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Interview: Besuche in den Augsburger Pflegeheimen sollen erlaubt bleiben

Interview

Besuche in den Augsburger Pflegeheimen sollen erlaubt bleiben

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    Alte Menschen brauchen Zuwendung. Deshalb will die Stadt in ihren Seniorenheimen trotz der angespannten Corona-Lage Besuche von Angehörigen im Rahmen des Möglichen zulassen.
    Alte Menschen brauchen Zuwendung. Deshalb will die Stadt in ihren Seniorenheimen trotz der angespannten Corona-Lage Besuche von Angehörigen im Rahmen des Möglichen zulassen. Foto: Silvio Wyszengrad

    In den Augsburger Seniorenunterkünften werden immer mehr Corona-Infektionen gemeldet. Bewohner und Mitarbeiter sind betroffen. Susanne Greger, die Chefin der städtischen Altenhilfe erklärt im Interview, warum es in den Heimen keinen absoluten Schutz vor dem Virus geben kann. Und wie sich die aktuelle Situation von der im Frühjahr unterscheidet.

    Frau Greger, seit einigen Wochen nehmen die Corona-Fälle in Pflegeheimen deutlich zu. Wie erklären Sie sich die Situation?
    Susanne Greger: Die diffusen Infektionsgeschehen legen nahe, dass das Virus auch den Weg in die Heime findet. Bewohner und Mitarbeiter sind im Alltagsgeschehen unterwegs, ebenso die Besucher. Das Zusammenspiel von Infizierten ohne Symptome und einem hochaktiven Virus spielt ebenso eine Rolle.

    Gerade diejenigen, die des besonderen Schutzes bedürfen und wegen denen die Einhaltung der Corona-Regeln so wichtig sind, sind jetzt stark betroffen. Ist das ein Augsburger Phänomen?
    Greger: Nein, diese Entwicklung ist bundesweit festzustellen.

    Susanne Greger leitet die städtische Altenhilfe, zu der unter anderem fünf Seniorenheime gehören.
    Susanne Greger leitet die städtische Altenhilfe, zu der unter anderem fünf Seniorenheime gehören. Foto: Michael Hochgemuth

    Neben Angehörigen und den Bewohnern sind es auch die Beschäftigten, die das Virus in die Heime tragen und dort andere infizieren. Wie kann das trotz Mund-Nasen-Schutz passieren? Wird dieser nicht konsequent getragen?
    Greger: Wir wissen nicht, wer wen infiziert. Unsere Mitarbeitenden tragen konsequent ihren Mund-Nasen-Schutz, den sie mehrmals während der Schicht wechseln. Oft greifen sie auch auf die FFP2-Masken zurück, die nicht nur das Gegenüber, sondern auch sie selbst schützen. Anders als im Frühjahr sind unsere Vorratslager für die komplette Ausrüstung jetzt gefüllt.

    Kann man überhaupt alle Senioren schützen? Gerade demente Bewohner tun sich mit dem Abstandhalten und dem Maskentragen sehr schwer.
    Greger: Einen hundertprozentigen Schutz gibt es nicht. Da wird beim Essen die Maske abgenommen, die Bewohner besuchen sich gegenseitig zum Kaffeeplausch. Dementen Senioren fehlt tatsächlich oft das Verständnis für Abstands- und Hygieneregeln. Hinzu kommt, dass sie die Nähe suchen und meist sehr mobil sind.

    Muss bei den Schutz- und Hygienemaßnahmen nachgebessert werden?
    Greger: Die bestehenden Maßnahmen wie Abstand halten, Kontakte reduzieren, Maske tragen und Hände desinfizieren reichen aus. Sie müssen nur konsequent umgesetzt werden.

    Momentan wird in vielen Heimen aufgrund von Infektionsfällen sowie präventiv getestet. Wie lange sind die Wartezeiten auf das Ergebnis?
    Greger: Das kann schnell gehen, aber auch bis zu einer Woche dauern.

    Gelten bereits während der Wartezeit besondere Regeln in den Heimen?
    Greger: Als Kontaktperson 1 oder Verdachtsfall bleiben die Bewohner auf dem Zimmer und die Mitarbeiter zu Hause. Dies gilt auch für neue Bewohner, die routinemäßig getestet werden. Bei vorsorglichen Reihentestungen hingegen können sich die Senioren frei bewegen und die Beschäftigten ihrer Arbeit nachgehen.

    In der städtischen Altenhilfe kommen Schnelltests zum Einsatz

    Seit Kurzem kommen in den Einrichtungen der städtischen Altenhilfe sogenannte Schnelltests zum Einsatz, die innerhalb von 15 Minuten anzeigen, ob eine Infektion mit dem Coronavirus vorliegt. Wer wird damit getestet?
    Greger: Wir testen vorrangig Mitarbeiter und Bewohner. Die Tests sind hilfreich, weil sie eine Art Frühwarnsystem sind, aber auch ungenauer als die PCR-Tests. Angehörige zu testen, wäre zwar möglich, wird aber nicht gemacht, weil sonst unser Vorrat schnell knapp werden könnte. Für Nachbestellungen gibt es teilweise lange Lieferfristen.

    In welchen Fällen folgt noch ein PCR-Test?
    Greger: Immer dann, wenn ein Schnelltest positiv ausgefallen ist.

    Aus den Augsburger Seniorenheimen werden immer mehr Corona-Infektionen gemeldet.
    Aus den Augsburger Seniorenheimen werden immer mehr Corona-Infektionen gemeldet. Foto: Ulrich Wagner (Symbolfoto)

    Im Frühjahr herrschte ein staatlich verordnetes wochenlanges Besuchsverbot in den Heimen. Bewohner wie Angehörige litten sehr unter den starken Beschränkungen während der ersten Corona-Welle. Welche Regeln gelten aktuell?
    Greger: In unseren Häusern können die Bewohner einen Besucher pro Tag für maximal eine Stunde empfangen. Wegen größerer Infektionsgeschehen sind jedoch das Hospitalstift und das Haus Lechrain für Besucher zurzeit geschlossen. Für Bewohner in Krisensituationen oder in der Sterbephase machen wir immer eine Ausnahme. Das wurde auch im Frühjahr so gehandhabt.

    Werden Besuche auch dann noch möglich sein, wenn das Infektionsgeschehen weiter Fahrt aufnimmt?
    Greger: Solange es geht, halten wir daran fest. Wir stellen aber auch fest, dass die Angehörigen sehr verständnisvoll sind, wenn wegen Quarantänemaßnahmen für eine gewisse Zeit ihre Besuche ausbleiben müssen.

    Manche Pflegeheime in Augsburg müssen bereits Personal aus anderen Bereichen (zum Beispiel Tagespflege) ausleihen, weil sie wegen der Corona-Infektionen ihrer Mitarbeiter nicht mehr genügend Personal haben. Wie sieht es diesbezüglich bei der Stadt aus?
    Greger: Momentan können sich unsere fünf Einrichtungen noch gegenseitig helfen. Wir benötigen aber darüber hinaus Pflegekräfte, die von Zeitarbeitsfirmen kommen. Und auch da wird das Angebot knapp.

    Steht wie im Frühjahr wieder ein Aufnahmestopp bevor?
    Greger: Das ist derzeit nicht geplant. Wir können aber teilweise nicht alle Plätze belegen, weil wir für Umzüge von Bewohnern in Quarantäne Räume brauchen und auch das Personal für eine Vollbelegung nicht ausreichen würde. Die Pflege unter Quarantänebedingungen ist allein schon wegen des ständigen An- und Ausziehens der Schutzkleidung sehr zeitaufwendig.

    Wie arbeiten die verschiedenen Träger der Altenhilfe in der aktuellen Krise zusammen?
    Greger: Wir arbeiten gut zusammen, weil wir alle in einem Boot sitzen. Wir tauschen uns aus, auch weil es in den Heimen in der Stadt gleiche oder ähnliche Regelungen geben soll. Es gibt auch wieder den Runden Tisch, den wir im Frühjahr eingeführt haben. Hier sitzen Vertreter der verschiedenen Träger, der Gesundheits- und Sozialreferent sowie Vertreter des Gesundheitsamtes, der Kliniken und niedergelassenen Ärzte beisammen.

    Wie viele Einrichtungen und wie viele Plätze gibt es derzeit in den stationären Pflegeeinrichtungen in Augsburg?
    Greger: In Augsburg gibt es rund 3000 vollstationäre Pflegeplätze in 26 Einrichtungen, davon betreibt die Stadt fünf Häuser mit insgesamt 802 Plätzen.

    Alle Neuigkeiten zum Coronavirus in Augsburg lesen Sie in unserem News-Blog.

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