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Christkindlesmarkt: Louis Bartmann genießt das Leben nach der Sternenschänke

Christkindlesmarkt

Louis Bartmann genießt das Leben nach der Sternenschänke

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    Louis Bartmann, ehemaliger Festwirt, feiert seinen 80. Geburtstag.
    Louis Bartmann, ehemaliger Festwirt, feiert seinen 80. Geburtstag. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Tafel ist gedeckt. Auch ein zusätzlicher Besucher wirft die Gastgeber nicht aus der Bahn. Tausende waren schließlich ihr Alltag im Schaller-Zelt auf dem Plärrer oder an der Sternenschänke auf dem Augsburger Christkindlesmarkt. Mit der gewohnten Professionalität wird daher ein weiteres Gedeck aufgelegt. Ein Kreis von fünf Personen kann ehemalige Festwirtsleute doch nicht aus dem Konzept bringen.

    Es gibt Kaffee und weißen Tee, kleine Obsttörtchen, Kranz sowie selbst gemachte Kirsch- und Aprikosenmarmelade. Der süße Aufstrich stammt aus der Produktion von Louis Bartmann und schmeckt, wie ein Gourmet sagen würde, superb. „Ich koche gern“, sagt der seit heute 80-Jährige und fügt hinzu: „Aber vornehmlich allein.“ Seine Frau Erika Oelze-Bartmann lächelt wissend. Ihr Blick lässt erahnen, welche Bilder gerade an ihrem inneren Auge vorbeiziehen. „Alles, was er macht, macht er gut“, lobt sie ihn, meint damit aber auch die hinterlassene Unordnung.

    Zwei, die auch über sich selbst lachen können: Louis Bartmann und Erika Oelze-Bartmann erzählen, wie sie mit dem Alter umgehen und was für sie die Marke 80 bedeutet.
    Zwei, die auch über sich selbst lachen können: Louis Bartmann und Erika Oelze-Bartmann erzählen, wie sie mit dem Alter umgehen und was für sie die Marke 80 bedeutet. Foto: Silvio Wyszengrad

    Zumindest in der Küche beharrt Louis Bartmann auf einem Single-Dasein. Denn: „Wir haben völlig unterschiedliche Vorgehensweisen“, sagt er. „Wenn ich einen Eintopf koche …“, setzt er zu einer Erklärung an, deren Ende in einem Gewirr von Gelächter und Stimmen untergeht. Vermutlich endet sie damit, dass er dafür „mehr als einen“ Topf benötigt. Jahrzehnte lang verwöhnte er die Gaumen seiner Gäste mit Backhendl, Ente oder Haxn im Schaller-Zelt und mit Glühwein, Jagertee und Schwipsi an der Sternenschänke am Christkindlesmarkt. Die Rezepturen von Speisen und Getränken verfeinerte er stetig weiter, behielt sie trotz häufiger Nachfragen aber immer für sich.

    Das einstige Augsburger Festwirt-Ehepaar geht nicht auf den Plärrer

    Jetzt, da sich das Ehepaar aus dem aktiven Erwerbsleben längst zurückgezogen hat, kehren sie nur noch sehr sporadisch an ihre ehemaligen Wirkungsstätten zurück. „Wir gehen nicht auf den Weihnachtsmarkt, wir gehen nicht auf den Plärrer“, sagt Erika Oelze-Bartmann, die meint: „Man muss irgendwann einen Schnitt machen.“ Dennoch fühlt sie mit, wenn das Wetter dem Volksfestbetrieb zuwider läuft. Aus eigener Erfahrung heraus kann sie aber sagen, dass Hitze fürs Geschäft schlechter ist als Regen.

