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Augsburgs Medailleure: Die Medaillen-Schmiede Drentwett

Augsburgs Medailleure

Die Medaillen-Schmiede Drentwett

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    Die Medaillen-Schmiede Drentwett
    Die Medaillen-Schmiede Drentwett

    Ein fast in Vergessenheit geratenes Kapitel Augsburger Wirtschafts-, Kunst- und Handwerksgeschichte sind die Medailleure. Die Münzen- und Medaillenherstellung hat in Augsburg eine 1000-jährige Geschichte. Die letzte bedeutende „Medaillen-Schmiede“ existierte 107 Jahre: die Prägeanstalt C. Drentwett. Sie war Augsburgs produktivster, europaweit bekannter Hersteller von Gedenkmünzen, Personenmedaillen, Abzeichen und Wallfahrtsandenken.

    Die Firmengeschichte begann am 9. März 1842. An diesem Tag erhielt der Graveur und Ziseleur Gottfried Benedikt Christoph Drentwett (1817-1871) die Gewerbeerlaubnis als „Graveur in allen Metallen sowie zur Verfertigung von Galanteriewaren in rohem und verfeinertem Zustand“. Der Augsburger stammte aus einer Dynastie von Gold- und Silberschmieden. Er absolvierte bei einem Onkel eine Lehre als Silberarbeiter.

    Der junge Geselle bildete sich bei fünf Meistern weiter und erprobte seine Fähigkeiten als Ziseleur im königlichen Gieß- und Bohrhaus in Augsburg an Waffen und militärischen Ausrüstungen. 1841 heiratete er. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor. Der geschäftliche Erfolg ermöglichte 1852 den Erwerb von zwei Häusern am Lauterlech in der Jakobervorstadt. 1861 erwarb Drentwett das stattliche Haus Vorderer Lech 5. Es war mal das Wohnhaus der Textilunternehmerin Anna Barbara Gignoux. Ihr goldglänzendes Monogramm ist noch immer über dem Eingang angebracht.

    Hier entstanden jene Medaillen mit dem winzigen Vermerk „Drentwett“, die seinen Ruhm begründen. Rund 40 Drentwett’sche Medaillen haben direkte Bezüge zu Augsburg. Das Maximilianmuseum verfügt über einen Großteil davon. Sie stammen aus dem Besitz des Historischen Vereins, denn Vereinsmitglied Gottfried Drentwett übergab allein im Jahr 1850 rund 20 prägefrische Medaillen. Die Prägungen überliefern viel über das Denken und über die Gefühlswelt unserer Vorfahren. Sie dokumentieren Ereignisse, Wallfahrtsziele, Feste, berichten von Königsverehrung und überliefern unter anderem die Porträts von Augsburger Bischöfen.

    Ende des Jahres 1870 übernahm der Sohn Carl Drentwett die Prägeanstalt. Er verstarb 1876 im Alter von 29 Jahren. Seine Witwe verkaufte Firma und Haus an den Lithografen und Graveur Heinrich Schmidt. Auch er bestimmte eine lange Epoche in diesem Geschäftszweig. Seine Erzeugnisse belegen, dass auch er ein hervorragender Medailleur war. Doch Schmidt trat nie namentlich auf Medaillen in Erscheinung. Ab 1898 firmierte er als „C. Drentwett’sche Prägeanstalt“. Dort waren ein Prägemeister und ein Prägegehilfe beschäftigt.

    Eine Vielzahl Medaillen waren Auftragsarbeiten zu historischen, politischen und kulturellen Anlässen. Das Absatzgebiet umfasste das gesamte Deutsche Reich. Für das Kaiserhaus gab es ebenso Medaillen „Made in Augsburg“ wie zu Festen in Bayern. Eine hohe Anzahl dieser Medaillen dokumentiert deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts. Auf das erste deutsche Parlament in Frankfurt 1848 gab es eine Serie von neun Prägungen aus Augsburg, 1880 acht Medaillen zur Vollendung des Kölner Doms. Etliche Male kam Reichskanzler Otto von Bismarck zu Medaillen-Ehren – auch noch, als er bereits vom Kaiser entlassen war. Zum 700-Jahr-Jubiläum des Hauses Wittelsbach (1880) und nach Richard Wagners Tod (1883) kamen „Denkmünzen“ aus Augsburg auf den Markt.

    Die im Drentwett-Katalog von 1897 aufgeführten 22 Wallfahrtsandenken waren sicherlich Dauerläufer. Die Prägungen zu den Passionsspielen 1880 und 1890 in Oberammergau zählten zur Kategorie „Ereignismedaillen“. Das Sortiment war breit: Besteller konnten unter „300 Sorten bayerischer Kriegervereinsmünzen“ mit 28 Millimeter Durchmesser auswählen. Die Preise: 50 Pfennig in Kupferbronze, 30 Pfennig in Zinn. Lagerware waren Kupfer- und Zinnprägungen. Auf Bestellung gab es aber jede Medaille auch in Silber oder Gold.

    Das florierende Geschäft ermöglichte 1888 Heinrich Schmidt die Übersiedlung seiner Prägeanstalt aus dem Lechviertel in den stattlichen Neubau Morellstraße 11. Im Rückgebäude richtete er seine Prägeanstalt ein. Ab 1900 durfte sich Heinrich Schmidt „Fürstlich Schwarzburg-Rudolstadt’scher Hoflieferant“ nennen. Es war ein bis 1918 regierendes Fürstenhaus in Thüringen. Am 15. Juli 1914 verstarb Heinrich Schmidt. Seine Witwe führte die eingeführte Prägeanstalt mit internationalem Kundenkreis und Hunderten Prägestempeln bis Oktober 1929 weiter.

    Am 12. April 1933 kaufte der Goldschmied Josef Robert Rosenmaier den Betrieb. Der bestens eingeführte Firmenname „C. Drentwett“ lebte unter dem neuen Besitzer weiter. „Herstellung von religiösen Medaillen und Devotionalien“ lautete nun der Eintrag in der Gewerbekartei. Die Firma übersiedelte 1933 von der Morellstraße 11 in ein Rückgebäude des Hauses Perzheimstraße 32. Dort entstanden massenweise preiswerte Wallfahrtsandenken aus Leichtmetall. Als am 7. November 1945 der Ingenieur Hans Eckart die Prägeanstalt pachtete, behielt er den Firmennamen bei. Laut Gewerbekartei erlosch die Firma „C. Drentwett“ am 8. März 1949. „Grund: Geschäftsaufgabe“, heißt es auf der Karteikarte.

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