Ab Freitag, 21 Uhr, ist Schluss: Früher als der Rest Deutschlands geht Augsburg in den zweiten Corona-Lockdown. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) begründet den Schritt mit der steigenden Zahl an Neuinfektionen sowie einer kritischen Entwicklung am Uniklinikum, das an seine Kapazitätsgrenzen gelange. Die Maßnahmen der Stadt gehen in einigen Punkten über das hinaus, was Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten am Mittwoch beschlossen hatten.
Eva Weber wirkt am Donnerstagnachmittag ernst, als sie die neuen Maßnahmen ankündigt. Sie habe „große Hoffnung“ gehabt, dass die bestehenden Einschränkungen reichen, um die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. Die neuesten Zahlen aber hätten diese Hoffnung zunichtegemacht. Der Sieben-Tage-Wert stieg am Donnerstag noch mal stark auf 256,7 an. Bereits am Mittwoch hatte das Uniklinikum Alarm geschlagen. Die verantwortlichen Ärzte hatten eindringlich an die Stadt appelliert, den Lockdown in Augsburg vorzuziehen. Diesen Appell nahm man bei der Stadt ernst. Noch in der Nacht zum Donnerstag fiel die Entscheidung, ab Freitagabend neue Einschränkungen gelten zu lassen.
Am Uniklinikum ist man darüber erleichtert. Der Pandemie-Beauftragte des Krankenhauses, Prof. Helmut Messmann, wählt deutliche Worte: „Die Lage am Universitätsklinikum ist in der Tat besorgniserregend. Es wäre untertrieben zu sagen, sie ist ernst.“ Die Situation sei deutlich angespannter als bei der ersten Welle im Frühjahr. Mehrere Stationen seien geräumt und für Covid-19-Patienten frei gemacht worden. Am Mittwoch habe die Uniklinik mehrere leichter erkrankte Patienten an umliegende Kliniken abgegeben. Es habe sich da abgezeichnet, dass die Kapazitäten in wenigen Tagen erschöpft sein könnten. Nun habe man etwas Luft zum Durchschnaufen, so der Mediziner, aber die Zahlen seien weiter am Steigen.
In der Uniklinik Augsburg sind immer mehr Corona-Patienten in Behandlung
Am Donnerstagvormittag waren an der Uniklinik 107 Corona-Patienten in Behandlung, davon 25 auf der Intensivstation. Die Zahl der Covid-19-Intensivpatienten habe sich binnen weniger Tage verdoppelt. Zu Hochzeiten der ersten Welle im Frühjahr waren es maximal 43 Corona-Erkrankte in der Uniklinik, nun schon mehr als doppelt so viele. Messmann sagt, man komme damit an die Grenzen des Machbaren; das Personal, Ärzte und Pflegekräfte, gäben ihr Letztes. Der Mediziner sprach von einer „Abschussfahrt“, auf der Augsburg leider ganz vorne sei. Man müsse jetzt eine „Vollbremsung“ einlegen.
Die Vollbremsung in Augsburg sieht nun unter anderem so aus, dass die Gastronomie am Freitagabend um 21 Uhr schließen muss – und dann erst einmal geschlossen bleibt. Schließen müssen auch alle Freizeiteinrichtungen, darunter befinden sich in Augsburg auch der Zoo, der Botanische Garten und die Bäder. Auch Kosmetik- und Tattoostudios dürfen nicht öffnen, bei Massagen beschränkt es sich auf das medizinisch Notwendige. Der Handel darf, so wie es auch bundesweit geregelt ist, geöffnet bleiben. Hier gibt es aber eine Augsburger Besonderheit: Alle Geschäfte sind verpflichtet, Spender mit Desinfektionsmittel aufzustellen.
Eine weitere spezielle Regel für Augsburg ist eine erweiterte Maskenpflicht. Seit Mitte Oktober muss in Teilen der Innenstadt auch im Freien eine Maske getragen werden. Das wird nun ab Freitagabend auf weitere Orte ausgeweitet, an denen mitunter viel los ist. Dazu gehören etwa Spielplätze, aber auch öffentliche Parks oder die Spazierwege entlang von Lech und Wertach. Alkohol-Konsum wird ab Freitagabend an allen öffentlichen Plätzen und Straßen sowie in Parks und Wäldern von 21 bis sechs Uhr verboten.
Der Lockdown in Augsburg ist auch Anlass zu Kritik
Die Einschränkungen sind durchaus umstritten. Viele Gastronomen etwa befürchten, dass die erneute Schließung für sie das Aus bedeuten kann. Gastro-Verbände verweisen darauf, dass nur wenige Ansteckungen auf Restaurantbesuche zurückgeführt werden könnten. Eva Weber sagt, sie verstehe, dass manche Bereiche hart getroffen seien. Ein Problem sei aber, dass man nicht wisse, wo sich die meisten Corona-Infizierten anstecken. Von 174 neuen Corona-Fällen am Donnerstag in Augsburg war bei 139 der Infektionsort noch unbekannt. Auch mit Blick auf die Lokale sagte sie: „Nur, weil keine Datenlage zu bestimmten Orten vorliegt, heißt das nicht, dass man sich nicht infiziert.“
Die Oberbürgermeisterin verteidigte auch die Entscheidung, Kitas und Schulen offen oder zumindest in den Wechselbetrieb gehen zu lassen. Hier belegten die Zahlen, dass diese Orte, anders als im Frühjahr angenommen, keine Infektionsherde seien. Eva Weber sieht keine Alternative zum Lockdown. Sie sagt: „Wir können nicht darauf warten, dass sich die sogenannte Herdenimmunität einstellt. Bis dahin würde es Jahre dauern, und es würden viele Menschen aufgrund der Überlastung des Gesundheitssystems sterben.“
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