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Augsburger Geschichte: Vor 50 Jahren hieß es „Rettet das Zeughaus“

Augsburger Geschichte

Vor 50 Jahren hieß es „Rettet das Zeughaus“

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    Die Toskanische Säulenhalle des Zeughauses diente von 1899 bis 1975 als Garage für die Fahrzeuge der Feuerwehr.
    Die Toskanische Säulenhalle des Zeughauses diente von 1899 bis 1975 als Garage für die Fahrzeuge der Feuerwehr. Foto: Sammlung Häußler

    1607 vollendete Elias Holl das reichsstädtische Zeughaus bei der St.-Moritz-Kirche. Der größte Raum, die Toskanische Säulenhalle, dient derzeit als „Römerlager“, als Ausweichquartier des Römischen Museums. Von 1899 bis zum Bezug einer neuen Feuerwache an der Berliner Allee im Jahre 1975 standen darin die Löschfahrzeuge der Feuerwehr. 76 Jahre lang war das ehemalige

    Dieser jüngste Abschnitt der Zeughaus-Geschichte scheint schlüssig und lückenlos – doch er ist es keineswegs. In der Hauschronik fehlt meist das Jahrzehnt von 1965 bis 1975. Das städtische Gebäude sollte nämlich in den Komplex des benachbarten Kaufhauses Merkur (heute: Wöhrl) einbezogen werden. Der Horten-Konzern wollte das Zeughausareal Merkur angliedern. Er bekam dafür nach einem Stadtratsbeschluss vom 28. April 1965 ein Erbbaurecht eingeräumt. Horten hätte einseitig auf insgesamt 88 Jahre Laufzeit verlängern können. Der Vertrag wurde am 13. Oktober 1965 unterzeichnet.

    Ausstieg aus dem Vertrag 

    Zunächst verweigerte die Regierung von Schwaben die Zustimmung zum Vertrag. Die Angelegenheit kam vor das Augsburger Verwaltungsgericht. 1968 wurden neue Formulierungen aufgenommen. Nun landete die Streitsache beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und 1970 beim Bundesverwaltungsgericht. Diese höchste Instanz machte neue Beschlüsse zur Auflage. Diese ermöglichten der Stadt Augsburg den Ausstieg aus dem Vertrag.

    Dass aus dem Zeughaus kein Kaufhaus-Ableger, sondern ein Bürgerzentrum wurde, ist einer Protestbewegung zu verdanken. Federführend war die Initiative „Augsburger Aktion“, ein Zusammenschluss von 1965 Architekten, renommierten Kunsthistorikern und Professoren sowie Augsburger Bürgern. Die „Augsburger Aktion“ kämpfte vehement gegen das „Verscherbeln“ des Zeughauses, wie sie es nannte. Die Proteste schienen anfangs aussichtslos: Der Horten-Konzern war nicht bereit, vom Vertrag zurückzutreten, und die Stadtregierung unter Oberbürgermeister Wolfgang Pepper warb um Verständnis für ihre bei der Bevölkerung unpopulären Beschlüsse.

    Horrende Schadenersatzforderungen

    Die Stadt sollte einmalig 1,6 Millionen D-Mark und einen jährlichen Erbpachtzins von 200000 D-Mark erhalten. Das wäre eine finanzielle Entlastung beim Bau einer neuen Feuerwache, argumentierte Oberbürgermeister Wolfgang Pepper. Er verwies zudem bei einem Vertragsrücktritt auf zu erwartende horrende Schadenersatzforderungen des Kaufhauskonzerns.

    Die deutsche Presse wurde mobilisiert und berichtete ausführlich über das Augsburger Zeughaus. „So etwas tut eine Kulturstadt nicht!“ lautete eine Überschrift, eine andere: „Die Stadt würde ihr Symbol preisgeben“. Von „Kulturbarbarei“ war zu lesen. Als sich im Herbst 1967 bei der Stadt noch keine Tendenz zur Aufhebung des Vertrages abzeichnete, startete die „Augsburger Aktion“ eine Kampagne: Sie ließ einen 162-seitigen „Notruf“ als Aufruf zum allgemeinen Protest drucken. Die bebilderte Dokumentation enthält die Geschichte des Zeughauses, Pläne und eine Beschreibung des baulichen Zustands, den Erbbauvertrag im vollen Wortlaut, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte. Mit diesem „Notruf“ sei der „mündige Bürger“ aufgerufen, sich ein Urteil über das Vorhaben der Stadt zu bilden, das Zeughaus „aus der Hand der Allgemeinheit in Eigentum und Verfügbarkeit eines Warenhauskonzerns“ zu geben. Zugrunde lägen „ausschließlich finanzielle Erwägungen.“ Dies müsse „im Hinblick auf die kulturelle Bedeutung des Objekts zu Scham und Empörung führen.“ So formulierte die „Augsburger Aktion“.

    Der Stadtrat stand rasch als verantwortliches politisches Gremium sehr negativ im Blickfeld der Augsburger. Sie setzten ihre Stadtpolitiker unter Druck. Das brachte bei diesen ein Umdenken in Gang. Die „Rückabwicklung“ des Vertrags begann 1971. Da lagen bereits Alternativen für eine adäquate Verwendung des Zeughauses, wie der Umbau zum Bildungs- und Begegnungszentrum, vor. Im April 1975 fasste der Stadtrat den Beschluss.

    Eröffnung war 1980

    17 Millionen D-Mark waren investiert – davon über acht Millionen D-Mark Zuschüsse –, als im Dezember 1980 die Eröffnung stattfand. In der Einweihungsschrift sind die „kritischen“ Jahre von 1965 bis zum Umbaubeschluss 1975 so gut wie ausgeblendet. Nur ein Satz erwähnt den Erbbauvertrag von 1965. Über seine Folgen heißt es lediglich: „Ein Rechtsstreit entsteht.“ Mit dem Grußwort von Oberbürgermeister Hans Breuer zur Eröffnung war die Welt auch für die Augsburger wieder in Ordnung: „Unser Zeughaus gehört zu jenen steingewordenen Dokumenten reichsstädtischen Bürgerstolzes, dessen architektonische und künstlerische Bedeutung weit über die Grenzen unserer Stadt hinausreicht.“ Das hatten die Protestler bereits 1967 klarzumachen versucht.

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