Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Ausburg: Taxifahrer schimpfen über Uber-Gesetze: "Das ist der größte Schmarrn"

Ausburg

Taxifahrer schimpfen über Uber-Gesetze: "Das ist der größte Schmarrn"

    • |
    Franz Pietsch fährt seit 32 Jahren in Augsburg Taxi. Nun steht ein Umbruch bevor: Verkehrsminister Scheuer möchte den Taximarkt für private Anbieter wie „Uber“ öffnen.
    Franz Pietsch fährt seit 32 Jahren in Augsburg Taxi. Nun steht ein Umbruch bevor: Verkehrsminister Scheuer möchte den Taximarkt für private Anbieter wie „Uber“ öffnen. Foto: Ulrich Wagner

    Der Tag von Franz Pietsch beginnt um 8 Uhr – und nur eine Viertelstunde später steigt schon der erste Fahrgast in sein Taxi. Florian* ist vier Jahre alt. Er muss in den Kindergarten. Der Papa ist in der Arbeit und die Mama hat an diesem Morgen keine Zeit, den Knirps in den fünf Minuten entfernten Kindergarten zu bringen. Also springt

    Für den 56-Jährigen ist das selbstverständlich. Er habe mehrere Kunden, die er seit vielen Jahren kennt, die ihm ihre ganze Lebens- und manchmal auch Leidensgeschichte erzählen und die sich auf ihn verlassen. Von Bub Florian über den Geschäftsmann, der pünktlich am Münchner Flughafen sein muss, bis hin zur blinden Rentnerin, „die mir ihre Bankkarte in die Hand drückt, damit ich für sie Geld abhebe“, sei alles dabei, sagt Pietsch.

    Das ist der beste Job der Welt, habe er sich damals Ende der 80er Jahre gedacht, als er seinen gelernten Beruf des Zimmerers hinter sich ließ und zum Taxler wurde. Doch seither habe sich in der Branche einiges geändert. Die „goldenen Zeiten“, als noch die US-Amerikaner in Augsburg stationiert waren und das Geschäft florierte, seien vorbei. Früher hätten sich die Taxifahrer in

    Verkehrsminister Scheuer will Uber, Lyft und Co. erlauben

    Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) arbeitet gerade an einer Reform des Personenbeförderungsgesetzes. Dabei soll unter anderem die Rückkehrpflicht für Mietwagenfirmen gestrichen werden. Sie ist ein Grund dafür, warum international erfolgreiche Fahrdienste wie Uber und Lyft in Deutschland bisher ausgebremst wurden. Deren Geschäftsmodell fußt darauf, dass Privatpersonen mit ihrem Privatwagen durch die Stadt kurven und kostenpflichtig – oftmals deutlich günstiger als Taxen – Menschen chauffieren.

    Unternehmen wie Uber bringen über Internetplattformen und Handy-Apps Fahrer und Mitfahrer zusammen und verdienen an jeder Fahrt mit. In vielen Ländern und Metropolen boomt das Geschäft. In Deutschland ist es verboten – wenngleich sich in Städten wie Berlin nicht jeder daran hält. Verkehrsminister Scheuer will den Markt nun liberalisieren. Und die Taxifahrer toben.

    Seit Monaten demonstrieren in Bayern regelmäßig Taxler gegen Uber und Co. Und in Augsburg steigt bei Franz Pietsch der Puls, wenn er über die Pläne Scheuers spricht. „Das würde den Wettbewerb komplett verzerren. Für uns Taxler gilt die Beförderungspflicht, die Tarifpflicht, der Mindestlohn, wir müssen Steuern zahlen und regelmäßig unsere Eignung unter Beweis stellen, das Auto muss jedes Jahr zum TÜV. Für einen Privatmann, der Taxi spielen darf, gilt das alles nicht. Das kann es doch nicht sein“, wettert Pietsch.

    Taxifahrer erklärt: So viel Geld verdiene ich wirklich

    Er steigt aus und hilft vor einer Dialyse-Praxis einer 87-Jährigen in sein Auto. Es ist seine dritte Kundin innerhalb einer guten Stunde, sie wird ihm später knapp 20 Euro für die Fahrt bezahlen. „Davon bleiben am Ende vielleicht acht Euro für mich hängen“, rechnet Pietsch vor. Rund 200 Euro Umsatz müsse er an einem Werktag machen, damit er „adäquat leben“ könne. Am Wochenende gehe naturgemäß mehr, im Schnitt bis zu 350 Euro an einem Abend. Doch an Wochenenden lässt der Ehemann und Vater zweier Kinder mittlerweile drei 450-Euro-Kräfte für sich fahren. „Ich musste irgendwann auf die Bremse treten, es ist auf Dauer nicht gut, fünf Tage die Woche und fast jedes Wochenende zwölf Stunden am Stück im Auto zu sitzen.“

    209 Taxen gibt es aktuell in Augsburg. Genug, sagt Pietsch. In der Stadt sei gar kein Bedarf an noch mehr Mitfahrangeboten. Doch Verkehrsminister Scheuer hat mit seinem Ziel, den Taximarkt auch für andere Anbieter zu öffnen, gerade auch die ländlichen Regionen im Blick. Dort könnten neue Angebote bestehende Lücken im Öffentlichen Nahverkehr schließen, sagt Scheuer.

    „Das Argument ist der größte Schmarrn“, erwidert Franz Pietsch. „Uber-Fahrer leben davon, dass sie ständig unterwegs sind und die Leute am Straßenrand aufsammeln. Das kann in einer Stadt funktionieren, aber doch nicht auf dem Land.“ In ein von Bus und Bahn verlassenes Dorf wird sich künftig kaum ein Uber-Fahrer verirren, glaubt er. Ein Taxi aber sehr wohl, sagt er und startet den Motor. Der nächste Fahrgast wartet schon.

    *Name von der Redaktion geändert

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden