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Ausblick: „Wir brauchen ein anderes Arbeitszeitgesetz“

Ausblick

„Wir brauchen ein anderes Arbeitszeitgesetz“

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    Auch für die Metall- und Elektroindustrie beginnt ein neues Jahr. Zum Auftakt richten Sie den Blick allerdings noch einmal zurück auf 2016 und ziehen ein Fazit. Wie fällt diese Bilanz aus?

    Die Unternehmen der schwäbischen M+E-Industrie bewerten die Geschäftslage für das zweite Halbjahr 2016 unserer Umfrage nach als gut. Dies gilt auch für die Ertragslage. 41 Prozent der Unternehmen gehen für 2016 von einer Nettoumsatzrendite von vier Prozent und mehr aus. Der bayerische Durchschnitt wird sich wohl bei rund 3,5 Prozent bewegen.

    Planen die Unternehmen auch für 2017 mit diesen guten Zahlen?

    Die Firmen sind mit den Erwartungen für 2017 zurückhaltender. Über zwei Drittel der schwäbischen Unternehmen gehen für den Inlandsmarkt von keiner Veränderung aus, knapp 17 Prozent hoffen auf eine Verbesserung, etwa ebenso viele befürchten eine Verschlechterung. Bezogen auf das Auslandsgeschäft ist der Erwartungssaldo sogar negativ.

    Womit hängt das zusammen?

    Das hängt zum einen mit der leichten Konjunkturabkühlung im zweiten Halbjahr 2016 zusammen, aber auch mit den aktuellen Entwicklungen in Europa. Und natürlich sind viele auch unsicher, wie es in Amerika mit Donald Trump weitergeht. Diese Vorsicht ist im bayerischen Durchschnitt sogar deutlicher erkennbar, als hier in Schwaben.

    Wie wirkt sich diese Einschätzung der Unternehmen auf die Beschäftigungspläne und damit die Mitarbeiter aus?

    Laut unserer Umfrage wollen 50 Prozent unserer Mitgliedsunternehmen in Bayern in den kommenden Monaten zusätzliche Arbeitsplätze im Inland schaffen. In Schwaben planen dies nur 29 Prozent der Firmen. Ebenso viele gaben an, eventuell Stellen streichen zu müssen. Dieser Unterschied liegt darin begründet, dass die positive Bewertung der Geschäftslage, die zum Stellenaufbau bewegt, von Branchen wie der Automobil- und Zulieferindustrie, dem Fahrzeugbau oder der IT-Branche getragen werden. Diese Unternehmen sind in Schwaben jedoch weniger stark vertreten als anderswo in

    Immer wieder fällt das Schlagwort Industrie 4.0, das vereinfacht ausgedrückt, die Automatisierung und Digitalisierung der Industrie meint. Welche Tendenzen sind diesbezüglich aus Ihrer Umfrage zu erkennen?

    An den Beschäftigungsplänen unserer M+E-Unternehmen ist zu sehen, dass der geplante Stellaufbau quer durch alle Branchen geht, jedoch in den Bereichen Forschung und Entwicklung sowie in der IT überproportional ausfällt. Das zeigt, dass die Digitalisierung in der bayerischen M+E Industrie in vollem Gange ist. Im Ausland sollen vor allem Stellen in der Produktion geschaffen werden.

    Auf den ersten Blick widerspricht dies der Befürchtung, die Digitalisierung würde Arbeitsplätze kosten.

    Es verlagert sich der Beschäftigungsfokus. Wir brauchen mehr Informatiker, IT- oder Elektrofacharbeiter. Die Besetzung dieser Stellen ist schon heute für manche Firmen ein Problem. Nur jede zehnte Stelle für Informatiker kann beispielsweise problemlos besetzt werden. Berufsbilder wie der Mechatroniker oder Elektroniker werden zunehmend nachgefragt. Das sind Ausbildungsberufe, die eine gute Qualifikation voraussetzen.

    Bedeutet das anders formuliert, dass Industrie 4.0 nicht zwingend Arbeitsplätze kostet, dafür höher qualifiziertes Personal fordert?

    Genau so ist es. Für Menschen in Berufen mit niedriger Qualifikation wird es zunehmend schwerer werden.

    Ein wichtiges Element des Unternehmenserfolgs ist die Wettbewerbsfähigkeit. Wie sehen sie die schwäbischen Unternehmen hier aufgestellt?

    Die bereits angesprochene Digitalisierung wird die Industrie nachhaltig verändern. Dafür müssen wir uns rüsten. Das bedeutet, wir müssen die Arbeitskosten genau im Blick haben und brauchen in verschiedenen Bereichen mehr Flexibilität. Da ist ein zentrales Thema die Arbeitszeit.

    Welche Forderungen haben Sie hier?

    Das deutsche Arbeitszeitgesetz ist zu unflexibel. Paragraf drei zum Beispiel legt eine maximale Arbeitszeit pro Tag von zehn Stunden fest. Das passt nicht in die heutige Realität. Wir fordern die Abschaffung dieser Höchstgrenze. Wir müssen stattdessen zu einer wochenbezogenen Betrachtung kommen.

    Haben Sie hierfür ein Beispiel?

    Nehmen wir an, es muss eine Maschine gewartet werden. Dann muss es für ein Unternehmen möglich sein, den dafür qualifizierten Mitarbeiter an diesem Tag auch einmal zwölf Stunden einzusetzen, um die Arbeit zügig abschließen zu können. Dafür erhält er dann im Laufe der Woche einen Zeitausgleich.

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