In den kommenden Jahren wird es zwei Zeitrechnungen geben: Die Zeit vor Corona und die Zeit danach. Im Augsburger Bildungsbereich knirschte es bereits vor der weltweiten Pandemie häufig gewaltig im Getriebe – und zwar immer dann, wenn es um Schulsanierungen ging.
Augsburger Schulen sind in schlechtem Zustand
Die Stadt Augsburg muss sich um den Unterhalt von 70 Schulgebäuden kümmern. Dass man den Bauunterhalt der Einrichtungen jahrzehntelang schleifen ließ, war schon oft Thema dieser wöchentlichen Debatte. Der daraus resultierende schlechte bauliche Zustand und der erhebliche Sanierungsstau sind bereits der vergangenen Regierung auf die Füße gefallen. Mit dem Bildungsförderprogramm wurde das Problem angegangen, es wurden auch bereits einige Schulen saniert beziehungsweise Renovierungen auf den Weg gebracht. Doch es war eben nie ausreichend.
Egal, was die neue Bildungsreferentin Martina Wild anpacken wird – der Gradmesser für ihren Erfolg werden auch in der kommenden Amtsperiode die Sanierungen der baufälligen Schulen sein. Das wird in der Zeit mit und nach Corona allerdings nicht einfacher werden. Im Gegenteil.
Corona kostet die Stadt Augsburg viel Geld
Bereits jetzt ist absehbar, dass das Virus der Stadt viel Geld kosten wird. Rund zwei Millionen Euro wurden kurzerhand aufgewendet, um dringend benötigte Desinfektionsmittel, Schutzmasken, Schutzkittel und Visiere zu kaufen. Zahlreiche Ausgaben und Mindereinnahmen kommen hinzu: Kita-Gebühren müssen zurückerstattet werden, Einnahmen von Hallen- und Freibädern fehlen, Anträge auf Wohngeld steigen … Der größte Brocken werden sicherlich die wegbrechenden Steuereinnahmen der Stadt sein. Ein massiver Sparkurs ist damit absehbar. Oberbürgermeisterin Eva Weber signalisierte zwar bereits, dass nicht alle Investitionen „abgewürgt“ werden könnten – die Schulsanierungen etwa müssten weiter fortgesetzt werden. Wie viel Geld der Stadt am Ende tatsächlich für Investitionen bleiben, kann sie aber freilich auch noch nicht vorhersagen.
Kein Wunder also, wenn Schulfamilien nun wieder einmal nervös werden, ob ihre lang ersehnte Sanierungsmaßnahme auch tatsächlich realisiert werden kann. Hier muss die neue Bildungsreferentin samt Schulverwaltungsamt etwas verbessern, was weder vor und nach Corona etwas kostete, aber in der Umsetzung oft schwierig ist: die Kommunikation.
Millionen für die Augsburger Schulen
Mehrmals kochten in den vergangenen Jahren die Emotionen hoch, weil sich Schulleiter nicht gehört, nicht informiert fühlten oder Absprachen nicht eingehalten wurden. Im Schulzentrum FOS/BOS, am Holbein- oder am Peutinger-Gymnasium regte sich lautstarker Widerstand gegen das Vorgehen in Bildungsreferat und Schulverwaltungsamt. Das muss nicht sein. Gerade in Zeiten klammer Kassen ist es einmal mehr wichtig, Schulleiter über laufende und anstehende Sanierungsmaßnahmen zu informieren, damit transparent bleibt, was wann möglich ist und was nicht.
Die Regierungskoalition will ein neues Sofortsanierungsprogramm auflegen – jährlich sollen zusätzlich zu den Sanierungsmaßnahmen 3,5 Millionen Euro eingestellt werden, um besonders dringliche Bauunterhaltsmaßnahmen schnell umsetzen zu können. Das ist richtig, um unerträgliche Zustände schnell anzugehen und nicht auf eine Generalsanierung warten zu müssen, die womöglich erst in mehreren Jahren beginnen kann. Es wird sich aber zeigen, dass dieser Betrag letztlich bei der Bewältigung der anstehenden Baumaßnahmen genauso ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, wie die 300 Millionen des Bildungsförderprogramms. Deshalb ist es wichtig, jetzt dranzubleiben – Corona hin oder her – und die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen fortzuführen.
Nächste Baustelle: Digitalisierung
Denn auch mit dieser Herkulesaufgabe ist es nicht getan. Es gibt noch andere große Herausforderungen. Corona, so sagt es ein Schulleiter, war die größte Fortbildung in Sachen Digitalisierung für die gesamte Schulfamilie. Schnell kristallisierte sich heraus, an wie vielen Ecken und Enden es noch fehlt. Das liegt zum einem an dem unterschiedlichen Know-how der Lehrer, die mal mit großem Einsatz, mal mit geringem Aufwand ans Werk gehen. Der Freistaat muss seine Mitarbeiter fördern und fordern und seinen Masterplan Digitalisierung den neuen Anforderungen anpassen, auch muss er zu transportierende Inhalte überprüfen. Und auch die Schüler müssen allesamt IT-fähig werden – mit Hardware und Software – wenn Chancengleichheit nicht nur eine Worthülse sein soll. Denn selbst wenn der Wille da ist, scheitert es oft schon an der unterschiedlichen technischen Ausstattung von Schülern und an den oft nicht ausreichenden technischen Möglichkeiten der Augsburger Schulen.
An den Schulen fehlt die Ausstattung
Während Lehrer für das Homeschooling in den eigenen vier Wänden meist gut ausgerüstet sind, hapert es bedauerlicherweise an den Bedingungen an ihrem eigentlichen Arbeitsplatz, den Schulen. Etliche Augsburger Bildungseinrichtungen sind noch nicht einmal ans schnelle Glasfasernetz angebunden, zahlreiche Grund- und Mittelschulen sind noch nicht vernetzt und können nur „offline“ mit IT-Ausstattung arbeiten. Manch ein Lehrer fährt deshalb jetzt zum Präsenzunterricht in die Schule, fährt nach Hause, um Schüler online zu unterrichten, und gibt am Ende des Schultages noch eine Stunde an seiner Schule. Ein Irrsinn!
Es gilt, aus der Corona-Pandemie zu lernen, womöglich den Digitalisierungsprozess der Augsburger Schulen für die Zeit nach Corona zu optimieren, neue Bedarfe abzufragen. Politik und Verwaltung sollten dabei stets befolgen, was für Lehrer und Schüler schon immer gilt: Man lernt nie aus!
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