lücken zu füllen. Die Innenstadt wäre dann eine völlig andere, lautete das Fazit mancher düsteren Szenarien.

    Rückblickend stellt sich die Frage, ob man sich diese Sorgen nicht umsonst gemacht hat. Denn unter anderem mit Royal Donuts, dem Modehändler Adenauer&Co sowie dem Laufschuhspezialist Absolute Run haben sich auch während der Pandmie neue Geschäfte in Augsburg niedergelassen. Und kaum ist der Lockdown zu Ende sind die Innenstädte voll mit Menschen und Kunden.

    Zuletzt 200 Prozent mehr Passanten in Augsburg als im Durchschnitt

    Deutschlandweit würden die Städte "überrannt", sagte zuletzt der Augsburger Händler Ulrich Mayer ("No. 7"), Mitglied im Bezirksvorstand des Handelsverbands Schwaben. Die Passantenzahlen in Augsburg lagen zuletzt um bis zu 200 Prozent über dem Durchschnitt, Händler berichten von sehr guten Umsätzen und bei schönem Wetter ist die Außengastronomie so voll wie kaum zuvor. Die Zahl der Geschäftsaufgaben hält sich nach Einschätzung von Mayer dazu im üblichen Rahmen. Der gelungene Neustart zeige, dass die Menschen nun zu schätzen wüssten, was sie am innerstädtischen Handel hätten. Dieser habe Zukunft - entgegen aller Unkenrufe in Zeiten der Schließungen.

    Doch noch ist die Krise auch in Augsburg nicht ausgestanden. Viele Händler sind finanziell ans Äußerste gegangen, um die Folgen des Lockdowns zu überleben - und manche haben das rettende Ufer auch noch längst nicht erreicht. Denn nach wie vor stehen Themen wie Mietstundung im Raum. Gut ein Jahr wird es dauern, sagen Branchenkenner, ehe klar ist, wer seinen Laden durch die Corona-Krise gebracht hat und wer nicht. Die jetzt herrschende Euphorie ist wichtig und mit Sicherheit haben Kunden erkannt, dass der Online-Handel nicht das einzig Wahre ist, um an das passende Paar Schuhe oder gut sitzende Unterwäsche zu kommen. Das ist eine Chance für die Händler vor Ort.

    Wegen der Begrenzung der Besucherzahl bilden sich vor manchen Geschäften in der Augsburger Innenstadt Warteschlangen.
    Wegen der Begrenzung der Besucherzahl bilden sich vor manchen Geschäften in der Augsburger Innenstadt Warteschlangen. Foto: Ulrich Wagner

    Dennoch haben sich der Strukturwandel im Handel und das Online-Geschäft, das schon vor Corona eine Herausforderung für den Handel war, nicht einfach in Luft aufgelöst. Nach der ersten Freude über die neu gewonnene Freiheit wird sich wieder ein Alltag einstellen. Menschen kehren zurück in die Büros, Sport- und Freizeitangebote werden wieder aufgenommen, die Zahl der Termine erhöht sich und die Entschleunigung der Corona-Zeit löst sich - zumindest in Teilen - auf.

    Dann kehrt man zu alten Mustern zurück und bestellt die Sporthose für den Sohn aus Zeitgründen womöglich doch wieder im Internet oder sucht in den Online-Shops nach der Wunschfarbe für die Bluse, weil man fürchtet, sie im Laden vor Ort nicht zu bekommen. Ob sich dann noch alle daran erinnern, wie es wohl wäre, es herrsche wieder Lockdown, ist fraglich. Und mancher, der sich erst in der Corona-Pandemie beim Versand-Riesen Amazon registriert hat, bleibt vielleicht auch dabei.

    Viele Augsburger Händler haben ihr Geschäft zwangsläufig digitalisiert

    Die Innenstadthändler müssen nach einer kurzen Verschnaufpause also weiter daran arbeiten, den Kunden in die Geschäfte zu bekommen - so wie vor der Krise auch schon. Was aber helfen könnte, sind die Erfahrungen der letzten Monate. Viele haben ihr Geschäft zwangsläufig schneller digitalisiert als geplant und so einen wichtigen Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft gelegt. Denn auch da sind sich Experten wie Investor Frank Thelen einig: Ohne Online-Präsenz wird es der stationäre Handel schwer haben.

    Fazit: Kunden und Händler haben aus dem Lockdown gelernt. Mancher Kunde weiß jetzt, dass er nicht völlig auf die Geschäfte in der Augsburger Innenstadt oder den Stadtteilen verzichten will. Viele Händler haben erfahren, dass Lieferservices und Online-Shop gut beim Kunden ankommen und den Zeitgeist treffen. Und so könnte es für den Handel doch ein nachhaltiger Neustart werden.

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