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Debatte: Corona-Management: Wie viel Kritik an der Stadt muss sein?

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Corona-Management: Wie viel Kritik an der Stadt muss sein?

Jörg Heinzle
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    Wurden zuletzt kritisiert: Eva Weber und Reiner Erben.
    Wurden zuletzt kritisiert: Eva Weber und Reiner Erben. Foto: Klaus Rainer Krieger (Archivbild)

    Es war ein kurzer Schlagabtausch zwischen Augsburger Stadtregierung und Opposition in dieser Woche. Die Sozialfraktion aus SPD und Linkspartei zweifelte am Corona-Krisenmanagement der Stadt - speziell an den Abläufen im Gesundheitsamt. Laut Stadt gelingt es derzeit in den meisten Fällen, Corona-Infizierte und deren enge Kontaktpersonen binnen 24 Stunden zu informieren. Von den Stadträten der Sozialfraktion dagegen heißt es, sie hätten zuletzt vermehrt Rückmeldungen von Bürgern erhalten, die länger auf einen Anruf vom Amt warten mussten. Die größte Oppositionsgruppe im Stadtrat wetterte: Die Stadt arbeite offenbar mehr nach dem Prinzip "Hoffen und Bangen" als dass sie handle.

    Es ist die Aufgabe der Opposition, den Regierenden genau auf die Finger zu schauen, Kritik zu üben und sie, im Idealfall, zu besseren Leistungen anzutreiben. Gleichzeitig hat die Opposition auch das Glück, dass sie zwar fordern kann, aber es nicht umsetzen muss. Im Augsburger Stadtrat war die Opposition über Jahre hinweg schwach. Das lag am großen Bündnis aus CSU, SPD und Grünen, das Alt-OB Kurt Gribl für seine zweite Amtszeit geschmiedet hatte. Einzelkämpfer wie der Freie-Wähler-Stadtrat Volker Schafitel taten sich schwer. Der Architekt Schafitel etwa hatte frühzeitig vor einer Kostenexplosion bei der Sanierung des Theaters gewarnt - und damit letztlich Recht behalten.

    Augsburger Stadtrat: Sozialfraktion und Bürgerliche Mitte zeigen bemerkenswerte Energie

    Es schadet dem politischen Diskurs, wenn zu wenig Gegenstimmen und andere Meinungen präsent sind. Das kann man nach inzwischen rund einem Jahr in der aktuellen Ratsperiode nicht mehr sagen. Die Opposition ist präsent und verschafft sich Gehör. Vor allem die Sozialfraktion und die Bürgerliche Mitte aus Freien Wählern, FDP und Pro Augsburg zeigen eine bemerkenswerte Energie mit einer Vielzahl von Anträgen und Anfragen. Mitunter nervt das die Vertreter der Stadtregierung, das merkt man in manchen Sitzungen deutlich. Allerdings: Auch das gehört dazu, die Opposition muss nerven.

    Die pauschale Corona-Kritik der Sozialfraktion ist allerdings übers Ziel hinausgeschossen. Einer seit einem Jahr im Krisenmodus befindlichen Stadtregierung im Grunde Untätigkeit vorzuwerfen, ist unfair. Man kann, darüber wurde schon viel diskutiert, die Frage stellen, ob sich die Stadt im Herbst besser für die zweite Welle hätte rüsten können. Im Nachhinein kann man sagen: Ja. Die Verstärkung für das Gesundheitsamt kam damals zu spät. Die Zahlen waren da schon zu hoch, die Stadt wurde von der zweiten Corona-Welle überrollt. Andererseits ist es aber auch so, dass man hinterher klüger ist.

    Aktuell sieht es aber anders aus. Den Vorwurf, die dritte Welle zu verschlafen, wollten sich Oberbürgermeisterin Eva Weber und Stadtregierung nicht machen lassen. Inzwischen ist das Gesundheitsamt für die Kontaktverfolgung personell, aber auch technisch viel besser ausgestattet - und es gibt auch noch eine Reserve von rund 100 Mitarbeitern. Die Stadt hat zudem mit Wolfgang Meßmer einen erfahrenen Experten für Organisation an die Spitze des Amtes gesetzt. Bestimmt ist es so, dass noch immer nicht alles rundläuft. Bestimmt wird es Fälle geben, in denen bei der Kontaktnachverfolgung oder der Kontrolle der Quarantäne etwas nicht klappt. Und noch ist unklar, welche Ausmaße die aktuelle Corona-Welle noch annehmen wird - und was das für die Arbeit der "Corona-Detektive" im Gesundheitsamt bedeutet.

    Die Kommunen müssen in der Corona-Krise vieles ausbügeln

    Das Gesundheitsamt ist dabei nur ein Aspekt - auch in anderen Bereichen war die Stadt nicht untätig. Das Impfzentrum funktioniert - auch dank eines guten Partners, der es betreibt. Und Augsburg war früh dran beim Anbieten von Schnelltests - als auf Bundes- und Landesebene noch diskutiert und verschoben wurde, richtete die Stadt schon Schnelltestzentren ein. Dabei kann sie auch auf die zuverlässige Hilfe von Ehrenamtlichen der verschiedenen Rettungsdienste setzen, die in Augsburg geräuschlos und harmonisch zusammenarbeiten. Dass die Infektionszahlen aktuell wieder stark steigen, kann man der Stadtregierung nicht anlasten. Zwar liegt die Stadt über dem Schnitt, aber der Trend sieht vielerorts nicht besser aus. Ohnehin sind es die Kommunen, die vieles ausbügeln müssen in dieser Pandemie.

    Kritik muss dennoch erlaubt sein. Sie führt ja auch in vielen Fällen dazu, dass sich etwas zum Positiven ändert. Die verfrühte Impfaktion in einer Anwaltskanzlei etwa hat alle sensibilisiert – und war letztlich wohl auch der Anlass dafür, für priorisierte Gruppen wie Erzieherinnen und Erzieher und Lehrkräfte an Grundschulen rasche Sammeltermine anzubieten, egal, ob sie nun in Augsburg wohnen oder nicht.

    Im Moment dominiert Corona auch die Stadtpolitik. Auch für die Zeit danach ist es gut, wenn es eine Opposition gibt, die genau hinschaut – und aufpasst, dass sie nicht übers Ziel hinausschießt.

    Aktuelle Entwicklungen zum Thema Corona in Augsburg lesen Sie in unserem News-Blog.

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