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Augsburger Geschichte: Zehn Augsburger Stadttore verschwanden im 19. Jahrhundert

Augsburger Geschichte

Zehn Augsburger Stadttore verschwanden im 19. Jahrhundert

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    Das Frauentor wurde 1885 abgebrochen.
    Das Frauentor wurde 1885 abgebrochen. Foto: Sammlung Häußler

    Anno 1682 erschien ein Augsburger Bilder-Album. Es enthält 50 Kupferstiche. Sie zeigen die wichtigsten Gebäude der Reichsstadt. Dazu gehörten 14 Stadttore. Elf davon waren äußere Tore. Das heißt: Durch sie war der Befestigungsring um die Stadt passierbar. Drei weitere Tore waren schon damals nur mehr historische Relikte: das Frauentor, das Heilig Kreuzer Tor und das Barfüßertor. Sie wären schon 1682 entbehrlich gewesen. Die Augsburger hatten jedoch ein ausgeprägtes historisches Bewusstsein. Erst nachdem Augsburg 1806 keine freie Reichsstadt mehr war, sondern eine Provinzstadt im Königreich Bayern, wurden die drei Tortürme abgebrochen. 

    „Abgebrochen 1807“ ist diese Lithografie vom Heilig Kreuzer Tor beschriftet.
    „Abgebrochen 1807“ ist diese Lithografie vom Heilig Kreuzer Tor beschriftet. Foto: Sammlung Häußler

    Vier historische Stadttore sind erhalten: das Rote Tor, das Vogeltor, das Jakobertor und das Wertachbrucker Tor. Das Fischertor ist kein historischer Bau: Die Durchfahrt wurde erst 1926 erbaut. Zehn der alten Stadttore wurden im 19. Jahrhundert dem Straßenverkehr und der Stadterweiterung geopfert. „Für die Erstellung eines zweiten Rothenburg hätten Augsburgs abgebrochene Türme, Tore und Mauern spielend ausgereicht“, trauerte ein Kunsthistoriker den Verlusten nach. 

    Götz von Berlichingen war im Heilig Kreuzer Tor inhaftiert

    Die Abbrüche begannen 1807 mit dem Heilig Kreuzer Tor. Es behinderte das Militär. Das angrenzende Chorherrenstift von Heilig Kreuz war seit 1806 zur Kaserne umfunktioniert. Gedenktafeln erinnern an den Torturm, der als Gefängnis gedient hatte. Der berühmteste Häftling war von November 1528 bis März 1530 Götz von Berlichingen, der berühmte Ritter mit der eisernen Faust. 

    Das Barfüßertor anno 1819, sieben Jahre vor dem Abbruch.
    Das Barfüßertor anno 1819, sieben Jahre vor dem Abbruch. Foto: Sammlung Häußler

    Auch an das Barfüßertor erinnerte mal eine Steintafel mit der Inschrift „Hier stand der Barfüßer-Thorthurm, früher Stravanin- und Sträffinger-Thor genannt, erbaut im 12. Jahrhundert, abgebrochen im Jahre 1826.“ Vom dekorativen, bemalten Torturm blieben nur mehr Bilder. Die Tordurchfahrt behinderte den Fuhrwerksverkehr zwischen der Innenstadt und der Jakobervorstadt.

    Vom Frauentor gibt es mehrere Fotografien.
    Vom Frauentor gibt es mehrere Fotografien. Foto: Sammlung Häußler

    Das Heilig Kreuzer Tor und das Barfüßertor waren bei ihrem Abbruch unnütz gewordene historische Überbleibsel von Befestigungen aus Zeiten, als das befestigte Augsburg noch kleiner war. Die Außentore waren ab 1806 militärische Objekte der Festung Augsburg. Bayern-König Max I. Joseph und seine Militärs hatten Augsburg nach der Einverleibung ins Königreich als Festung eingestuft. Dazu hatte die vollkommen erhaltene, aus dem Mittelalter stammende Befestigung um die Stadt geführt. Darüber hatte ab 1806 ausschließlich das Militär das Sagen. 

    König Max II. erlaubte Abbrüche beim Gögginger Tor

    In einer Festung zu leben, das behagte den Augsburgern überhaupt nicht. Der Magistrat ersuchte den König um Aufhebung der Festungseigenschaft und die Genehmigung zum Beseitigen von Mauern, Gräben, Toren und Bastionen. Im März 1860 erlaubte König Max II. die ersten Abbrüche beim Gögginger Tor. Im Januar 1866 hob sein Nachfolger König Ludwig II. die Festungseigenschaft völlig auf. Ab Juni 1867 durfte abgebrochen werden, was das Militär als entbehrlich ansah.

    Der verfüllte Stadtgraben beim Roten Tor wurde zur Eserwallstraße.
    Der verfüllte Stadtgraben beim Roten Tor wurde zur Eserwallstraße. Foto: Sammlung Häußler

    Die Augsburger waren zurückhaltend: Sie beseitigten nur, was den Straßenbau und die Stadterweiterung behinderte. Auch die Gesundheit der Bewohner eng bebauter Altstadtviertel lag den Verantwortlichen am Herzen. Deshalb fielen Stadtmauern, die dem Luftaustausch im Wege standen. Unangetastet blieben der Rote-Tor-Wall, der Jakoberwall, der Oblatterwall und die Lueginsland-Bastion. Sie stellten keine Hindernisse dar. Das galt auch für das Vogeltor und den Fünffingerturm. 

    Das Schwibbogentor zählte nicht zu den schützenswerten Objekten. Es war ebenso ein Verkehrshindernis wie das kleine Oblattertor. Beide verschwanden 1867. 1868 wurde das längst außer Dienst gestellte einstige Nachttor Alter Einlass abgetragen. Das Jakobertor wurde vom Militär als Gefängnis genutzt und erst 1876 zum Abbruch freigegeben. Der Abbruch war beschlossen, doch eine Bürgeraktion stellte sich dagegen. Die Bauverwaltung der Stadt stand aufseiten der Bürger und legte eine zweite Fahrspur daneben an. Das war auch am Wertachbrucker Tor möglich. Dem Roten Tor nahm man die Verkehrsbedeutung mit einer weiten Umfahrung der Bastion. So blieb das gesamte Befestigungs-Ensemble erhalten.

    Die Pferdetrambahn bekam 1881 am Wertachbrucker Tor eine Umgehung.
    Die Pferdetrambahn bekam 1881 am Wertachbrucker Tor eine Umgehung. Foto: Sammlung Häußler

    Das Steffingertor hatte keinerlei Verkehrsbedeutung und wurde beseitigt. Das Klinkertor fiel 1874 als letztes Außentor. Um diese Zeit war man sich der Verluste durch die Abbruchaktionen bewusst. Das historische Bewusstsein der Bevölkerung hatte sich gewandelt. Die Folge: Als um 1880 die Diskussion um die Abtragung des Frauentors einsetzte, gab es heftige Widerstände. Doch der Torbogen bildete eine Engstelle für die 1881 eingeführte Pferdetrambahn und den Straßenverkehr. Diese Verkehrsproblematik führte zum Abbruch des Torturms im Frühjahr 1885. 

    In Augsburg gibt es noch vier Stadttore

    Zehn Stadttore waren zwischen 1807 und 1885 verschwunden. Doch die einstige Reichs- und Weltstadt Augsburg ist noch durch die vier erhaltenen Stadttore, durch lange Stadtmauer-Abschnitte, Bastionen und Stadtgräben in ihren historischen Ausmaßen erkennbar. 

    Weitere stadthistorische Exkursionen von Franz Häußler finden Sie hier

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