Es war eine ungewöhnliche Spendenaktion, zu der Augsburger Kulturschaffende diese Woche aufriefen: Man möge der neuen, schwarz-grünen Stadtregierung doch bitte Themen spenden, damit diese wieder Kulturpolitik machen könne. Offenbar seien CSU und Grünen die Ideen dafür nämlich schon kurz nach der Wahl abhandengekommen, ätzten Kulturaktive. Anders sei nicht zu erklären, dass die erste Sitzung des Kulturausschusses nach der Wahl von der Stadtverwaltung abgesetzt wurde – mit der offiziellen Begründung, es gebe aktuell keine Themen.
Augsburger Künstler sind durch Corona in der Krise
Für viele Künstler hörte sich das wie Hohn an. Der Stillstand des öffentlichen Lebens in den vergangenen Wochen hat sie hart getroffen. Auch Theater, Museen, Kinos, Bühnen wurden ja geschlossen. Doch während Läden, Lokale und andere Einrichtungen langsam wieder anlaufen, sind Auftritte vor größerem Publikum noch immer nicht erlaubt. Freischaffende Künstler stehen damit weiter ohne Einnahmen da bzw. müssen Soforthilfe beantragen. Für sie gibt es also ein Thema, und es ist so omnipräsent, dass sie es unbedingt zur Sprache bringen wollen.
Nun ist der städtische Kulturausschuss nicht da, um über staatliche Finanzhilfen zu sprechen oder die Regeln für ein Wiederanlaufen des kulturellen Lebens festzulegen. Notwendige Beschlüsse gebe es laut einem städtischen Sprecher aktuell ebenfalls nicht zu fassen.
Dann kommt wohl auch hinzu, dass das Kulturreferat noch führungslos ist, da der Referent beziehungsweise die Referentin voraussichtlich erst Ende Juni bestimmt wird. Die Stadtverwaltung hat ihre Entscheidung vor diesem Hintergrund also sehr pragmatisch getroffen.
Kein Skandal, aber ohne Fingerspitzengefühl der Stadt
Die Entscheidung ist kein Skandal, zeugt aber von wenig Fingerspitzengefühl in einem ohnehin umstrittenen Bereich. Denn dass Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) und die Grünen die Bereiche Sport und Kultur nach der Wahl in einem Referat zusammengefasst haben, beunruhigt Sportaktive und Kulturschaffende. Beide Seiten befürchten, ihre Themen könnten im Doppelreferat „hinten runter fallen“ – die Absage des Ausschusses ist zumindest für einige Künstler (und auch Stadträte) ein erstes Anzeichen, dass es so kommen könnte.
Tatsächlich wäre diese erste Sitzung eine Gelegenheit gewesen, um die Zusammenlegung näher zu erläutern. Man hätte die Stadträte dann auch über den Stand des Bewerbungsverfahrens für den Referentenposten informieren können. Es hätte darüber hinaus aber auch andere Möglichkeiten gegeben, die Stadträte „zu beschäftigen“. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Rundgang über die Theaterbaustelle gewesen? Viele Mitglieder sind neu im Ausschuss und haben sich bislang wenig oder gar nicht mit dem Millionenprojekt befasst. Einem Projekt, das schon bald wieder diskutiert werden könnte, denn durch die neue politische Konstellation sowie die finanziellen Folgen der Corona-Krise wird es nicht ausbleiben, dass die Sanierung wieder auf den Prüfstand kommt.
Diese Chance hat die Regierung verstreichen lassen und so gleich zu Beginn einen Teil der Kulturschaffenden gegen sich aufgebracht. Dies erinnert ein wenig an andere Amtsperioden, denn mit der Kultur hatten Referenten und Oberbürgermeister immer wieder ihre Schwierigkeiten. Das mag auch an einigen wenigen Akteuren der Szene liegen, die bislang nie dadurch aufgefallen sind, die städtische Kulturpolitik positiv zu begleiten, sondern auf viele Entscheidungen mit Kritik reagierten. Die Sorge, finanziell zu kurz zu kommen, führte unter anderem ja auch zum Bürgerbegehren gegen die Theatersanierung, das einige Kulturschaffende mit initiiert hatten. Ein Teil der Szene nimmt das Heft nach der Absage des Kulturausschusses nun selbst in die Hand und lädt Montag um 14.30 Uhr zu einer alternativen Sitzung im Augustana-Saal ein. Gut vorstellbar, dass es auch einige Kritik an Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) geben wird, die noch vor Kurzem erklärt hatte, die Unterstützung der Kulturszene zur Chefsache machen zu wollen. Zu merken, so die Klage, sei davon derzeit noch wenig.
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