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Augsburger Polizistenmord: Verdächtige standen schon länger unter Beobachtung

Augsburger Polizistenmord

Verdächtige standen schon länger unter Beobachtung

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    Polizeibeamte durchsuchen  am Donnerstagnachmittag einen Hof in Friedberg. Zwei Monate nach dem Augsburger Polizistenmord wurde hier offenbar einer der beiden mutmaßlichen Täter festgenommen.
    Polizeibeamte durchsuchen am Donnerstagnachmittag einen Hof in Friedberg. Zwei Monate nach dem Augsburger Polizistenmord wurde hier offenbar einer der beiden mutmaßlichen Täter festgenommen. Foto: Andreas Schmidt

    Hinter dem Mord am Augsburger Polizeibeamten Mathias Vieth Ende Oktober im Augsburger Siebentischwald stecken zwei "altbekannte" Kriminelle aus dem Augsburger Milieu. Die beiden Männer, die am Donnerstag in der Augsburger Innenstadt und in Friedberg von SEK-Beamten festgenommen wurden, stammen Ermittlern zufolge aus dem kriminellen Milieu der Stadt. Und: Sie waren schon länger im Visier der Kripo. Davon mitbekommen hatten sie aber nichts. Die Männer seien vom Zugriff "vollkommen überrascht" gewesen, erklärte Polizeisprecher Manfred Gottschalk. Sie hätten bei der Aktion keinen Widerstand geleistet.

    Der Augsburger Polizist Mathias Vieth war in der Nacht des 28. Oktober im Siebentischwald erschossen worden. Der Beamte wollte mit seiner Kollegin auf einem Parkplatz am Augsburger Kuhsee zwei verdächtige Männer kontrollieren. Doch die rasten sofort auf einem Motorrad davon. Nach einer Verfolgungsfahrt stürzten die Flüchtigen auf einem Waldweg. Als die Streifenbeamten ankamen, eröffneten die Verdächtigen das Feuer auf die Polizisten

    Mathias Vieth starb noch am Tatort

    Vieth wurde mehrfach getroffen und starb noch am Tatort. Seine Kollegin wurde durch einen Streifschuss verletzt. Unklar blieb bislang, ob nur einer oder beide Täter geschossen haben. Die Männer hatten eine größere, schwarze Tasche bei sich und konnten unerkannt flüchten, obwohl beide Polizisten noch zurück gefeuert hatten.

    Seitdem lief die Großfahndung nach den Mördern. Das Augsburger Polizeipräsidium richtete eine 50-köpfige Sonderkommission ein. In den vergangenen Wochen gingen bei der Soko "Spickel" über 700 Hinweise ein, die nach und nach abgearbeitet wurden. Der Schwerpunkt der Ermittlungen konzentrierte sich unter anderem auf

    Ob unter den Hinweisen auch der entscheidende Tipp war, der jetzt zur Festnahme führte, ist nicht bekannt. Denkbar wäre es durchaus. Immerhin wurde die Belohnung für Tipps, die zur Ergreifung der Mörder führt, zwischenzeitlich auf 100.000 Euro erhöht. Und tatsächlich hatte die Augsburger Kripo  genau auf solche Hinweise spekuliert.

    Hatten die Polizistenmörder Ortskenntnis?

    Dass die Täter aus dem Augsburger Raum stammen könnten, hatten die Ermittler der Soko "Spickel" ebenfalls schon vermutet. Dafür sprach vor allem die offensichtliche Ortskenntnis der Verbrecher. Auswärtige wissen nicht unbedingt, dass sie vom Augsburger Kuhseeparkplatz aus mit einem Motorrad über einen Fußgängerweg auf die andere Seite des Lechs, und von dort direkt in den Siebentischwald flüchten können.

    Der Mord am Augsburger Polizisten Mathias Vieth

    Der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth wird am frühen Morgen des 28. Oktober 2011 im Augsburger Siebentischwald von unbekannten Tätern erschossen.

    Der Streifenbeamte und seine Kollegin wollen an diesem Freitagmorgen gegen drei Uhr auf einem Parkplatz am Augsburger Kuhsee ein Motorrad mit zwei Männern kontrollieren.

    Die beiden Verdächtigen flüchten sofort in den nahen Siebentischwald, die Beamten nehmen mit ihrem Streifenwagen die Verfolgung auf.

    Im Wald stürzen die Motorradfahrer. Dann kommt es zu einem Schusswechsel zwischen Beamten und Tätern. Der 41-jährige Polizeibeamte wird trotz Schutzweste tödlich am Hals getroffen, seine Kollegin durch einen Schuss an der Hüfte verletzt.

    Die Täter flüchten. Eine anschließende Großfahndung, an der sich mehrere hundert Polizeibeamte beteiligen, bleibt ohne Erfolg.

    Die Augsburger Polizei richtet noch am gleichen Tag eine Sonderkommission ein. Der Soko "Spickel", benannt nach dem Augsburger Stadtteil, in dem die Tat geschah, gehören zunächst 40 Beamte an.