    Obwohl etliche Jahre ins Land gezogen sind, ist das Ehepaar Bartmann-Oelze nach wie vor ein Traumpaar der Volksfestszene. Zwei kontrastreiche Hälften eines harmonisch abgestimmten Ganzen. Eine perfekte Gewürzmischung. Sie, das quirlige Energiebündel, er, der ruhende Pol, mit der unaufgeregten, fast leisen Stimme. Was aber bedeutet ihm die Acht vor der Null? Erika Oelze-Bartmann, die diese Marke schon vor ihm erreicht hat, kommt ihm mit der Antwort zuvor: Sie sei „hart“ und „einschneidend“, sagt sie. Ihr Mann hingegen meint ganz gelassen: „Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht.“

    Dennoch präsentieren sich die Bartmanns auch im Ruhestand als das eingespielte Team, als das sie schon im Berufsleben bekannt waren. Besonders sympathisch ist der neckende Umgangston und die Fähigkeit, über sich selbst und mit anderen herzlich zu lachen. Aufgeschlossen sind sie für Neues und gegenüber den Notwendigkeiten der Zeit. So sind sie immer wieder bereit, mit Altem abzuschließen und sich Neuem zu öffnen.

    Im Jahr 2014 hatte sich das Ehepaar aus der Sternenschänke am Christkindlesmarkt verabschiedet.
    Im Jahr 2014 hatte sich das Ehepaar aus der Sternenschänke am Christkindlesmarkt verabschiedet. Foto: Silvio Wyszengrad

    Schweren Herzens gaben die Bartmanns ihren Garten auf

    Ihr zuliebe gab Louis Bartmann vor 15 Jahren das Motorradfahren auf. Seine gärtnerische Leidenschaft beschränkt er inzwischen auf den weitläufigen Balkon in Oberhausen. Das heißt: Den Garten mit „Datsche“ im Umland haben beide geliebt, aus orthopädischen Gründen aber schweren Herzens aufgegeben. Dort hatten ihm 60 Rosenstöcke viel Pflege abverlangt und zum Saisonende musste er rund 600 welke Blüten von den Rhododendren-Stöcken zupfen. Jetzt hat sich Louis Bartmann aus anderen Gründen einen neuen, grünen „Nickname“ gegeben. Heute nennt er sich selbst „Komposchti“. Damit meint er wohl, dass er sich ob seines Alters anpassen und als eher analoger Typ in einer digitalen Welt zurechtfinden muss und will. Und so, wie er es schildert, gelingt es ihm manchmal ganz gut, manchmal eher weniger.

    Also beschäftige er sich derzeit mit „Emojis“, den kleinen Gesichtern und Figuren, die man per SMS oder Whatsapp verschickt. Wobei er bezweifelt, dass er immer so fühlt, wie deren Gesichter es meinen. Fast ist er sich sicher, dass er über sein Handy schon so manchen unwissend beleidigenden „Smiley“ verschickt hat. Zumindest kann er sich vorstellen, dass er damit schon Gefühlsregungen zum Ausdruck brachte, die er eigentlich gar nicht hat. Deshalb wäre seiner Meinung nach „ein Handbuch“ äußerst nützlich, das ihm übersetzt, was andere in den gezeichneten Mienen lesen. Denn habe man eine Nachricht erst einmal abgeschickt, sei sie nicht mehr zurückzuholen. Vor allem der „Kussmund“ beschäftigt ihn. Schließlich kann der vielseitig gedeutet werden. Ist er jetzt freundlich, liebevoll oder eher anrüchig? Louis Bartmann hat Fragen über Fragen zu diesem Thema.

    Auf sein nächstes Lebensjahrzehnt stimmte sich das Ehepaar bei einem Italien-Urlaub ein. Heute reisen sie lieber mit dem Flugzeug, um sich lange Autofahrten zu ersparen. Dennoch birgt auch eine Flugreise „Risiken“. Wie Louis Bartmann es schildert, schrillen in der Sicherheitsschleuse am Flughafen dann unter Umständen nämlich die Alarmglocken. Der Grund: Seine beiden Knie bestünden mittlerweile aus Titan.

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