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Debatte: Eine Halbzeit-Bilanz für die Augsburger Theater-Mannschaft

Debatte

Eine Halbzeit-Bilanz für die Augsburger Theater-Mannschaft

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    Im April stellte sich die neue Führungsriege um Intendant André Bücker (Fünfter von rechts) in Augsburg. Nun ist es Zeit für eine erste Bilanz.
    Im April stellte sich die neue Führungsriege um Intendant André Bücker (Fünfter von rechts) in Augsburg. Nun ist es Zeit für eine erste Bilanz. Foto: Ulrich Wagner

    Seit gut fünf Monaten besitzt das Theater Augsburg eine neue Leitung. André Bücker (*1969) hat die Führung übernommen. Und zwar zu einem Zeitpunkt, da neben erwünschter neuer künstlerischer Ausrichtung, neben alltäglicher Planung, Probenarbeit und Aufführung, neben dem Zusammenwachsen eines neuen Teams noch ganz andere, außergewöhnliche Herausforderungen zu meistern waren – und noch zu meistern sind: darunter das Einrichten und Einspielen der Ausweichspielstätte im Martinipark sowie der Umzug etlicher Arbeitsplätze. Und 2019 wird das nicht anders aussehen bei der Inbesitznahme der Schauspielbühne im Alten Gaswerk.

    Man braucht etwas Wohlwollen

    Dass dies alles ohne zusätzlichen Einsatz und ohne Reibung vonstatten zu gehen hat, wäre ein Verlangen allzu frommer Denkungsart. Stattdessen ist der Institution, weiterhin ein Kristallisationspunkt der Stadtgesellschaft, Wohlwollen entgegenzubringen. Der Betrieb, der nicht nur auf der Führungsebene notwendigerweise Künstler-Individualisten versammelt, steht unter zusätzlicher Belastung. Und er wird – eben weil er Theater mit nun veränderter Handschrift gestaltet – besonders genau beobachtet. Der Druck, die Erwartungshaltung, auch das selbst gesteckte Ziel sind hoch. Alle Hoffnungen richten sich quasi – und ein wenig wirklichkeitsfremd – auf allabendliche Sternstunden bei stets ausverkauftem Haus.

    Ein breites Spektrum

    Das leistet kein Theater. In diesen Tagen ist Halbzeit der ersten Saison von André Bücker. Eine vorsichtige Zwischenbilanz kann verbuchen: drei Musiktheater-Premieren, acht Schauspiel-Produktionen, ein Ballett (an diesem Samstag folgt das zweite, bereits langfristig ausverkaufte Tanztheaterstück), die alle zusammen genommen und natürlicherweise ein breites Güte-Spektrum aufweisen. Der schwache Abend, die Oper „Prima Donna“, steht neben dem sehr starken Abend, dem Schauspiel „Das Kind träumt“. Und dazwischen liegen, in den üblichen graduellen Abstufungen, etliche gute bis befriedigende Produktionen. Sehr gut möglich, dass nach allen Geburtswehen der ersten fünf Monate noch künstlerische Steigerung erfolgt. Man wünscht es dem Theater von Herzen bei den derzeit herrschenden und zu berücksichtigenden schwierigen Umständen.

    Gleichzeitig muss registriert werden: Wenn mit 37.000 Theaterbesuchern im ersten Quartal dieser Spielzeit annähernd die Publikumszahl aus jenen Jahren gehalten werden konnte, als der Spielbetrieb noch im Großen Haus stattfand, dann ist das ein deutlicher, wichtiger und erfreulicher Zuspruch. Diesbezüglich also scheint der Umzug in den Martinipark bereits geglückt. Der leider schon auslaufende „Schwanensee“ dort ist ein Renner. Andererseits, auch dies muss registriert sein: Bei den Philharmonischen Konzerten – quasi die vierte Sparte des Theaters – gibt es mittlerweile wieder zu oft etliche freie Plätze. Da ist mehr Trommelwirbel nötig.

    Spannungen hinter den Kulissen

    Auf einem anderen Blatt stehen Spannungen hinter den Kulissen. Man wird sich – im Interesse des Theaters, der Kunst – fürs Publikum zusammenraufen müssen. Es gab – nach der überraschenden, schnellen Trennung von zwei beliebten (und guten!) Sängerinnen – etliche externe und interne Vorhaltungen gegenüber dem Operndirektor. Es gibt aber auch etliche externe und interne Erwartungen gegenüber dem Generalmusikdirektor, was seine administrativ lenkenden Aufgaben anbelangt. Auch diesbezüglich muss auf möglichen zusätzlichen „Zug“ gehofft werden.

    Das Spannungsgefüge jedenfalls lebt zur Zeit im Ensemble. Es muss austariert werden. Und auszutarieren ist des Weiteren auch die Ausrichtung des Musiktheaters. Wie viel Ensembletheater ist geboten, wie viele Publikumsmagneten sind geboten bei der Augsburger Publikumsstruktur? Wie groß hat das Sängerensemble dementsprechend zu sein? (Derzeit umfasst es nur sieben Kehlen – im Gegensatz zu erfreulichen 18 Schauspielern.) Wie viele – qualitätvolle – Raritäten sind möglich und können wünschenswerterweise auch mit hauseigenen Sängern besetzt werden? Wie viele Gastsolisten verträgt jenes Repertoiretheater, das André Bücker ja auch anstrebt? Es wird spannend bleiben.

    Und es bedeutet etwas, dass das Augsburger Publikum – nach erfolgreich abgewehrtem Bürgerentscheid – mit dem Wohle des Theaters mitfiebert. Dieses verdient Aufmerksamkeit und Unterstützung in der schwierigen Sanierungsphase.

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