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Augsburg: Augsburger Politiker will Sexkauf-Verbot: „Frauen müssen sich wie Ware anbieten“

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Augsburger Politiker will Sexkauf-Verbot: „Frauen müssen sich wie Ware anbieten“

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    Prostitution ist in Deutschland legal, in Augsburg ist nur der Straßenstrich verboten. Der Augsburger Volker Ullrich (CSU) gehört zu einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten, die Sexkauf verbieten wollen.
    Prostitution ist in Deutschland legal, in Augsburg ist nur der Straßenstrich verboten. Der Augsburger Volker Ullrich (CSU) gehört zu einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten, die Sexkauf verbieten wollen. Foto: Annette Zoepf (Archiv)

    Herr Ullrich, Sie haben einen Brief von Bundespolitikern mitunterzeichnet, in dem ein Verbot von Sexkauf – also de facto der Prostitution – gefordert wird. Warum?

    Volker Ullrich: Der Brief ist ein Weckruf, um auf das noch immer drängende Problem der Zwangsprostitution mitten in unserem Land hinzuweisen. In vielen Fällen findet hinter der Fassade vermeintlicher Befolgung rechtlicher Vorgaben Zwang und Ausbeutung von jungen Frauen, vornehmlich aus Osteuropa, statt. Das zeigen immer wieder größere Strafverfahren. Die Frage ist, ob wir als Gesellschaft diese Zustände der Ausbeutung so weiter hinnehmen wollen.

    Haben Sie keine Bedenken, dass bei einem Sexkauf-Verbot viele Frauen in die Illegalität abrutschen, wie es jetzt teils wegen der coronabedingten Schließungen passiert ist?

    Ullrich: Das ist ein hörbares Argument, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Diese Debatten gab es auch in Schweden, Frankreich oder Italien, bevor dort die Vorschriften verschärft wurden. Wir müssen einen Weg finden, das Abrutschen in die Illegalität zu verhindern und dennoch Zwangsprostitution effektiv zu unterbinden. Es gibt hier verschiedene Länder, die zeigen, wie es funktionieren könnte. Darüber sollten wir diskutieren.

    Sie befassen sich seit Jahren mit der Lage von Prostituierten. Welche Rolle spielt dabei ihre Zeit als Ordnungsreferent in Augsburg?

    Ullrich: Augsburg ist eine Stadt, die sich sehr intensiv mit der Lage der Prostituierten, insbesondere mit dem Phänomen der Zwangsprostitution, auseinandergesetzt, hat. Hier hat das Engagement vieler beigetragen. Ich darf da an die Arbeit der Kripo Augsburg mit Herrn Sporer, das Projekt X, die Hilfsorganisation Solwodi und viele andere erinnern. Und nicht zuletzt hat die Stadt Augsburg ihren Friedenspreis 2014 an Schwester Lea Ackermann verliehen, die sich seit Jahren gegen Zwangsprostitution einsetzt. Augsburg hat bei diesem sensiblen Thema bundesweit eine Vorreiterrolle.

    Der Augsburger Politiker Volker Ullrich.
    Der Augsburger Politiker Volker Ullrich. Foto: Ulrich Wagner

    Sie waren als Ordnungsreferent die treibende Kraft für das Verbot des Straßenstrichs in Augsburg. Warum?

    Ullrich: Weil die Zustände damals einfach unhaltbar und menschenunwürdig waren. Es muss uns doch beschämen, wenn Frauen sich unter dem Druck ihrer Zuhälter wie Ware anbieten müssen. Auch war die Häufung von Kriminalität im Umfeld des Straßenstrichs unzumutbar. Das Verbot hat sich bewährt und wird nach wie vor deutschlandweit beachtet.

    Gesetzesänderungen, die die Lage der Prostituierten verbessern sollten, gab es – aber nur mit mäßigem Erfolg in der Praxis. Warum tut sich die Große Koalition hier so schwer?

    Ullrich: Das Thema wird in den Bundestagsfraktionen noch unterschiedlich diskutiert. In der Fraktion vonCDU und CSU haben wir uns bereits in der letzten Wahlperiode bei der Überarbeitung des Prostitutionsgesetzes schärfere Vorschriften vorstellen können. Das Ergebnis war dann ein Kompromiss mit dem Koalitionspartner. Jetzt schauen wir nach vorne, weil es Handlungsbedarf gibt. Gerade bei der SPD und den Grünen wird das Thema noch kontrovers diskutiert, aber hier entsteht gerade ein Umdenken.

    Was sagen Sie zu Einwänden, dass ein Sexkauf-Verbot die freie Berufswahl einschränken würde?

    Ullrich: Wenn etwas aus Zwang geschieht und dadurch die Menschenwürde verletzt wird, ist die Berufung auf die Berufsfreiheit verfassungsrechtlich nicht überzeugend.

    Wie soll es denn jetzt weitergehen? Planen die Abgeordneten, die den Brief unterzeichnet haben, weitere gemeinsame Initiativen?

    Ullrich: Wir brauchen ein Umdenken. Das hat viel mit Menschenwürde zu tun. Am Ende muss es eine Initiative sein, die erfolgreich ist. Wenn nicht mehr in dieser Wahlperiode, dann im nächsten Deutschen Bundestag. Ich bleibe mit Nachdruck bei dem Thema dran.

    Volker Ullrich, 44, sitzt seit 2013 für die CSU im Bundestag. Er ist Jurist und war 2011 bis 2013 Ordnungsreferent der Stadt Augsburg.

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