Die Altstadt von Bamberg ist seit 25 Jahren Welterbe, doch erst dieses Jahr wurde dort ein zentrales Besucherzentrum eröffnet. Für Augsburg, die jüngste bayerische Welterbestätte, ist diese Nachricht beruhigend, zeigt sie doch: Man muss nichts übereilen in einer Stadt, die von der Unesco als weltweit einzigartig eingestuft wurde.
Im Umkehrschluss heißt das aber nicht, dass man sich auf der Eintragung ausruhen dürfte. Im Gegenteil: Mit diesem Moment beginnt gerade erst die Arbeit. Denn die Unesco erwartet von den weltweit über 1100 Welterbestätten, dass sie das, was sie ausmacht, an Besucher aus Nah und Fern vermitteln.
In Augsburg ist vor und während der Bewerbungsphase viel geschehen: Im Rahmen der „Wassertage“, also Führungen durch die Denkmäler der Wasserversorgung, wurde über Zusammenhänge informiert. Wer sich auf dem Büchermarkt umsieht, findet einiges über Augsburgs historische Wasserversorgung. Zudem sind Brunnen, Wasserwerke, Hochablass und andere Orte aus denkmalpflegerischer Sicht weitgehend in Schuss.
Fürs Welterbe ist in Augsburg eine langfristige Strategie nötig
Alles in Ordnung also? Nicht ganz. Denn aus den vielen Projekten, die verschiedene Akteure bislang mehr oder weniger in Eigenregie umsetzten, muss nun eine langfristige Strategie entwickelt und konsequent umgesetzt werden. Die zentralen Fragen dabei lauten: Wie kann die Welterbestadt Augsburg die komplexe historische Wasserversorgung für Besucher erlebbar machen und wie kann sie bestehende Erkenntnisse durch neue Forschungen ergänzen?
Ersteres ist eben gerade nicht einfach, denn das Zusammenspiel aus Technik, Architektur und Natur ist für Außenstehende schwer zu erfassen. Es erschließt sich nicht so leicht wie ein einzelnes Gebäude oder ein Altstadt-Ensemble. Zudem liegen die 22 Welterbe-Denkmäler bis zu 30 Kilometer auseinander. Es muss also gelingen, die Verbindung sowohl gedanklich als auch räumlich zu schaffen.
Überhaupt gibt es vieles, was die frisch gebackene Welterbe-Stadt in den kommenden Monaten angehen bzw. klären muss. Einer der wichtigsten Punkte ist das Personal. Mit Ulrich Müllegger und seinen beiden Mitstreiterinnen hat das Welterbebüro ein engagiertes Team, doch auf Dauer wird es nicht ohne Unterstützung auskommen. Die Anfragen von Welterbe-Interessenten werden mehr werden, die Stadt wird intensiv Marketing betreiben müssen, auch in sozialen Netzwerken. Dass das Personal für den Wasserladen am Rathausplatz noch nicht genehmigt ist, lässt erahnen, dass die Stadtverwaltung die Konsequenzen der Welterbe-Ernennung noch nicht bis zu Ende gedacht hat. Das muss sich ändern.
In einem zweiten Schritt sollten Kräfte gebündelt werden. Es gibt viele Akteure, die sich mit spannenden Projekten in die Welterbe-Bewerbung eingebracht haben. Dazu zählen unter anderem die Kunstsammlungen und der Landschaftspflegeverband, der jüngst einen Stadtplan aus dem 17. Jahrhundert digital so aufbereitete, dass die Geschichte der Wassernutzung über Jahrhunderte hinweg zu erkunden ist. Da sind aber auch Tourismusdirektor Götz Beck und der Autor Martin Kluger, die die Welterbe-Bewerbung unter Kulturreferent Peter Grab erst ins Rollen brachten. Die Altaugsburg-Gesellschaft dürfte ebenfalls hohes Interesse an der Thematik haben: Erforschung und Erhalt der Augsburger Vergangenheit sind eine wesentliche Aufgabe des Vereins. Wenn solche Fachleute an einem Tisch sitzen, könnten gute Projekte für die Welterbestadt entwickelt werden. Nur so wird auch verhindert, dass jeder eigene Ziele verfolgt und sich Parallelstrukturen entwickeln.
Wo in Augsburg könnte ein Welterbe-Besucherzentrum entstehen?
Eine weitere wichtige Frage muss sein, wo und wie Augsburg seine Welterbe-Besucher „abholen“ möchte. Der Wasserladen am Rathausplatz kann eine Anlaufstelle sein. Es gäbe aber auch die Möglichkeit, ein anderes, bestenfalls historisches Gebäude zum Welterbezentrum umzufunktionieren. In Bamberg und in Regensburg hat das gut funktioniert, in Augsburg war einmal die Stadtmetzg im Gespräch, die direkten Bezug zur Wasserthematik hat. Auch andere historische Gebäude könnten als Besucherzentrum infrage kommen und wären langfristig wohl attraktiver, als es ein Wasserladen und einige andere, dezentrale Lädchen sind.
Und dann ist da die Frage der weiteren Erforschung und Aufarbeitung der Augsburger Wasserversorgung. Denn auch diese fordert die Unesco mit der Ernennung zum Welterbe ausdrücklich ein. Während der Augsburger Bewerbung wurden interessante Fakten herausgefunden. Das Landesamt für Denkmalpflege zum Beispiel entdeckte bislang unbekannte unterirdische Kanäle, deren Baukonstruktionen sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Die Chance, diese Erkenntnisse durch weitere Begehungen zu vertiefen, bekamen die Denkmalpfleger von den Augsburger Behörden – obwohl zugesagt – unverständlicherweise nicht mehr.
Die Universität Augsburg muss ins Boot
Ein Ansprechpartner, den die Stadt nicht außen vor lassen sollte, ist die Universität Augsburg. Mit der didaktischen Vermittlung des Welterbes kann man sich dort ebenso befassen wie mit der Forschung im Bereich Geschichte. Für beide Gebiete gibt es Lehrstühle und damit die Möglichkeit, gezielt eine wissenschaftliche Auseinandersetzung, aber auch eine Vernetzung mit Wissenschaftlern anzustoßen, die sich weltweit mit dem Thema Wasser beschäftigen.
Bleibt die schwierigste Frage: die nach dem Geld. Kulturreferent Thomas Weitzel betonte jüngst, die Stadt müsse fürs Welterbe keinen größeren jährlichen Betrag einplanen. Schließlich seien alle Denkmäler saniert. Mit dieser Einstellung jedoch ist eine sinnvolle Weiterentwicklung des Titels nicht zu leisten. Augsburg hat mit der Ernennung zum Welterbe die einmalige Chance, ein Profil zu entwickeln, das weltweit strahlen kann. Mit anderen Themen (Brecht, Mozart, Frieden) ist dies bislang nie gelungen. Es würde wohl Sinn machen, im städtischen Etat eine eigene Haushaltsstelle fürs Welterbe einzurichten und diese mit den nötigen Mitteln auszustatten. Packt man es richtig an, wird sich der Titel am Ende sicherlich auch wirtschaftlich auszahlen. Das zumindest melden viele Welterbestätten weltweit.
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