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Debatte: Der Naturschutz im Augsburger Stadtwald stößt auf Hindernisse

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Der Naturschutz im Augsburger Stadtwald stößt auf Hindernisse

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    Diese Pinzgauer Rinder grasen jetzt im Augsburger Stadtwald, um die Artenvielfalt zu fördern. Dafür ist jedoch eine Sondergenehmigung nötig.
    Diese Pinzgauer Rinder grasen jetzt im Augsburger Stadtwald, um die Artenvielfalt zu fördern. Dafür ist jedoch eine Sondergenehmigung nötig. Foto: Norbert Pantel

    Was kann falsch daran sein, wenn Kühe im Augsburger Stadtwald grasen? Eigentlich nichts, möchte man meinen. Schließlich erledigen die Weidetiere eine wichtige Arbeit für den Naturschutz. Sie fressen unerwünschtes wucherndes Grün weg und helfen dem ökologischen Gleichgewicht in der Natur. So einfach, wie es scheint, ist es in der Praxis aber nicht. Das Projekt "Weidestadt Augsburg" des Landschaftspflegeverbandes hat mit Hürden zu kämpfen, auch wenn es vielfältigen Nutzen bringt.

    Weidetiere helfen mit, Artenvielfalt zu erhalten. Die ist auch in Augsburg bedroht. Wie erfolgreich beispielsweise die Wildpferde in ihrem Gehege zwischen Augsburg und Königsbrunn sind, wurde von Biologen regelmäßig ermittelt. Ergebnis: Es gibt eine signifikante Zunahme selten gewordener Pflanzenarten und auch der Häufigkeit dieser Pflanzen. Positive Beispiele sind etwa Rote-Liste-Arten wie Graslilie und Graue Skabiose. Auch Tierarten wie Licht liebende Ameisen oder Heuschrecken nehmen zu. Um Erfolge zu erzielen, muss nicht der gesamte Stadtwald beweidet werden. Es hilft schon, Korridore für bedrohte Pflanzen und Tiere zu schaffen.

    Für den Trinkwasserschutz gelten im Augsburger Stadtwald strenge Regeln

    Dass dem Augsburger Stadtwald mit seinen Problemen wie Artensterben, Klimawandel, Wassermangel und der zunehmend schwierigeren Verjüngung der typischen lichten Kiefernwälder geholfen wird, ist extrem wichtig. Er ist nicht nur eines der größten Naturschutzgebiete weit und breit, er hat auch einen europäischen Schutzstatus und ist die grüne Lunge für Augsburg.

    Im Stadtwald liegt andererseits Augsburgs großes Trinkwasserschutzgebiet. Deshalb gelten dort strenge Regeln gegen mögliche Verunreinigungen, besonders auch für Landwirte. Zwar arbeiten die Stadtwerke eng mit den Bauern im und um das Wasserschutzgebiet zusammen. Sie haben sich verpflichtet, bestimmte Düngemitteleinschränkungen einzuhalten und nur noch spezielle Pflanzenschutzmittel zu verwenden. Rinderhaltung ist in der engeren und weiteren Schutzzone A1 verboten. Viele Flächen im Wasserschutzgebiet haben die Stadtwerke im Laufe der Jahrzehnte aufgekauft, damit sie nicht zu intensiv für Landwirtschaft oder gar Industrie genutzt werden.

    Agrarische Nutzungen wurden im Stadtwald eingeschränkt

    Während agrarische Nutzungen stark eingeschränkt wurde, damals gegen den Willen betroffener Bauern, zieht jetzt die Landschaftspflege mit neuen Rindern in den Stadtwald ein. Passt das zusammen? Die Antwort lautet: Ja. Vier Mutterkühe und vier Kälber in einem Gehege mit acht Hektar Fläche sind das Gegenteil einer intensiven Nutztierhaltung mit entsprechenden Ausscheidungen, zumal die Pinzgauer Rinder kein Kraftfutter bekommen.

    Als die Schutzverordnung 1990 gemacht wurde, dachte man noch nicht an Landschaftspflege mit Weidetieren. Dabei entspricht diese Vorgehensweise einer uralten Augsburger Tradition. Über Jahrhunderte hinweg grasten im Stadtwald und auf den Heiden Rinder, die der Fleischversorgung der Bevölkerung dienten. Die neuen Pinzgauer sollen ja auch nicht in Massen und nur zeitweise in den Gehegen grasen. Eine Gefahr fürs Trinkwasser dürfte man damit ausschließen können, wenn gewisse Spielregeln eingehalten werden.

    Ein Interessenausgleich, der funktioniert

    Falls der Test in diesem Jahr klappt, wäre deshalb eine Sondergenehmigung im Trinkwasserschutzgebiet für diese Nutztiere im Sinne des Naturschutzes dringend wünschenswert. Zu hoffen bleibt auch, dass von anderer Seite keine Querschüsse für das Experiment kommen. In Bayern gilt die Rinderhaltung in Wäldern nach dem Waldgesetz als eine rechtliche Grauzone. Zwar ist sie nicht explizit verboten. Aber in anderen Bundesländern gibt es weniger Probleme mit dieser Form der Beweidung.

    Die Pinzgauer Rinder im Stadtwald sind nicht zuletzt ein gutes Beispiel für einen funktionierenden Interessenausgleich zwischen Landwirtschaft und Natur. Bauern bekommen hier die Chance, sich als Partner der Landschaftspflege ein Zubrot zu verdienen. Das Fleisch ihrer Weidetiere können sie regional vermarkten. Und genau das ist es doch, was wir wollen: Eine zukunftsfähige Lösung, die möglichst vielen nutzt.

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