    Zwei Tage nach dem Polizistenmord geben die Ermittler bekannt, dass das Motorrad der beiden Täter in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2011 im Stadtgebiet von Ingolstadt gestohlen worden war. Dabei wurde die rund 15 Jahre alte Honda kurzgeschlossen.

    Drei Tage nach dem tödlichen Schusswechsel rückt die Polizei erneut mit einem Großaufgebot im Augsburger Spickel an. Taucher von Polizei und Feuerwehr suchen in den Kanustrecken des Eiskanals nach Gegenständen.

    Am 3. November wird Mathias Vieth bestattet. Am gleichen Tag stockt die Polizei die Soko "Spickel" auf 50 Beamte auf. Zugleich wird die Belohnung, die zur Aufklärung des Polizistenmordes ausgesetzt ist, auf 10.000 Euro erhöht.

    Ein Abgleich von DNA-Spuren, die am Tatort gesichert werden konnten, mit der bundesweiten DNA-Datenbank ergibt laut Polizei keinen Treffer.

    Am 7. November findet im Augsburger Dom die offizielle Trauerfeier für Mathias Vieth statt. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nimmt an ihr teilt.

    Zehn Tage nach dem Augsburger Polizistenmord greift die Sendung "Aktenzeichen XY" den Fall auf. Zwar gehen daraufhin mehrere Hinweise ein, eine heiße Spur ist aber nicht darunter.

    Dezember 2011: Die Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, wird auf insgesamt 100.000 Euro erhöht.

    Am 29. Dezember 2011 nimmt die Polizei in Augsburg und Friedberg zwei Verdächtige fest. Es handelt sich um die Brüder Rudi R. (56) und Raimund M. (58). Schnell wird bekannt: Der Jüngere hat bereits 1975 einen Augsburger Polizisten erschossen.

    Nach der Festnahme entdecken die Fahnder etliche Waffen und auch Sprengstoff. Belastet wird einer der Verdächtigen durch DNA-Spuren, die am Tatort gefunden wurden.

    Auf die Spur der beiden Männer kamen die Ermittler über ein Fahrzeug. Der Wagen war in Tatortnähe beobachtet worden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die beiden Brüder des Öfteren mit diesem Wagen unterwegs waren.

    Mitte Januar ergeht auch Haftbefehl gegen die Tochter von Raimund M.. Bei ihr wurden Anfang Januar drei Schnellfeuergewehre und acht Handgranaten gefunden, die ihr Vater und dessen Bruder Rudi R. versteckt haben sollen.

    Im Juli 2012 wird die Tochter von Raimund M. verurteilt. Das Gericht spricht sie wegen Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffengesetz, wegen Geldwäsche, Hehlerei und Diebstahl schuldig.

    August 2012 Die Augsburger Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen die Brüder Raimund M., 60, und Rudi R., 58, wegen Mordes am Polizisten Mathias Vieth. Außerdem listet die Anklage fünf Raubüberfälle auf.

    Es zeichnet sich ein Mammutprozess ab. Das Landgericht Augsburg setzt mehr als 49 Verhandlungstage an.

    21. Februar 2013: Der Mordprozess gegen die Brüder beginnt unter großen Sicherheitsvorkehrungen - und mit einem Eklat. Rudi R. beschimpft den Staatsanwalt als "Drecksack".

    August 2013: Das Gericht hat den Mordkomplex abgearbeitet und beginnt mit der Beweisaufnahme zu den Raubüberfällen. Viele Beobachter rechnen mit einem Mordurteil.

    September 2013: Ein Gutachter stellt fest, dass sich M.s Gesundheitszustand nach 15-monatiger Isolationshaft so verschlechtert hat, dass er verhandlungsunfähig ist.

    November 2013: Das Gericht setzt den Prozess gegen M. aus. Er bleibt vorerst in Haft. Gegen seinen Bruder Rudi R. wird normal weiterverhandelt.

    Februar 2014: Rudi R. wird zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht sieht bei ihm eine besondere Schwere der Schuld und ordnet die anschließende Sicherungsverwahrung an.

    September 2014: Der neue Prozess gegen Raimund M. beginnt.

    Februar 2015: Der Bundesgerichtshof bestätigt das Augsburger Urteil gegen Rudolf R.

    Die genauen Hintergründe des Verbrechens an dem Augsburger Polizisten sind allerdings noch völlig unklar. Spekuliert wurde, dass Vieth und seine Kollegin möglicherweise in ein Drogen- oder Waffengeschäft platzten. Denkbar sei auch, dass die Verdächtigen eine größere Straftat vorbereiteten, als sie von den Streifenbeamten gestört wurden. Die Augsburger Polizei will am Freitag weitere Details bekanntgeben.

    Die Belohnung für Hinweise zum Augsburger Polizistenmord war zuletzt auf 100.000 Euro erhöht worden.

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