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Corona-Krise: Augsburger Uniklinik-Mitarbeiter fühlen sich im Stich gelassen

Corona-Krise

Augsburger Uniklinik-Mitarbeiter fühlen sich im Stich gelassen

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    In vielen Krankenhäusern arbeitet das Personal wegen des Coronavirus derzeit am Limit. Mitarbeiter der Uniklinik Augsburg haben ihre Sorgen jetzt öffentlich gemacht.
    In vielen Krankenhäusern arbeitet das Personal wegen des Coronavirus derzeit am Limit. Mitarbeiter der Uniklinik Augsburg haben ihre Sorgen jetzt öffentlich gemacht. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Das Uniklinikum Augsburg (UKA) sei ein Musterbeispiel dafür, wie man sich rechtzeitig auf den Ernstfall vorbereitet. Das hat Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler noch vor einer Woche bei seinem Besuch vor Ort betont. Doch nun regt sich intern Kritik am innerbetrieblichen Ablauf im Krankenhaus. Pflegekräfte beklagen, sie seien zum Teil auf fahrlässige Weise der Ansteckungsgefahr mit Covid-19 ausgesetzt. Die Vorwürfe sind massiv, unterstützt werden sie von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

    Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen des Uniklinikums haben sich an unsere Redaktion gewandt. Sie fühlen sich mit ihren Anliegen von den Verantwortlichen der Uniklinik nicht nur ungehört, sondern auch unter Druck gesetzt. Man solle bei Kritik aufpassen, sonst könne es arbeitsrechtliche Konsequenzen geben, soll es am Klinikum heißen. Die Vorfälle, die die Pflegekräfte anonym im Gespräch mit unserer Redaktion äußern, haben es in sich. So würden Kollegen, die direkten Kontakt mit Corona-Infizierten hatten, verpflichtet, weiterzuarbeiten.

    Mitarbeiter des Uniklinikums üben Kritik am internen Umgang mit der Corona-Krise.
    Mitarbeiter des Uniklinikums üben Kritik am internen Umgang mit der Corona-Krise. Foto: Silvio Wyszengrad

    „Als Kontaktperson A darfst du keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzen, aber am Krankenbett eines Patienten darf man schon noch stehen“, echauffiert sich ein Mitarbeiter. Es gebe Fälle, in denen zwar der Betriebsarzt am Klinikum Kollegen in die Quarantäne nach Hause schicke, bis das Testergebnis da sei. „Aber dann heißt es aus der Personalabteilung, wenn der Kollege am nächsten Tag nicht zur Schicht erscheint, wird er auch nicht bezahlt.“ Solche Fälle häuften sich inzwischen. Die Pflegekräfte fühlen sich vom Klinikum im Stich gelassen. Berichtet wird zudem von einem Eingriff an einem Patienten, der offenbar nicht dringend notwendig gewesen wäre. Kollegen hätten sich dabei mit dem Coronavirus infiziert.

    Uniklinik Augsburg: Es gibt Vorbereitungen für einen Patienten-Ansturm

    Die Uniklinik Augsburg hat in den vergangenen Tagen einiges in die Wege geleitet, um sich für eine mögliche Welle an infizierten Patienten zu wappnen und für sie Kapazitäten frei zu halten. Dazu zählen auch, dass viele planbare Operationen, wie etwa das Beseitigen von Krampfadern, verschoben werden. Elektive Eingriffe nennt man solche Operationen. Derzeit wird laut Klinikumssprecher Thomas Warnken evaluiert, wie viele derartige Operationen bislang verschoben wurden.

    Vielen Mitarbeitern ist die Handlungsweise der Klinik nicht streng genug: Der elektive Eingriff an dem Patienten, der aus einem Risikogebiet gekommen sei, habe dennoch stattgefunden, ärgern sich Mitarbeiter im Gespräch mit unserer Redaktion . Dabei habe sich vor dem Eingriff noch herausgestellt, dass der Patient Fieber habe und weitere Symptome aufwies, die auf das Coronavirus hindeuteten.

    Patient mit Coronavirus: Erkrankung sei verschleiert worden

    Dies alles sei verschleiert worden, kritisiert eine Pflegekraft. Das Personal sei weder vorgewarnt noch mit einem Vollschutz ausgestattet worden. Der Patient wurde letztlich positiv auf Corona getestet. Das Pflegepersonal, das mit ihm Kontakt hatte, musste zunächst weiterarbeiten, sagen die Mitarbeiter. „Erst als einer nach dem anderen krank wurde, wurden sie auch getestet – zum Glück waren nur wenige infiziert“, so die Pflegekraft. „Meiner Meinung nach ist das grob fahrlässig.“

    Es gibt noch einiges mehr, das die Pflegekräfte im Argen sehen. Etwa, dass Reinigungskräfte, die bei Verdachtspatienten sauber machen, angeblich keinen Mundschutz erhielten.

    Auch wird kritisiert, dass nicht mehr Personal auf die Beatmungsgeräte und den Umgang mit Patienten geschult werde, die beatmet werden müssen. „Noch hätte man Zeit, darauf vorbereitet zu werden“, so der Tenor. Teile des Pflegepersonals stellen jetzt Forderungen. Man wolle vom Krisenmanagement des Uniklinikums gehört werden und ein Mitspracherecht erhalten sowie ausreichend vor möglichen Ansteckungen geschützt werden. Zudem verlangen die Mitarbeiter eine monatliche Gefahrenzulage, wie es sie in anderen Krankenhäusern oder im Einzelhandel schon gebe.

    Corona-Krise: Notfallsituation an der Uniklinik

    Mit den Vorwürfen am Freitagnachmittag konfrontiert, hieß es von Seiten der Uniklinik, dass es in der Kürze der Zeit bedauerlicherweise nicht möglich sei, auf die Vorwürfe eine detaillierte und fundierte Antwort zu geben. Jedoch seien im Uniklinikum alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet worden, um die Corona-Krise bestmöglich zu meistern. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen will die Klinikleitung dieses Wochenende geben.

    Tim Graumann von der Gewerkschaft Verdi, die die Interessen des Pflegepersonals vertritt, ist sich bewusst, dass man sich am Klinikum derzeit in einer Notfallsituation befinde. „Ein Betrieb kann in so einer Zeit auch Fehler machen und dazulernen.“ Aber wenn auf der einen Seite das Erlösinteresse verfolgt werde, auf der anderen Seite aber auf Anmerkungen und Forderungen der Beschäftigten nicht eingegangen werde, dürfe man sich über Kritik nicht wundern.

    Derzeit werden am Uniklinikum Augsburg rund 30 Corona-Patienten behandelt. Laut Stand Donnerstag lagen 13 von ihnen auf der Intensivstation und mussten beatmet werden.

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